Sie haben es wieder getan! Nach "Two Men With The Blues", mit Aufnahmen der beiden Musiker aus dem Jahr 2007, legen Willie Nelson und Wynton Marsalis nun Aufnahmen eines Konzerts aus dem Lincoln Center in New York City vom Februar 2009 vor. Nur sind sie nicht mehr unter sich, es hat sich nun eine Dame dazugesellt - Norah Jones.
Der 'Überraschungseffekt' der ersten Veröffentlichung ist natürlich dahin, nämlich jener, wie es angehen konnte, dass sich zwei derart unterschiedliche Musiker zusammenfinden und dann auch noch ein höchst interessantes Ergebnis präsentierten konnten. Nun denn, Willie Nelson war ja stets offen für alle Musikrichtungen, und Marsalis gilt eher als Purist. Es gibt wohl nichts, was Willie ausgelassen hätte.
Aber keine Angst - hier stehen trotzdem Veränderungen zum ersten gemeinsamen Projekt an. Erstens ist nun Norah dabei und zweitens konzentriert sich die Musik auf diesem Album auf die Songs von Ray Charles, aber nicht nur auf jene, die dieser selbst schrieb, sondern sein grundsätzliches Repertoire. So finden sich - quasi als Buchstützen - auch nur zwei eigene Titel des Geehrten auf dieser Platte: eben der erste und der letzte. Ach ja, eines ist doch gleich geblieben, die Band, nämlich Wyntons reguläre Gruppe und Willie hat seinen Kumpel Mickey Raphael an der Harmonica wieder mitgebracht.
Für Interessierte ist bei den einzelnen Stücken jeweils angegeben, in welchem Takt oder in welchem Stil sie gespielt werden - beispielsweise gleich bei "Hallelujah I Love Her So" = 'Gospel 2-beat / Boogaloo / 4/4 Swing'. So darf sich der Hörer durch 'Walking Ballads', '12/8' Shuffles' oder 'Waltzes' arbeiten.
Gleich der Auftakt ist perfekt. Da scheppert das Tamburin, da 'rockt und rollt' das Piano, die Bläser setzen satte Akzente und dann nölt er mit kratziger Stimme los. Es passt 'wie die Faust aufs Auge' - Willie! Stark auch sein Gitarrensolo, wie immer auf seiner verstärkten Akustischen, mit diesem so ganz speziellen Klang. Sehr bluesig klingt er und dann swingt es plötzlich, wenn Wynton übernimmt - ein hervorragender, nahtloser Übergang. Ein Solo von Walter Blanding, dem wirklich hervorragenden Saxofonisten, und dann darf Mickey Raphael noch sein Harmonicasolo bringen, bevor man zum Text zurückkommt. Ein unglaublich 'cooler' Auftakt, unglaublich professionell und stimmig vorgetragen - der Titel wird locker aus dem Ärmel geschüttelt. Mit unglaublichem Feeling treffen hier zwei oder, inklusive Ray Charles natürlich, drei Welten aufeinander. Diese lockere und lässige Professionalität, die stets von Leidenschaft begleitet wird, zieht sich wie ein roter Faden durch das Konzert.
Eine weitere Welt taucht nun auf: "Come Rain Or Come Shine". Dieser gute alte, von Norah Jones geleitete Jazzstandard, kann das, was man ihr anfänglich bescheinigte, nämlich eine Jazzsängerin zu sein (was ich damals anzweifelte), dann doch noch dezent unter Beweis stellen. Für diesen Titel passt ihre laszive, zurückhaltende Art zu singen, recht gut. Ein Album mit solchen Standards könnte ihr wohl gut zu Gesicht stehen. Diese 'Walking Ballad' swingt locker und wird von "Unchain My Heart", von dem wahrscheinlich immer noch einige glauben, es sei von Joe Cocker im Original (als 'Bolero With Habanera Bass'), abgelöst, Wunderbar, wie die Band diesen, die Hüften zum Schwingen animierenden Rhythmus inklusive eines feurigen Perkussionssolos vorträgt.
Auch der originären Musik Nelsons wird, durch Einfügung einiger Countrytitel wie bspw. dem Duett "Cryin' Time" von Buck Owens, Rechnung getragen. Zwar ist dieser Song Willie wie auf den Leib geschneidert, allerdings macht Norah hier - aus meiner Sicht - eine sehr unglückliche Figur. Besser fügt sie sich in den Gruppengesangschorus von "Hit The Road Jack" ein, dass genau so kommt, wie man es erwartet: voller Drive, wieder mit viel Tamburin und fast acht Minuten lang.
Im R&B-Titel "Here We Go Again" sind wieder Norah und Willie am Werk. Diesen Titel bringen beide auf ihre Art - in Einzelvorträgen - auf ein hohes Gefühlsniveau und das ist auch gut so. Mit gestopfter Trompete hat Wynton das Seinige dazu beigetragen - und wieder kommt ein wundervoll bluesiges Gitarrensolo dazu. Der wohl jazzigste Titel - "Makin' Whoopee" - kommt mit elegantem, leicht verrucht klingendem Swing daher, Norah wetzt hier so manche Scharte aus.
Dann folgt jenes Stück, mit dem wohl viele den guten Ray in Verbindung bringen - "What 'd I Say". Eine starke solistische Vorstellungen der Musiker, die sich auf diesem unvergleichlichen, unverkennbaren Rhythmus austoben und bei dem Ali Jackson sein Rhythmusgefühl ausspielen kann. Übrigens singt der Trompeter hier auch mit. Ach, wir haben es hier wieder mit einem 'Boogaloo' zu tun. Ganz super, dieser Abschluss - ich bin fast neidisch auf all jene, die an diesem Ereignis live teilhaben konnten. Aber ich kann dieses Konzert ja mit der Repeat-Taste endlos verlängern!
Fazit: Wieder eine gelungene Kombination unterschiedlicher Musiker und Stile. Es wäre schön, wenn das auch vermehrt andere Künstler auf die Beine stellen würden. Onkel Ray hätte seine Freude an diesem Konzert gehabt.
Übrigens: Herrlich, den guten Willie auf dem Foto im Booklet mit schickem Anzug und Krawatte zu sehen... und dazu Norah im kleinen Schwarzen.
Line-up:
Willie Nelson (vocals - #1, 3-9, 11, 12, guitar - #1-9, 12)
Norah Jones (vocals - #2, 4, 6, 9, 10, 12)
Wynton Marsalis (trumpet, vocals - #6, 8, 12)
Dan Nimmer (piano)
Mickey Raphael (harmonica)
Walter Blanding (tenor saxophone, vocals - #6)
Carlos Henriquez (bass)
Ali Jackson (drums, percussion)
Tracklist |
01.Hallelujah I Love Her So (Ray Charles) [4:56]
02:Come Rain Or Come Shine (Arlen/Mercer) [3:52]
03:Unchain My Heart (Sharp/Powell) [5:35]
04:Cryin' Time (Buck Owens) [4:33]
05:Losing Hand (Charles Calhoun) [5:16]
06:Hit The Road Jack (Percy Mayfield) [7:45]
07:I'm Moving On (Hank Snow) [5:44]
08:Busted (Harlan Howard) [5:04]
09:Here We Go Again (Lanier/Steagal) [5:10]
10:Makin' Whoopee (Donaldson/Kahn) [4:54]
11:I Love You So Much (It Hurts) (Floyd Tillman) [2:53]
12:What 'd I Say (Ray Charles) [6:12]
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Externe Links:
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