Ein Dreivierteljahr nach Erscheinen liegt uns nun das Debütalbum der Braunschweiger Deutschrocker Neoton zur Besprechung vor. Mit 'Aktivitätstheorie' (man möge sich bei Tante Wiki schlau machen) haben die zehn Songs relativ wenig zu tun. Der originelle Titel, "Negativitätstheorie", trifft des Pudels Kern 'mittenmang': Es geht vorwiegend um persönliche Befindlichkeiten, wie das liebe Herzeleid. Gut, etwas mehr Gesellschaftskritik würde Deutschrock mit Punkschlagseite, so wie ich ihn bevorzuge, nicht schlecht stehen. Entsprechende Ansätze sind aber bei Neoton durchaus wahrnehmbar, wenn auch eher unterschwellig und 'zwischen den Textzeilen'.
Die zehn Stücke auf "Negativitätstheorie" sind in einem etwa dreijährigen Prozess entstanden, zwischen einer Three-Track-EP Anfang 2011 und Mai 2013.Dazwischen war der Vierer allerdings nicht untätig, erspielte sich in ihrer niedersächsischen Heimatregion durch zahlreiche Live-Aktivitäten eine treue Fanbase. Auch auf einigen Independent-Samplern konnte man sich verewigen.
Das Debüt kommt schon mal optisch ansprechend daher; ein anständiges Booklet und ein Artwork mit starker Botschaft - zwischen Schwarz und Weiß ist das Leben ganz schön bunt - stechen sehr positiv ins Auge.
So richtig 'neo' ist die Musik von Neoton nicht gerade, aber dafür energiegeladen und reichlich mit frisch-rotem Herzblut angereichert. Man glaubt zu spüren, dass die Jungs ihre Wurzeln in die Punkszene geschlagen haben. Den Deutschrock der frühen Achtziger kann man ebenfalls aufspüren, hier allerdings in den straighten (»eins-zwo-drei-vier«) Indie Rock des neuen Jahrhunderts transferiert und damit taufrisch klingend.
Als Opener nach Maß stimmt "Plusminus Null" gleich auf den musikalischen roten Faden von "Negativitätstheorie" ein - wirklich mitreißend, dieser Punkrocker. "Wir" - das mit Abstand längste Stück - schichtet die Gitarrenparts zu einer atmosphärisch-dichten 'Wall of Sound'. "Ich bin weg" ist mit netten Reggae- und Walking Bass-Einlagen gespickt, während "Schöne Welt" richtig tollen, lupenreinen Cowpunk zelebriert. "Glück" bringt Erinnerungen an 'wavige' Zeiten in den Achtzigern zurück und glänzt obendrein mit einem hymnischen Refrain, der einen sofort am Haken hat.
Was "Negativitätstheorie" einzig fehlt, ist eine richtig schön 'kalorienreiche' Ballade; die Ansätze bei "Liebes Lied" sind mir dahingehend etwas 'dünn'.
Neoton machen Spaß, drücken mit erfrischender Härte aus den Boxen und sind ganz sicher auf einem sehr guten Weg. Wenn jetzt gelegentlich mal das irre Tempo gedrosselt, etwaige Widerborsten der Demos 'ungerupft', ein paar Ecken und Kanten 'ungehobelt' bleiben und beim nächsten Mal mindestens zehn Minuten obendrauf gepackt werden, dann wäre das Glück nahezu vollkommen.
Line-up:
Tim Wolf (Gesang, Gitarre)
Florian Schuder (Gitarre, Backgroundgesang - #3,6,9)
Marc Kleinschmidt (Bass, Backgroundgesang - #3,6,9)
Martin Scherf (Schlagzeug, Backgroundgesang - #3,6,9)
Tracklist |
01:Plusminus Null (3:25)
02:Wir (5:41)
03:Mir ist kalt (3:07)
04:Ich bin weg (3:17)
05:Schöne Welt (2:08)
06:Leben! Lieben! Leiden! (3:21)
07:Es regnet (3:08)
08:Glück (3:06)
09:Liebes Lied (4:02)
10:Lass mich leben (3:36)
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