Bei meinen Recherchen zu der Debüt-CD von M's Grace, Refurnish My Heart, entdeckte ich die Ankündigung eines für die Adventszeit geplanten Auftritts bei der Konzertreihe "Rock am Dom" im zum Kölner Dom gehörenden Dom-Forum. Das passt, dachte ich sofort im Hinblick auf die theologische Vergangenheit von Martina Althuber und plante den Besuch dieser Veranstaltung für mich ein. Noch besser passte mir allerdings ein weiterer Termin, der mir kurz vor dieser Veranstaltung bekannt wurde: Eine Matinee-Veranstaltung am späten Vormittag des 3. Advents im Mode-Kunst-Cafe Frau Holle in Bonn.
Unter dem Motto »M's Grace goes Rheinland « waren kurzfristig noch zwei weitere Auftritte an die Kölner Veranstaltung drangehängt worden: am 9. Dezember im Düsseldorfer Kulturverein Damen und Herren Düsseldorf sowie bereits benannter Auftritt in Bonn. Frau Holle ist nach eigenen Angaben »Mehr als nur ein Modeladen, mehr als ein Schmuckgeschäft, mehr als ein typisches Café, eine medizinische Praxis, ein Hort der Künste und Ort der Begegnung«. An zentraler Adresse in der Bonner Altstadt (nicht Innenstadt im eigentlichen Sinne) gelegen, gelangt man durch den Eingang zunächst in das Café, das nahtlos in den Mode- und Schmuckladen übergeht. Doch das eigentliche Schmuckstück des »Hortes der Künste « ist das (selbst so betitelte) Wohnzimmer des Komplexes: Über einen romantischen Innenhof, in dem im Sommer bisweilen kleinere Open-Air-Veranstaltungen stattfinden können, gelangt man in einen durchaus wohnzimmerartig eingerichteten Raum (angabegemäß für bis zu 80 Personen geeignet, dann wird es aber arg eng!), der für besinnliche Musikveranstaltungen geradezu prädestiniert erscheint.
Als ich an besagtem 3. Advent Frau Holle betrete, sind Café und Geschäft (in Bonn war an diesem Tag 'Verkaufsoffener Sonntag'!) gut gefüllt. Man spürt die geradezu familiäre Atmosphäre im »Ort der Begegnung.« Dies setzt sich auch bei dem Konzert von M's Grace fort, bei dem auch zahlreiche kleinere Kinder anwesend waren, die allerdings - im Unterschied zu manch einem Kindergottesdienst in der Weihnachtszeit - sehr diszipliniert und gespannt der Musik lauschten. Der Raum war mit etwa fünfzig Personen gut besetzt, und die (trotz harten Klappstühlen) gemütliche Wohnzimmeratmosphäre passte sowohl zur Musik als solcher als auch zu dem Konzept einer Advents-Matinee.
Bevor ich mich endlich dem Konzert selbst widmen will, noch zwei Vorbemerkungen: Mein CD-Review hatte ich auf der Basis der seinerzeit verfügbaren Informationen sehr auf die Lead-Gitarristin und -Sängerin Martina Althuber ausgerichtet, die ja auch einzig auf dem Cover der CD abgebildet ist. Aus dem mit ihr geführten Gespräch ergibt sich allerdings, dass sie sich mit ihren musikalischen Begleitern gemeinsam als Band versteht, die gleichberechtigt musiziert (Dass dennoch vielfach nur die Lead-Gitarristin bzw. -Sängerin im Vordergrund der Berichterstattung steht, ist ja nichts Neues - selbst bei den Rolling Stones geschieht dies so seit fünfzig Jahren!). Mit der Co-Sängerin und Percussionistin Christine Polacek musiziert Martina Althuber bereits seit gemeinsamen Schultagen (Nett, die während des Konzerts gebrachte Anekdote über die ersten gemeinsamen Auftritte in dortigen 'Örtlichkeiten'!).
Den Bandnamen M's Grace hat Martina Althuber übrigens spontan 'erfunden', als sie überraschend einem Produzenten vorgestellt wurde, und zwar weniger im Hinblick auf die Bedeutung des Wortes 'Grace' als vielmehr als Reminiszenz an eines ihrer musikalischen Vorbilder, den amerikanischen Singer/Songwriter Jeff Buckley und dessen einziges zu Lebzeiten erschienenes Album Grace. Bezogen auf die eigene Musik, will die Band den Begriff mit 'Geschenk' oder 'Anmut' übersetzt wissen.
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Angesichts entsprechender Vorankündigungen war nicht ganz überraschend, dass M's Grace nicht in voller Besetzung antreten würde, sondern lediglich als Trio. Neben den beiden Sängerinnen war noch der neue E-Gitarrist Alejandro Diaz Bandres mit dabei. Gespannt konnte man daher sein, wie die Band die auf der CD durch zusätzliche Instrumente (Bass, Keyboard, Schlagwerk) so vielfältig produzierte Musik in dieser kleinen Besetzung würde rüberbringen können.
Um dies vorweg zu nehmen: Es gelang ihr auf's Vortrefflichste! In dem intimen Rahmen bei Frau Holle kam die musikalische Intensität der einzelnen Songs durch die äußerst knappe Instrumentierung ganz besonders gut zur Geltung (ohne damit die größere Besetzung als übertrieben kritisieren zu wollen - beides hat seinen eigenen Reiz).
Nach kurzer Ankündigung durch die Veranstalterin betrat die Band etwas schüchtern die (baulich nicht vorhandene) Bühne. Genauso schüchtern folgte die erste Ansage bzw. Danksagung an die Gastgeberin und Vorstellung der Band. Danach begann sogleich das Programm - wie die CD - mit "As It Is". Bereits mit dem Opener wurde deutlich, dass der Auftritt musikalisch nicht hinter der großen Besetzung zurückbleiben würde. Dominiert von der hervorragend gespielten Parkwood-Akustik-Gitarre mit glasklarem Klang, erzeugten diverse kleinere Percussions-Instrumente sowie die zurückhaltend gespielte E-Gitarre ein insgesamt stets harmonisches Klangbild.
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Mit diesem knappen musikalischen Rückgrat stehen zwangsläufig die Sängerinnen im Vordergrund. Die etwas dunklere Stimme von Martina Althuber sowie die glockenhelle zweite Stimme von Christine Polacek ergänzen sich prima und harmonieren sehr gut miteinander. Dabei macht es Spaß zu beobachten, wie beide Sängerinnen durchaus unterschiedlich in Gestik und Mimik die Songs 'mitleben'. Demgegenüber blieb der E-Gitarrist relativ ruhig, um nicht zu sagen: stoisch.
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Bis zur Pause, die ich für lockere Gespräche mit den drei Protagonisten nutzen konnte, wurde ausschließlich Material der ersten CD - wenn auch in bunt gemischter Reihenfolge - dargeboten. Zu den einzelnen Songs muss ich daher vorliegend nichts mehr ausführen, sondern verweise insofern auf das eingangs erwähnte Review. Mit dem Opener des zweiten Sets "Fragile" erweiterte sich das Repertoire. M's Grace nutzten das - angabegemäß auf der ersten Österreich-Tournee entstandene - Stück für spontane Interaktion mit dem Publikum, indem dieses aufgefordert wurde, mitzusingen (auch wenn sich dies nur auf ein mehrfach wiederholtes »Aaahaahaa» beschränkte - dennoch eine nette und erfolgreiche Idee der Band). Dieser Song fügt sich wie auch die weiteren neuen Kompositionen nahtlos in das Band-Repertoire ein. Vereinzelt wurden auch Fremdkompositionen dargeboten.
