Auf der Suche nach guten Slide- und Dobroplatten bin ich vor einigen Jahren im Katalog von 'Taxim-Records' auf Sam Mitchell gestoßen, der dort als "eine der wenigen europäischen Blues-Legenden" angekündigt wird. Ehrlich gesagt, dieser Ruf war bis dato nicht zu mir durchgedrungen. Die übliche Recherche im Internet ergab dazu recht wenig (vorausgesetzt er ist nicht identisch mit dem gleichnamigen Basketball-Headcoach der 'Toronto Raptors'). Auch die Zwischenzeit seit der Veröffentlichung hat meinen Kenntnisstand nicht erweitert.
Was soll's, wir wissen, der Knabe ist 1950 in Liverpool geboren und hat mit verschiedenen mehr oder minder bekannten Größen zusammengearbeitet. Mehr braucht's auch nicht, um die Scheibe hier vorzustellen.
Wie der Titel schon sagt, die dreht sich um die Dobro, geslidet und nicht gezupft. Sam Mitchell spielt sie wirklich meisterlich und inspiriert. Dazu ist er ein Guter an der Harp, die er mehrfach einsetzt. Sein Gesang ist zwar auf Dauer etwas dünnbrüstig, aber das ist ja nicht die Hauptsache. Auf den 17 Tracks (13 davon aus seiner Feder) ist Mitchell meist solo zu hören und dann gibt's einen Querschnitt durch die traditionellen Bluesstile. Auf den restlichen wird er von kleiner Mannschaft in unterschiedlicher Besetzung mit weiterer Gitarre, Bass, Schlagzeug, Mundharmonika, Klatschen und Bürsten-Perkussion zurückhaltend begleitet. Mitunter setzt er Echo-Effekte ein, die dann einen interessanten Spannungsbogen erzeugen.
Mitchell erzählt im Begleitheft, dass er nach langen Jahren ziemlich unverhofft die Chance für diese Solo-CD bekam und sich dann intensiv mit altem Material auseinander gesetzt hat. Seine Texte handeln teilweise von persönlich Erlebtem und lohnen das Reinhören. Die vier Covers, "Blues in the Bottle" ( Trad.), "Same Ole Blues" ( J.J. Cale), "Parchman Farm" ( Mose Allison) und "Kokomo" ( Fred McDowell) werden nahtlos adaptiert. Bereits beim Intro der CD zelebriert der Engländer seinen wunderbar singenden Slideton auf der Blechgitarre. Zwei gefühlvolle Minuten à la 'Paris, Texas', mit das Schönste, was ich in dieser Richtung gehört habe. Dann nimmt die Scheibe mit dem "Refugee Blues" Fahrt auf und klingt nach einer knappen Stunde mit dem skiffle-artigen "Hey Alexis" swingend aus.
"Resonating" ist eine schöne, entspannte Scheibe, unspektakulär weil nicht effektheischend, aber für Liebhaber des akustischen Blues eine Empfehlung und für die Fans von Dobro/Bottleneck ein Juwel! Das Hauptaugenmerk liegt auf der Tradition, aber bei Stücken wie "Solar Skates", "Same Ole Blues" oder "Jiggy Jiggy Man" zeigt der Mann, dass er auch die moderne Sprache des Blues spricht. Die CD ist gekonnt produziert und astrein im Sound. Für die Gitarrenfreaks sind die Stimmungen im Heft notiert. Allerdings differieren die Angaben über die verwendeten Gitarren auf der 'Taxim'-Seite und dem Heft.
Sam Mitchell nennt sich selbst einen Blues-Zigeuner, getrieben von seiner Gitarre. Hoffentlich zerrt die ihn irgendwann mal bei uns auf die Bühne und nicht nur in Guitar-Workshops, damit wir auch was live von ihm hören können.
Spielzeit: 58:29 Min, Medium: CD, Taxim Records, 2000
1:Refugee Blues 2:Blues In The Bottle 3:Let There Be Smoke 4:Monkey In The Hand 5:Unfinished Business 6:Packing Pallets 7:Solar Skates 8:Same Ole Blues 9:Talkin' Mr. Johnson 10:Let's Split 11Little Peer 12:Parchman Farm 13:Kokomo 14:Drifter 15:Jiggy Jiggy Man 16:Studio 51 17:Hey Alexis
Norbert Neugebauer, 08.03.2006
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