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Wolf Maahn / Direkt ins Blut (un)plugged
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In diesem Jahr ist es neunundzwanzig Jahre her, dass ein damals recht unbekannter Wahl-Kölner namens Wolf Maahn mit "Deserteure" ein viel beachtetes Debüt vorlegte. Viel ist seitdem geschehen... Nach einem relativ kurzen, steilen Höhenflug folgte ein jäher Absturz und daraufhin eine Konsolidierung auf allerdings deutlich geringerem (was die Zahl der verkauften Alben und Konzerttickets betrifft!) Niveau. Um es mit Albentiteln auszudrücken: Nach Rosen im Asphalt Live! löste Maahn auf dem Peak seines Erfolges die Deserteure, und damit die beste R&B-Band Deutschlands, auf. Einzig sein treuer Kumpel Axel Heilhecker blieb an seiner Seite und man versuchte sich in englischer Sprache: "Third Language" wurde ein kapitaler Flop! Er bildete seine Band erneut um, versuchte es mit jungen Musikern und die folgenden Alben waren sehr viel besser - nur leider genauso wenig erfolgreich. Da besann sich Maahn wohl auf seine einzigartigen Live-Qualitäten und brachte 1993 diese Aufnahmen, "Direkt ins Blut (un)plugged", heraus. Und sofort war er wieder in den Charts - das Album kletterte bis auf Platz 64 der deutschen Albumcharts. (Fast) jede neue Veröffentlichung Maahns schafft(e) das wieder. Respekt, der Mann ist angekommen.... Trotzdem regt sich bei mir immer ein bisschen Wehmut, wenn ich an die Deserteure denke.
Anfang der Neunziger hatte jeder 'Hans und Franz' seine Unplugged-Show bei MTV - das war seinerzeit groß in Mode. Nebenbei bemerkt: Selten war die musikalische Substanz derart hoch, wie bei Claptons 'unverstöpseltem' MTV-Auftritt, der zugleich sein großes Comeback darstellte. Maahn hätte das Potenzial für eine großartige MTV-Show gehabt - aber der Kommerzsender wollte ihn nicht. »Arsch lecken« dachte er sich wohl und mietete sich das Tonstudio seines Kumpels Dieter Dierks für einen intimen Auftritt vor einer Handvoll beinharter Fans. Und er zeigte den MTV-Hanseln an diesem Abend, was ein richtig guter Unplugged-Auftritt ist!
Bezeichnenderweise beschränkten sich Wolf Maahn und sein kongenialer Partner Axel Heilhecker weitgehend auf das Material von "Deserteure" (1982) bis "Kleine Helden" (1986). Das waren einfach die Songs, die immer noch bestens bekannt waren und sofort zündeten. Mit "Stunde um Stunde", "100000 Meilen" oder "Schiffe ohne Häfen" bewies er aber, dass er das Schreiben von Songs, die 'direkt ins Blut' gehen, immer noch bestens beherrschte.
Da die Tracklist der kürzlich besprochenen "Rosen im Asphalt Live" ähnlich ist, liegt der Reiz vor allem im Vergleich der völlig verschiedenen Arrangements. Keine Keyboards und Soul-Sängerinnen, doch dafür drei akustische Gitarren (nur Heilhecker greift gelegentlich zur Halbakustischen oder Elektrischen) sorgen für eine völlig andere Interpretation der Songs: weniger ausgefeilt und vielleicht gerade dadurch 'direkter ins Blut' gehend. Exemplarisch sei hier "Venus", ein Song mit ursprünglich sehr viel Soulappeal, genannt, der hier in wilder Rockabilly-Manier runtergerockt wird. "Fieber" wird dagegen von einem fetzigen Rock'n'Roll in eine Hip-Hop-Version transferiert - spannend! Die Interaktion der Bandmitglieder ist grandios und reißt Wolf Maahn, ohnehin eine echte 'Rampensau', zur Höchstform mit. Manchmal hat man das Gefühl, dass da eine enthusiastische Zigeunertruppe auf der Bühne abhebt. Jeder der wenigen Zuschauer, die das Vergnügen hatten, an diesem 22. Juni des Jahres 1993 in Dierks Studio in Stommeln bei Köln dabei zu sein, wird diese Show wohl bis an sein Lebensende nicht vergessen! Besonders schön fügt sich durch das gefühlvolle Spiel des Geigers Ashley Redd ein bis dato kaum gekanntes 'folkiges' Element in Maahns Musik ein - ach, am besten hört ihr selbst, wie gut das klingt. Die Tracklists der CD und der DVD sind größtenteils gleich. Einer der stärksten Songs des 'neuen' Maahn, "100000 Meilen" von der damals aktuellen "Maahnsinn"-Scheibe, ist bedauerlicherweise nicht auf der DVD zu finden. Dafür hat's auf beiden Scheiben einen uralten Song von der Food Band, Maahns erstem professionellen Projekt, "Side Street Romeo" und siehe da: Das Publikum erkennt den 'ollen Schinken' aus den Siebzigern sofort.
Im Bonusmaterial finden sich noch zwei Video-Clips aus den Neunzigern: "Leben und leben lassen" ("Libero", 1995) und "Durch alle Zeiten" vom "Soul Maahn"-Album, das es 1999 bis auf einen damals sensationellen 39. Platz der deutschen Albumcharts brachte. Obendrein folgt noch ein aktuelles Interview aus einem Kölner Musikgeschäft, in dem Maahn interessante kleine Geschichten zur Entstehung der auf "Direkt ins Blut (un)plugged" zu findenden Songs zu erzählen weiß. Die obligatorische Fotogalerie rundet die DVD ab. Ich persönlich weiß nicht, ob ich die "Rosen im Asphalt Live!" oder die "Direkt ins Blut (un)plugged" als bestes Live-Album Wolf Maahns bezeichnen soll. Dazu sind beide Aufnahmen viel zu unterschiedlich. Es gibt Momente, in denen mir die eine oder andere Scheibe mehr zu geben in der Lage ist - unter die Haut bzw. 'direkt ins Blut' gehen sie beide. Wenn ich allerdings einen grenzenlos ekstatischen Auftritt brauche, gebe ich mir diese CD/DVD.
Obendrein nenne ich das 'Value for money': Eine bis zum Platzen gefüllte CD und eine DVD in sehr ordentlicher Spiellänge ergeben eine dicke Kaufempfehlung!
Line-up:
Wolf Maahn (lead vocals, acoustic guitar, percussion) Axel Heilhecker (acoustic guitar, e-guitar, vocals) Helmut Krumminga (acoustic guitar, vocals, percussion) Volker Vaessen (acoustic hand bass, vocals, persussion) Ashley Reed (violin) Ralf Gustke (drums, percussion)
Externe Links:
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