My Sleeping Karma / Same
My Sleeping Karma Spielzeit: 44:16
Medium: CD
Label: Elektrohasch Records, 2006
Stil: Organic Psychedelic

Review vom 15.02.2007


Ulli Heiser
Selten beginne ich eine Rezension mit einem Grinsen im Gesicht. Sicher, manchmal sind die Augen geweitet und die Mundwinkel nach hinten gezogen, was dann als Kombination nichts anderes als Vorfreude auf die kommende Musik bedeutet. My Sleeping Karma sagte mir musikalisch erst mal nichts und was den Begriff Karma angeht, musste ich gleich meine bisherige Definition (Schicksal) über Bord werfen. Wen interessiert, was Karma bedeutet, kann hier schon mal mit dem Einlesen beginnen. Dazu die Musik, der übrigens deutschen Band, hören und der Spirit wird euch beflügeln.
Spirit: Gutes Stichwort, um zum eingangs erwähnten Grinsen zurückzukommen. Das nämlich stellte sich ein, als ich den 'Über uns'-Menüpunkt auf der Elektrohasch-Seite (Link siehe unten im Linkblock) angesteuert habe.
Na dann, lasst uns die (musikalische) Reise beginnen.
Wie es sich für diese Art von Musik gehört (Der Waschzettel schreibt »Retro, psychedelic, groovy, organic.«), gibt es keinen Gesang, damit man sich voll auf die »mixed emotions« konzentrieren kann. Das Instrumentarium ist als rock-klassisch zu bezeichnen, wobei zu erwähnen ist, dass My Sleeping Karma das Keyboard 'Soundboard' nennen. Das gefällt mir. Und nochwas gefällt mir (bevor es endlich an die Musik geht): Andere Bands hätten geschrieben, dass sie aus The Great Escape hervorgegangen sind. Nicht so My Sleeping Karma. Sie sagen (und ihr versteht das, wenn ihr dem obigen Karma-Link schon nachgegangen seid):
»Rising from the ashes of Germany's The Great Escape.«.
Gleich zu Begin von "Intention" nimmt uns der Bass auf seine tieffrequenten Schwingen und los geht das Schweben über eine öde, endlose Weite, begleitet von anfangs monoton wirkenden Soundkollagen. Nach einigen Meilen Flug und dem vollen Hingeben in die Flugkünste der Vier kann man damit beginnen, die Feinheiten der Arrangements zu entdecken: Das forcierte 'Soundboard'-Spiel, die dezente aber doch irgendwie immer präsente Gitarre und das Brabbeln des Basses.
Wenn die Gitarre aufhört dezent zu agieren und sich in den Vordergund 'drängt', dann 'rollen' Bass und Drums daneben her, als ob sie zur Eile gemahnen, um die unwirkliche Szenerie 'da unten' zu verlassen. An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass wir uns schon eine Weile in "23 Enigma" befinden und die Landschaft, die gerade überflogen wird, strotzt vor Leben und Aktivität, was sich musikalisch als Bündelung der Kräfte von Gitarre, Bass, Drums und Tasten ausdrückt. Auch Menschen ohne große Fantasie dürften dank diesem Album in der Lage sein, das so oft zitierte Kopfkino anzuwerfen. Düsenjetgleich rasen wir durch "Hymn". Alles treibt nach vorne und ein süßes, wabberndes Keyboard ist das Einzige, was uns auf dem 'Fluggerät' hält, welches sich momentan scheinbar in einer imaginären Luftschlacht mit fremden Wesen befindet.
Das übliche Strickmuster von Strophen und Refrains ist ein Fremdwort in den Kompositionen dieser Band. Und trotzdem herrscht kein Chaos, auch nicht in "Glow", was mich sehr stark an die Siebziger erinnert... Als Experimente in der Musik Tagesgeschäft waren und es weniger Berechnung als heute gab. Beim Hören von "Glow" darf die Seele baumeln, wenn sie den nicht endenwollenden Gitarrenspuren folgen will und sich an den verführerischen Keyboardklängen, oder aber an dem hart zur Sache gehenden, forciertem Bass/Drums-Gespann erfreut.
»...voiceless but with lots of messages«, heißt es und das ist zu unterstreichen. Die Musik ist die Message und was wollte man einer Nummer, die "drannel Xu IIop" heißt, auch an Text mitgeben? Spacig, aber auch hart verzerrt, führt die Gitarre und lässt die nicht minder agressiv wirkenden anderen drei Intrumente nicht zu nahe kommen. Man kann (und will?) seine Stoner-Vergangenheit nicht leugnen. Der Schwerpunkt liegt, nach meinem Dafürhalten, aber eindeutig in einem minimalistischen, spacigen Psychorock (Organic) und "Eightfold Path" würzt das Ganze noch mit einer gehörigen Prise Düsterness, ja es doomt gar. Visuell umgesetzt in unsere Fantasielandschaft, ist das das interessanteste und bizzarste Gelände auf unserer Kopfkino-Leinwand.
Ob dieses Debütalbum von My Sleeping Karma das Ende von The Great Escape bedeutet, weiß momentan kein Nicht-Eingeweihter zu sagen. Ich denke aber, ja!
Zum einen ist das dieses eingangs erwähnte Zitat »...from the ashes...« und dann auch ein Statement auf der The Great Escape-Website, welches sich dort in den News findet (vom 9. September 2006). Das alles klingt nicht soo positiv, aber in diesem Fall würde ich mich sehr gerne irren. Bis wir es genauer wissen, gibt es ja den Backkatalog von TGE und das Debüt von MSK.
Also:

»Take your time and get your trip...chill and rock is one family!«
Hmm, »...one family!«. Nein, es wird jetzt nicht mehr spekuliert. Ich flieg noch mal eine Albumlänge mit und genieße...
Line-up:
Seppi (guitar)
Steffen Weigand (drums)
Matthias 'Matte' Vandeven (bass)
Norman (keyboards, 2nd guitar -#6)
Tracklist
01:Intention (9:17)
02:23 Enigma (6:40)
03:Hymn 72 (4:54)
04:Glow (7:50)
05:drannel Xu IIop (7:07)
06:Eightfold Path (8:06)
Externe Links: