Motörhead ist zuverlässiger als die Jahreszeiten. Denn Motörhead kommt garantiert jedes Jahr, überschüttet uns mit Rock'n'Roll und ist mittlerweile ein fester Bestandteil in meinem Musikjahr. Bei den Jahreszeiten Winter und Sommer bin ich mir mittlerweile nicht ganz so sicher, wann sie kommen, und ob sie kommen.
Seit dem 27.06.1989 ist mein musikalisches Leben eng mit dieser Band verbunden. Damals sah ich sie noch in der Garage in Raststatt. Heute, am 27.11.2011, ging es zu fünft mit dem Heavy Metal-Funmobil nach Stuttgart in die Schleyerhalle. By the way, der Fahrer des Metal-Taxis war auch damals mit mir in der Garage. Faszinierend...
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Vor lauter Spaß im Fun-Taxi haben wir dann von der ersten Vorgruppe ( Graveyard aus Schweden) absolut gar nichts mitbekommen. Daher auch kein Kommentar von meiner Seite. Von der zweiten Vorgruppe ( Duff McKagans Loaded), der Band des ehemaligen Guns N' Roses-Bassisten, haben wir nur das letzte Lied "It's So Easy" ( Guns N' Roses-Cover) mitbekommen. Und von dem auch nur die letzten zwei Minuten. Einen Konzertbericht, basierend auf zwei Minuten gibt es daher auch nicht.
Beginnen wir also gleich mit Motörhead. Die letzten Jahre begann das Trio um Ian 'Lemmy' Kilmister, Phil Campbell und Mikkey Dee oft mit "Iron Fist". Dieses Mal wurde mit "Bomber" begonnen, das eigentlich meistens zum Ende des Sets gespielt wird. Schon beim Intro, als das Publikum die Sirenen hörte und das nun folgende Lied erkannte, ging es in der Schleyerhalle rund. "Bomber" als Opener zu spielen, ist schon obercool!!! Was mich aber total abnervte, waren die vielen Becher (voll und / oder leer), die von hinten nach vorne und auch auf die Bühne geworfen wurden. Lemmys Roadie, Tim Butcher, musste mehrmals im Sprint über die Bühne flitzen und 'Wurfgeschosse' entfernen. Das muss echt nicht sein!
Aber OK. Ein Profi läßt sich nicht abschrecken und rockt los. Das legendäre »Guten Abend, we are Motörhead and we play Rock'n'Roll« hat Lemmy anscheinend vergessen.
Egal. Nach "Bomber" ging es weiter mit "Damage Case" und "I Know How To Die". Danach kamen die Ultra-Klassiker "Stay Clean" und "Metropolis". Im hinteren Bereich der sehr gut gefüllten Halle war der Sound astrein. Die Ohrenstopper waren in der Hosentasche und die Lautstärke war bisher OK. Vor "Metropolis" kam die obligatorische Frage, ob es zu leise sei. Ohne die Antwort abzuwarten, wusste ich, was jetzt kam. Das Vorglühen war beendet und der für die Ohren schmerzhafte Teil begann. Die Regler wurden nach oben geschoben und die Ohrenstopper vibrierten im Gehörgang. Das ist Motörhead. War es in den letzten Jahren von der Lautstärke her sehr laut, dann muss ich sagen, dass es für mich nun erträglicher war. Vielleicht lag es daran, dass wir weiter hinten standen oder mein Gehör schon nicht mehr so gut funktioniert. Aber wer zu Motörhead geht, weiß, was ihn an Lautstärke erwartet.
Ohne große Ansagen ging es weiter mit "One Night Stand" und ab ins Solo von Phil Campbell. Phil ist in meinen Augen einer der unterbewertetsten Gitarristen der Welt. Seit 1984 ist er nun in der Band und prägt mit seinem Gitarrenspiel den Sound von Motörhead. Alle Augen richten sich auf Lemmy. Doch dass da auf der Bühne ein hervorragender Gitarrist steht, geht oft unter. Das ist schade und das hat er nicht verdient.
Es folgten "The Chase Is Better Than The Catch", "Get Back In Line" von der letzten Platte und "I'll Be Your Sister" vom "Overkill"-Album. Überhaupt war das "Overkill"-Album sehr stark verteten. Mit den genannten "I'll Be Your Sister", "Stay Clean" ,"Damage Case" und "Metropolis" waren es jetzt schon vier Songs. Dass "Overkill" als Zugabe gespielt wurde, war ja klar. Also fünf Lieder von dieser Scheibe.
