Steve Marriott / The Roadrunner
R.I.P.
"Ich denke, er war einer der grössten englischen Soulsänger aller Zeiten" Roger Daltrey (The Who)
Steve war Mitbegründer und Stimme der 60er Mod Band The Small Faces und Antreiber der Rocklegende Humble Pie
Er wurde am 30. Januar 1947 in London geboren. Als Kind stand er vor der Kamera englischer TV-Shows, 1961 spielte er eine Hauptrolle im Musical Oliver!. In diesem Jahr wurde er von Decca unter Vertrag genommen, hatte als Solist aber keinen Erfolg. Er arbeitete in einem Musikgeschäft und traf dort den Bassisten Ronnie Lane. Nachdem Steve eine Weile in dessen Band Pioneers mitspielte, gründeten die beiden The Small Faces, eine der erfolgreichsten Mod Gruppen der 60er.
Die Small Faces bestimmten ein paar Jahre die Hitparaden mit Songs wie Itchycoo Park, Tin Soldier, All or nothing und Lazy Sunday. Sie produzierten die hervorragende LP Odgen's Nut Gone Flake mit der zum ersten Mal eine Platte in einem runden Cover erschien und aussah wie eine Tabakdose. Steve wollte aber immer mehr R&B spielen, er zog die Konsequezen und verschwand während eines Konzertes einfach von der Bühne.
Er begann mit Peter Frampton, der gerade das Trio Humble Pie gegründet hatte zu jammen. Frampton war unsicher, ob er Steve in die Band aufnehmen sollte, er befürchtete, Einfluss zu verlieren. Nachdem Steve dann doch in die Band eintrat, geschah genau dies. Humble Pie wurde von der Fachpresse zur Supergroup hochstilisiert.
Die Band erarbeitete sich ein Programm auf Steve's Landsitz. Der Sound von Humble Pie umfasste fast das gesamte Spektrum des Rock, sie spielten jedoch mehr countrygefärbtes Material als erwartet, die beiden ersten LPs As safe as yesterday is und Town and Country verkauften sich nicht besonders gut.
Hinzu kam, dass sie Ende 1969 nach dem Bankrott des Immediate-Labels ohne Vertrag dastanden. Jerry Moss von A&M nahm sich der Band an und sicherte totale künstlerische Freiheit zu. Auf ihrem dritten Album, schlicht Humble Pie betitelt, schwenkten sie mehr und mehr auf härteren Rock um und schraubten den Standard mit der Platte Rock on nochmals in die Höhe.

Humble Pie waren zu dieser Zeit einer der besten Live-Acts und produzierten dann im Fillmore East auch eine der besten Liveplatten des Rock: Performance: Rockin' the Fillmore wurde zu einem Superseller. Die Spiel- und Improvisationsfreude waren maßstabsetzend. Peter Frampton stand aber nicht mehr im Vordergrund, was ihn dazu veranlasste, die Band zu verlassen.
Frampton wurde von Dave 'Clem' Clempson ersetzt, der zuvor bei der Jazz-Rock Band Colosseum spielte und er passte perfekt zu Humble Pie. Steve begann, das Programm umzustellen und entwickelte einen kompakten R&B Sound, er gliederte das schwarze Gesangstrio The Blackberries (Venetta Fields, Billy Barnum und Clydie King) in Humble Pie ein. Die faszinierenden Liveauftritte der Band nahmen immer mehr den Stil eines Musiktheaters an. Steve rappte zwischen den Songs, sein Gesang war mit die beste Soulstimme in der Musikwelt.
30 Days in the Hole von der 72er Platte Smokin' zeigte den Stil der neuen Humble Pie exemplarisch: Steve fingerschnippend in amüsiertem Gesangstraining mit seinen "Soul Sisters". Das Album wurde wie die darauffolgende USA-Tournee ein voller Erfolg.
Für das nächste Album Eat it wollte Steve den Sound von Humble Pie auf je einer Plattenseite zeigen. Steve: "Na ja, ich dachte, jetzt ist es an der Zeit, den ruhigeren Country mit den Soulsachen und Rock'n'Roll zu verbinden. Also war eine Seite Rock'n'Roll und eine Seite im Countrystil plus einer Seite mit Soulnummern sowie einer Liveseite"

Nach zwei weiteren Alben Thunderbox und Street Rats und nach insgesamt 21 USA-Tourneen trennten sich Humble Pie 1975. Steve war nicht bereit, kommerzielle Kompromisse einzugehen, wie sie dem Management vorschwebten.
Er spielte eine Platte mit seiner Band All Stars ein und formierte die Small Faces neu. Der Erfolg blieb allerdings aus und auch eine Neuauflage von Humble Pie um 1980 brachte nichts. Steve spielte mit verschiedenen kurzlebigen Bands hauptsächlich in Clubs in England und auf dem europäischen Festland. Trotz ausbleibenden Erfolgs hatte Steve seinen Humor nie verloren: Eine seiner Bands nannte er Packet of three, in England ist dies eine Umschreibung für eine Packung Kondome. Ein Konzert mit der Packet of three ist auf dem hervorragenden Livealbum Dingwalls dokumentiert.
Steve hat ohne Zweifel das "schnelle" Rockleben gelebt, mit viel Alkohol und Drogen. Er hat seine "kaputte" Seite ausgelebt, all dies floss in seine Musik mit ein: er konnte auf der Bühne brilliant sein aber auch Auftritte absolvieren, die seiner Klasse unwürdig waren. Ein ehrlicher Arbeiter war er jedoch immer.
Nach einem Treffen und Sessions mit Peter Frampton in Los Angeles bot ihm das Frampton-Management für die Wiedervereinigung der Original- Humble Pie einen gut dotierten Vertrag an. Aber er wollte nichts davon wissen, er vertraute im Musikbusiness niemand mehr. Er flog nach England zurück, gegen seine Flugangst nahm er wie üblich Valium und besuchte am Abend der Heimkehr eine Party, auf der er viel Alkohol trank. Nachdem er zuhause ankam, entdeckten Nachbarn in den Morgenstunden des 20. April 1991 wie sein Landsitz in Flammen aufging. Steve hatte nach Valium, Kokain und Alkohol im Bett geraucht und damit das Feuer ausgelöst. Er starb in den Flammen.
Biographie: Steve Marriott (1947 - 1991)
Manni Hüther, 04.04.2001
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