"Thin Line" widmeten M's Grace den amerikanischen Singer/Songwriterinnen (so wörtlich gesagt; zwar ist das mal wieder so ein fürchterlicher Denglisch-Begriff, aber besser kann ich es auch nicht 'auf den Punkt' bringen). Mit ihrer Interpretation begeisterten die beiden Sängerinnen nicht nur das Publikum, sondern offenbar auch ihren neuen Gitarristen, der selbst in den Schluss-Applaus des Publikums mit einfiel! Als letzten Titel kündigte
Christine Polacek einen »Dirndl-Song» an. Bevor man sich noch fragen konnte, was darunter zu verstehen sei, wurde allerdings der richtige Titel "Song About A Girl" nachgeschoben. Dieser Titel war im Vergleich zu den übrigen Liedern relativ rockig, insbesondere durch den verstärkten Einsatz der E-Gitarre, und selbst das Wah Wah-Pedal kam hier zum Einsatz, so dass sich auch Alejandro Diaz Bandres mal ein wenig in den Vordergrund spielen konnte.
Lang anhaltender Schluss-Applaus des Publikums zeigte nicht nur, dass dieses äußerst fachkundig und aufgeschlossen auch weniger bekannten Künstlern gegenüber war, sondern forderte schließlich durch laute Beifallsbekundungen Zugaben.
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Die erste Zugabe war allerdings keine musikalische: Denn die Band wartete zunächst mit einer Überraschung auf. Als Dankeschön, dass sie relativ kurzfristig bei Frau Holle auftreten durften, hatten M's Grace im Handgepäck eine 'Original Sacher-Torte' - gebacken von Martinas Mutter und nett dekoriert - eingeflogen und verteilten sie - allerdings erst nach Konzertende - an das Publikum. Das passte ebenfalls vortrefflich in die vorweihnachtliche Stimmung!
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Und um das Österreich-Klischee weiter zu festigen, trugen die beiden Sängerinnen anschließend A capella im Duett einen "Jodler" vor - das durfte zu diesem Zeitpunkt und in diesem Umfang gerne sein. Doch den wirklichen Schluss-Gong setzte die Band mit einem nochmals typischen M's Grace-Stück, das wie kaum ein anderers den Unterschied zwischen 'großer' und 'kleiner' Besetzung verdeutlicht: Auf der CD ist "Settle Me" durch den kräftigen, rhythmischen Einsatz des Schlagwerks geprägt, zudem mit starkem Keyboard-Einsatz untermalt; beides ja hier nicht anwesend. Und dennoch gefällt auch die 'schlanke' Version, und spätestens bei den letzten Akkorden und dem abschließenden Flageolettton sind beide Varianten wieder vereint. Danach - nach knapp zwei kurzweiligen Stunden - war leider endgültig Schluss!
M's Grace haben mich mit ihrem Auftritt in Bonn überzeugt! Insbesondere der eindrucksvolle, mehrstimmige Gesang der beiden Sängerinnen schafft eine harmonische Atmosphäre. Die launigen Einführungen zu den einzelnen Liedern wecken stets die Neugier, sich mit den Songs auseinanderzusetzen. Die zahlreich dargebotenen Anekdoten, die oftmals auf die österreichische Herkunft der Band anspielen, erzeugten eine vertrauensvolle bzw. vertraute Atmosphäre. Schade, dass Künstler wie M's Grace jedenfalls hierzulande bislang keinem größeren Publikum bekannt sind, so dass für weitere Auftritte in naher Zukunft jenseits der österreichischen Heimat der Künstler kaum Nachfrage besteht. Wer sich daher für die besinnliche Zeit vor Weihnachten oder auch danach entspannte und entspannende, zugleich aber auch ansprechende und anspruchsvolle Musik zu Gemüte führen möchte, muss sich ersatzweise auf die bereits mehrfach angesprochene CD beschränken, liegt damit aber richtig.
Line-up:
Martina Althuber (vocals, acoustic guitar)
Christine Polacek (vocals, percussion)
Alejandro Diaz Bandres (electric guitar)
Setlist:
01:As It Is
02:Paint
03:Love Visit
04:Mmh Mmh
05:Yap Tap
06:Until
07:Refurnish My Heart
08:Fragile
09:Beppo
10:Even
11:Move On
12:Thin Line
13:Song About A Girl
14:Jodler
15:Settle Me
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