Nera Nature dürfte wohl nur den wenigsten ein Begriff sein? Für diejenigen, die sich in der Black Metal-Szene auskennen allerdings schon, denn es handelt sich um Nera, die Frontfrau der polnischen Schwarzmetaller Darzamat. Dass sie auch anders kann, beweist sie mit ihrem Solo-Debüt "Foresting Wounds", bei dem sie unter dem Pseudonym Nera Nature weniger den brachialen Sounds huldigt, sondern sich mehr mit dem Songaufbau in beinahe minimalistischer
Art sowie den dazugehörigen Tönen und Lyrics beschäftigt, die von Sozialkritik, Umwelt und Verhaltensnormen handeln.
Dieses Gegenprogramm zu ihren sonstigen Prügelattacken erstaunt etwas, denn die Grundidee lebt von den Erzählungen, die in Molltönen aus ihr herausperlen. Gleich eines vorab: Irgendwelches Potenzial für Evergreens ist bei der Mixtur von Dark Wave, Rock, Ambient und Trip Rock nicht zu erwarten. Nera erfrischt sich mit der ihr selbst auferlegten Kompromisslosigkeit, sich mehr den atmosphärisch versetzten Melodien zu widmen. Allerdings ist in ihren Spuren auch ein Hauch von schwarzmetallenem Liedgut zu finden, das sich jedoch nicht im Gesang niederschlagen. "Disappointed" und "The Precious Now" haben teilweise groovige Passagen, die zwar die Atmosphäre leicht zurückfahren, jedoch in ihrer Intensität manchmal an The Mission erinnern.
Die Riffkonstruktionen sind eher einfach gehalten, denn das Hauptaugenmerk liegt auf dem Gesang und Nera macht ohne Zweifel hier eine gute Figur. "Shattered" überrascht mit synthetischen Eingangsspielen, die eigentlich in dieser Art nicht zu erwarten waren. Manches klingt ab und zu folkloristisch, ohne allerdings in die Mittelaltersparte abzudriften. Sämtliche Tracks sind durchweg spritzig und man wartet förmlich darauf, dass urplötzlich knüppelhartes Gebolze den tonalen Showdown einleitet. Aber die Darzamat-Frontfrau lässt auf ihrem Soloprojekt nichts zu, das an die Produktionen ihrer Stammcombo erinnert.
Mit tiefsinniger Stimmung aufgeladene Balladen, deren Texte interessante Geschichten erzählen, und die zusätzlich durch das Zusammenspiel von Keyboards und Gitarren mit intensiven Passagen begleitet werden - das ist der rote Faden bei diesem Werk. Die Refrains stehen durchweg im Dienst der Texte, die souverän und da, wo es nötig ist, empfindsam in samtenen Molltönen verhallen. "Defective" bietet härtetechnisch dazu hier den Gegenpol. Angenehme metallische Härte entfaltet sich wohltuend rund um die in den besten Momenten an eine Symphonic-Diva erinnernde Nera, die mit Druck und tanzbaren Rhythmen die musikalische Fassade spürbar bereichert.
Abschließend kann man sagen, dass Nera Nature mit ihrem ersten Album eine teilweise bedrückende Atmosphäre im Zusammenhang mit anspruchsvollen Texten produktionstechnisch anstandslos unter einen Hut gebracht hat. Beginnend beim Songwriting bis hin zum Sound kann man das Album anstandslos als modern, packend und abwechslungsreich bezeichnen. 8 von 10 RockTimes-Uhren
Line-up:
Nera (vocals)
Chris (guitars)
Markus (bass)
Darkside (drums)
Tracklist |
01:Disappointed
02:The Precious Now
03:Shattered
04:Oblivion
06:Dormant
06:Defective
07:Before
08:Some Air
09:Woman's Soul
10:Scar
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