Stell Dir vor, Du wärst in New Haven/Connecticut und hättest Probleme: Du bräuchtest dringend einen Anwalt. Im Branchenbuch entdeckst Du »S. Mednick, Lawyer«. Verzweifelt stellst Du den Kontakt her - und wirst begeistert sein.
Unabhängig davon, wie die Rechtsberatung aussähe: Kontakt mit dem Schaffen des nachdenklichen Verteidigers bereitet sicherlich Freude: nach Feierabend klappt Mr. Mednick nämlich die Akten zu und schnallt sich die Gitarre um.
Eigentlich verwundert es mehr, dass er neben seiner Tätigkeit als Musiker noch Zeit für den regulären Broterwerb hat, denn er ist ein unglaublich produktiver Künstler. Seit dem Jahr 2006 gibt es sieben Veröffentlichungen von seiner Seite zu verbuchen - und nun liegt seine neueste CD vor: "What Remains".
Ein Kritiker bezeichnete Mednick einmal als Mischung aus Mark Knopfler und Warren Zevon mit einem Hauch von Bruce Springsteen, was den bescheidenen Künstler zu der Aussage bewog: »Wenn dem so wäre, könnte ich meinen Hauptberuf aufgeben!« ER selbst wäre gerne so ein begnadeter Keyboarder wie Steve Winwood und an der Gitarre so beseelt wie Jimi Hendrix. Allerdings führen solche Aussagen des Songpoeten den Unbedarften etwas in die Irre. Auf "What Remains" finden sich keine Traffic-artigen Hammondkaskaden und kein ekstatischer "Purple-Haze"-Verschnitt, es dominieren vielmehr melancholische Songs, die stilistisch stark dem Folkrock der Sechziger verhaftet sind.
Mednick selbst spielt elektrische und akustische Gitarre, Blues Harp, Keyboards und Percussion, in den Arrangements fallen außerdem noch Geige und Bass sehr angenehm auf. Die Kompositionen sind durchwegs unaufdringlich, ohne in Belanglosigkeit zu verfallen. Mednicks rauchige Stimme dominiert die meist etwas melancholischen Balladen und verpasst ihnen ihre ureigene, sehr sympathische Ausstrahlung. Geige, Gitarre und Keys erzeugen eine dichte Atmosphäre und trotz der nachdenklichen Grundstimmung der Songs versinken die Kompositionen nicht in Trübsal.
Und genau das ist die Stärke von Steve Mednick: Sowohl musikalisch wie auch textlich erschafft er mit Understatement eine zurückhaltende Poesie, die immer Mut macht und Positives ausstrahlt.
Hat er tagsüber vor allem mit knallharten Fakten zu tun, so widmet er sich in seinen Liedern eher philosophischen Inhalten - schon der Albumtitel "What Remains" stellt die Frage, was von unserem Dasein überhaupt bleibt. Ansonsten spürt er wertvollen Momenten des Lebens nach oder stellt durchaus überdenkenswerte Fragen: Was wäre, wenn wir eine Botschaft vom Himmel bekämen, aber gerade keine Zeit hätten?
Bei aller Melancholie blitzt auch immer wieder ein Augenzwinkern auf und alles in allem hinterlässt dieses Album einen höchst sympathischen Eindruck. Hätte er schon in den 60ern begonnen, zu veröffentlichen, wäre Mednick heute bestimmt ein Star wie James Taylor oder Neil Young - so aber ist er wohl ein Geheimtipp… jedoch mit etwas Glück immer noch aktiv, wenn die genannten Sangeskollegen und ihre langjährigen Mitstreiter der Szene bereits den wohlverdienten Ruhestand genießen. Ich jedenfalls freue mich schon jetzt auf den weiteren Output des musizierenden Anwalts.
Line-up:
Steve Mednick (vocals, guitars, keyboards, percussion)
Eddie Seville (vocals, multi-instrumentalist)
Billy Kotsaftis (lead guitars)
Karl Allweier (double and electric bass, acoustic guitar)
Tony Casagrande (accordion, vocals)
Matt Cartsonis (mandolin, organ)
Bob Loveday (violin)
Sallylou Siani (backing vocals)
Natalie Modugno (backing vocals)
Ashlay Badgate (cello)
Tracklist |
01:The Forger's Tale (3:39)
02:The Only Way I Want It (4:54)
03:Hostages And Orphans (2:56)
04:Time Returns (4:12)
05:Series Of Hits And Misses (3:33)
06:Questions (5:16)
07:Archaeology (3:22)
08:Nelio's Dream (4:20)
09:The Lights Are Out In This Town (5:16)
10:Clouds Will Pass Away (3:57)
11:Jasper McPhee (4:23)
12:What Remains (4:40)
13:Endnotes (1:50)
14:The Forger's Tale (Film Version)
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Externe Links:
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