Peter Maffay / Wenn das so ist
Wenn das so ist Spielzeit: 58:16
Medium: CD
Label: Sony Music, 2014
Stil: Deutschrock

Review vom 07.02.2014


Steve Braun
Ich sehe den Shit-Storm bei Facebook schon förmlich vor meinen Augen aufziehen: »Bespricht RockTimes jetzt etwa auch Schlagerfuzzies?? Unerhört!!!« Ey, Leute! Die Schlachten aus den Siebzigern sind geschlagen und wir Kritiker waren damals furchtbar verblendet. Peter Maffay hat mit Schlager begonnen, das ist richtig. Sicherlich wollte er nur Musik machen und als junger Mensch vertraut man manchmal - mangels Lebenserfahrung oder Durchsetzungskraft - den 'falschen' Beratern. Maffay fand jedenfalls den Rocker in sich, machte eine überzeugende Kurskorrektur und ist sich seitdem treu geblieben.
Richtig 'sauer' waren wir doch seinerzeit nur, weil er unserem Udo die tolle Band 'abspenstig' gemacht hatte. Danach machte der Maffay die tollsten Platten und Lindenberg lieferte eine Enttäuschung nach der anderen ab... Wenn wir ehrlich sind, war DAS der eigentliche Grund für unseren (ungerechtfertigten) Spott.
Gut, okay! Der Maffay hat auch immer etwas dünnhäutig reagiert, wäre manchmal besser beraten gewesen, einfach mal locker zu bleiben. Mit Persiflagen von Helge Schneider oder Jürgen von der Lippe ging Lindenberg jedenfalls wesentlich entspannter und souveräner um. Schließlich kann man es auch als Ehre, als einen 'Ritterschlag' auffassen, wenn man karikiert wird!! Wäre das so cool gewesen, wenn Maffay über den 'Muränen' mal lieber herzhaft gelacht hätte...
So, und jetzt wollen wir uns mal der Musik widmen, gell?!? 35 (ausgeschrieben: fünfunddreißig) zumeist megaerfolgreiche Studioalben sprechen eine deutliche Sprache: Peter Maffay hat sich einen Platz (zumindest) im (deutschsprachigen) Rockolymp gesichert und damit all seine Kritiker eines Besseren belehrt. Vier Jahre sind seit der letzten (Rock-)Scheibe vergangen und elf neue Songs sind in dieser Zeit für "Wenn das so ist" gewachsen. Dazu bietet Maffay mit "Gelobtes Land" dem
Dylan Bobby ("Girl From The North Country") gekonnt Paroli.
Bis auf zwei Nummern von Bassisten Ken Taylor hat Maffay interessanterweise alles komponiert - das Texten allerdings komplett anderen (vorwiegend Beatrize Reszat und Nisse Ingwersen) überlassen. Ich kann durchaus nachvollziehen, dass die Lyrik manchmal etwas aufgesetzt bei kritischen Ohren ankommt. Aber ich persönlich nehme dem Maffay das, was vielleicht wie eine Pose wirken mag, hundertprozentig ab. Er verkörpert einfach dieses (sein) Lebensgefühl - keiner kann das wohl besser verstehen als ein Southernrocker, der selbst gerne Leder trägt und 'Moped' fährt...
Musikalisch rockt "Wenn das so ist" jedenfalls - falls man mal bereitwillig die Scheuklappen einfährt - wie die berüchtigte Wildsau. Der Opener "Niemals war es besser" hätte dem mittlerweile leider 'zu Grabe getragenen' Doc Holliday bestens zu Gesicht gestanden. Das ist geiler Southern Rock vom Feinsten. Jean-Jaques Kravetz' Sohnemann Pascal , der im Übrigen bei allen Songs einen riesigen Job macht, lässt die Hammond wie einen brünftigen Hirsch röhren. Allerdings darf der Herr Papa bei der glutvoll wie ein Lavastrom schiebenden Powerballade "Bis zum Schluß" zeigen, wer hier der Lehrmeister war.
Überhaupt... diese Band! Fünf Spitzenmusiker - eine Einheit!! Angefangen bei den beiden Gitarristen, der co-produzierende Peter Keller und Carl Carlton, über die bereits genannten Ken Taylor und Pascal Kravetz hin zum Schlagzeug-Veteranen Bertram Engel - allen merkt man neben dem handwerklichen Können die teilweise jahrzehntelange Erfahrung an. Aber Maffay bekam schon immer die Besten...
Und überhaupt... diese Produktion! Gnadenlos gut!! Enorm dicht, transparent, jeder Effekt am perfekten Platz - da wurde an keiner Stelle gespart. Naja, kein Problem, wenn man einen großen deutschen Automobilkonzern als Sponsor an seiner Seite weiß...
Neben den beiden bereits genannten baumstarken Nummern gehören noch der ungestüme Abrocker "Nur du hörst", das 'leise' "Wildnis", das entspannt-lässige "Die Geister, die ich rief", das funkige "Sie bleibt" und der nachdenkliche Titelsong "Wenn das so ist" auf die Habenseite. Die Balladen kommen bei mir persönlich zwiespältig an - teilweise sind sie mir zu zahm, gelegentlich fast schwülstig. Dass es besser geht, beweist das kernige "Hallelujah" nachdrücklich.
Unterm Strich bleibt nicht mehr und nicht weniger als ein richtig gut gemachtes, streckenweise mitreißendes Deutschrock-Album. Die Tour zu "Wenn das so ist" ist für Anfang 2015 geplant. Man braucht weder prophetische Fähigkeiten noch einen Wahrsager für die Vorhersage zu bemühen, dass diese Termine die Nachfrage wohl kaum befriedigen können. Die größten Hallen und/oder Stadien dürften (mal wieder) innerhalb kürzester Zeit komplett ausverkauft sein. Großeltern werden wieder mit ihren Urenkeln feiern und das zeigt überdeutlich, wie Peter Maffays Musik die Generationen verbinden kann.
Für meinen Geschmack ist das allerdings alles vier Nummern zu groß, viel zu "Hyper Hyper" - das soll (und wird) allerdings niemanden vom fröhlichen Feiern abhalten... in diesem Sinne: Rock on, Peter!!
Line-up:
Peter Maffay (Gesang Gitarre)
Pascal Kravetz (Orgel, Piano, Keyboards, Gitarre, Gesang)
Carl Carlton (Gitarre, Gesang)
Peter Keller (Gitarre, Gesang)
Ken Taylor (Bass, Gesang)
Bertram Engel (Schlagzeug, Percussion, Gesang)

Gäste:
Jean-Jaques Kravetz (Orgel - #10)
Everette Harp (Saxophon - #3,8,9)
Martin Loss (Gitarre - #7)
Linda Teodosiu, Leon Taylor (Chor)
Tracklist
01:Niemals war es besser (3:31)
02:Wenn der Himmel weint (6:13)
03:Wer liebt (5:42)
04:Nur du hörst (3:36)
05:Wildnis (5:19)
06:Die Geister, die ich rief (5:04)
07:Schwarze Linien (4:42)
08:Sie bleibt (3:07)
09:Gelobtes Land (5:49)
10:Bis zum Schluss (4:58)
11:Wenn das so ist (4:14)
12:Halleluja (5:32)
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