Der Sound in der Schleyerhalle war super und jedes Instrument klar und deutlich zu hören. Bei Motörhead stehen die Tracks im Vordergrund und weniger die Show. Rock'n'Roll, untermalt von einer schönen Lichtshow, mehr nicht. Und das reicht auch. Obwohl: Den Bomber hätte ich schon gerne gesehen. Etwas ruhiger wurde es mit "The One To Sing The Blues" vom genialen "1916"-Album, das in einem typischen Mikkey Dee-Schlagzeugsolo endete. Wie Phil Campbell, ist auch der 'alte Schwede' Mikkey Dee ein unverzichtbarer Bestandteil der Band. Kein Schlagzeuger schiebt und drückt so nach vorne. Seit Mikkey an Motörheads Schießbude sitzt, wurde der Sound noch druckvoller. Ich liebe seinen Stil und wenn die blonde Mähne weht, geht es richtig ab. Er ist ein wahres 'Drum Animal'.
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Licht aus, grüne Strahler an und eine Stimme aus der Totengruft. "Orgasmatron" kroch durch die Halle. Ein Hammersound und eines meiner Highlights an diesem Abend. Es folgte eines meiner Lieblingslieder überhaupt: "Going To Brazil". Was soll man zu diesem Lied noch sagen. Lautstärke aufdrehen und einfach von der positiven Energie tragen lassen. Jung und Alt stehen nebeneinander und bangen, was das Zeug hält. Schön zu sehen, dass hier mittlerweile mehrere Generationen zusammen feiern. Vater und Sohn zusammen auf einem Motörhead-Konzert. Vielleicht war sogar mancher Großvater dabei. Hier wird gemeinsam und friedlich beim Familienausflug und mit literweise Bier gefeiert.
Danach wurde als 'Special Guest' Duff McKagan auf die Bühne geholt und es folgte der Klassiker "Killed By Death". Anhand der Setlist merkt der Leser, dass wir hier schon auf der Zielgeraden sind. Doch immer wieder schütteln Motörhead einen Klassiker nach dem anderen aus dem Ärmel. Der obligatorische Satz »We are Motörhead and we play Rock'n'Roll"« kam dann doch noch irgendwann. Ich weiß nur nicht mehr wann, da ich mittlerweile in Trance gefallen war. Mit "Iron Fist" wurde das reguläre Set beendet.
Doch schon beim Umbau wusste man, was jetzt kam. Eine kleine Bassdrum und Barhocker auf der Bühne. Der mittlerweile klassische Zugabeneinstieg wurde zum Besten gegeben. Lemmy ohne Bass, aber mit Mundharmonika, Mikkey Dee mit Akustikklampfe und Bassdrum und natürlich Phil Campbell ebenfalls mit einer Akustischen, ganz in rotes Licht eingebettet, bitten zum "Whorehouse Blues". Yes!
Die Motörhead-Fans wissen, was dann kommt. Die All-Time-Klassiker "Ace Of Spades" sowie "Overkill", das wie immer unter Dauerstroboskoplicht gepielt wurde. Nach fast genau 90 Minuten und 18 Nummern war das Motörhead-Gewitter vorbei. Und mit dem letzten Ton ist bei mir die Entscheidung gefallen, auch nächstes Jahr auf ein Motörhead-Konzert zu gehen. Und übernächstes Jahr, und über-übernächstes Jahr ... denn Motörhead ist unsterblich.
Vielen Dank für den genialen Abend an Motörhead und die Crew vom Heavy Metal-Fun-Taxi!
Setlist:
Bomber
Damage Case
I Know How To Die
Stay Clean
Metropolis
Over The Top
One Night Stand
Guitar Solo (Phil Campbell)
The Chase Is Better Than The Catch
Get Back In Line
I'll Be Your Sister
The One To Sing The Blues
Drum Solo (Mikkey Dee)
Orgasmatron
Going To Brazil
Killed By Death (Guest: Duff McKagan, guitar)
Iron Fist
Whorehouse Blues
Ace Of Spades
Overkill
Line-up:
Lemmy Kilmister (bass, vocals)
Phil Campbell (guitar)
Mikkey Dee (drums)
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