Pat Metheny Group / We Live Here - Live In Japan
We Live Here - Live In Japan Spielzeit: ca. 110:00
Medium: DVD
Label: Eagle Vision, 2013
Stil: Jazz Rock

Review vom 21.04.2013


Steve Braun
So sehr Pat Metheny in der breiten Musiköffentlichkeit - weit über die Grenzen des Jazz hinaus - angesehen ist, so umstritten ist er in der Szene der beinharten Jazz-Puristen. Überwiegend akzeptieren diese nur seine Free Jazz-Exkursionen mit Leuten wie Charlie Haden, Jack DeJohnette oder Jaco Pastorius, während die Alben seiner Group vielfach als 'Jazz Pop' abgetan werden. Ebenso gespalten war das Echo auf die 1995 erschienene Scheibe "We Live Here", von vielen als der schwächste Output Methenys bis zu diesem Zeitpunkt angesehen. Stärker als jemals zuvor arbeitete der sympathische Beau aus Missouri mit Gesangsstimmen und rhythmischen Elementen aus den Bereichen, die man am ehesten als 'Weltmusik' etikettieren könnte. Nichtsdestotrotz wurde "We Live Here" mit Methenys neuntem (von bislang zwanzig) Grammy in der Kategorie 'Best Contemporary Jazz Performance' ausgezeichnet. Und das verdient, wie ich persönlich finde...
Die Japan-Tour zur Veröffentlichung des Albums wurde seinerzeit professionell mitgeschnitten und nun liegt die im März erschienene DVD "We Live Here - Live In Japan" hier zur Besprechung vor. Wenn man im Hauptmenue den Button "Play Musical Performance" auswählt, bleiben einem die eingestreuten Interviews mit allen Bandmitgliedern 'erspart'. Diese sind zwar interessant, aber recht knapp und Untertitel zur Übersetzung sind nicht wählbar. Zudem stören diese den Konzertfluss doch erheblich, ebenso wie die Schnitte zwischen den Stücken. Es handelt sich eben um verschiedene Aufnahmen und NICHT um eine komplett aufgezeichnete Show. Sollte man wissen und beachten!!
Der Bandleader und seine kongeniale 'rechte Hand', Keyboarder Lyle Mays, werden von Steve Rodby (ein wichtiger Co-Produzent der PMG) am Bass und Paul Wertico an den Drums unterstützt. Dies war fraglos eine der stärksten Rhythmussektionen in der Historie der Pat Metheny Group! Das Stimmwunder Pedro Aznar war damals leider nicht im Line-up, wird allerdings von David Blamires und Mark Ledford - beides zudem Multiinstrumentalisten - gleich doppelt ersetzt. Vervollständigt wird die Truppe vom brasilianischen Schlagwerker Armando Marcal, ein Altbekannter von vielen Studioalben der PMG.
Meine Freude über die Veröffentlichung erklärt sich auch daraus, dass ich diese Welttour seinerzeit, wenn ich mich recht erinnere, in Offenbach livehaftig erleben durfte. Das Bühnenbild stand mit seinen beiden, schemenhaft angedeuteten Häusern für das Motto der Tour 'We Live Here'. Allerdings gelangten aus dem besagten Album lediglich vier Nummern in das Programm.
Wie groß der musikalische Fundus der Pat Metheny Group ist, zeigt sich u. a. darin, dass ein Fehlen von absoluten Live-Klassikern wie "Are You Going With Me?", "Last Train Home", "San Lorenzo" oder "Phase Dance" perfekt kompensiert werden kann. Nimmt man halt "Have You Heard", "Antonia" oder das phänomenale "First Circle", den Titelsong eines der besten PMG-Alben ever aus dem Jahr 1984 (selbstredend ebenfalls Grammy-dekoriert). Oder halt das immer wieder wunderbar treibend fließende "Minuano (Six-Eight)" - ein heimliches Hightlight dieser Aufnahmen. Mit diesen Klassenummern - die genau für das stehen, was Kritiker als 'Jazz Pop' diffamieren - präsentiert sich das Septett nicht nur als überaus geschmeidig eingespielte Band, sondern auch als Konglomerat von großartigen Solisten.
Aber auch die Ohren der Puristen werden bedient... seien es das sehr 'freejazzige' "Scrap Metal" oder das grandiose Lyle Mays-Opus "Episode D'Azur", das eher traditionelle Jazzwerte transportiert. Es überwiegen aber eindeutig die sehr geschmeidig-flüssigen, jazzrockigen Arrangements, die allerdings zu keinem Zeitpunkt die Grenze zur 'Fahrstuhlmusik' touchieren. Als grenzwertig könnten allerdings von einigen Zeitgenossen die zu diesem Zeitpunkt seines künstlerischen Schaffens von Pat Metheny präferierten, leicht 'zuckrigen' Vocals betrachtet werden - wortlose zweistimmige Melodien, die manchmal schon etwas 'klebrig-süß' daherkommen. In diesem Zusammenhang darf die schreckliche Kollaboration mit David Bowie, "This Is Not Amercia", nicht fehlen. Obwohl (oder vielleicht weil?) es ein Riesenhit war, ein klarer Fall für die Skip-Taste!
Neben den bereits genannten Songs muss (einmal mehr!) das stille "Farmer's Trust" als Highlight erwähnt werden. In diesem Stück steckt aller Reiz der weiten Landschaft, in der Metheny und Mays zuhause sind, dem mittleren Westen der USA.
"We Live Here - Live In Japan" ist natürlich ein Muss für die Fans der Pat Metheny Group, sollte allerdings gerade Neueinsteigern, die bislang noch überhaupt nichts mit Jazz Rock am Hut hatten, dringend empfohlen werden. Die cremigen Klänge der PMG können der perfekte Zugang für die Klangwelten sein, die Jazz-Puristen jetzt als 'anspruchsvoll' bezeichnen würden...
Line-up:
Pat Metheny (electric & acoustic guitars, guitar synth)
Lyle Mays (grand piano, synthesizers)
Steve Rodby (upright & electric bass)
Paul Wertico (drums)
Armando Marcal (percussion)
David Blamires (vocals, guitar, vibraphon, accordeon, flugelhorn)
Mark Ledford (vocals, trumpet, vibraphon, guitar)
Tracklist
01:Have You Heard
02:And Then I Knew
03:Here To Stay
04:First Circle
05:Scrap Metal
06:Farmer's Trust
07:Episode D'Azur
08:Third Wind
09:This Is Not America
10:Antonia
11:To The End Of The World
12:Minuano (Sixty-Eight)
13:Stranger In Town
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