Hinter dem Bandnamen Nerlich sollte man eigentlich eine Deutschrock-Kapelle vermuten, da er wie ein altehrwürdiger deutscher Familienname klingt (gebt ihn mal ohne Spaß bei Google ein). Aber weit gefehlt, hinter Nerlich verbirgt sich viel mehr eine blutjunge finnische Formation, die nach Herzenslust dem Death Metal der alten Schule frönt.
Schon nach den ersten Tönen ihres Debüts "Defabricated Process" fühlt sich der Hörer sofort in die frühen Neunziger zurückversetzt, als der Death Metal seine Blütezeit erlebte. Das Album hätte auch 1991 erschienen sein können. Die drei Jungs und das Mädel am Bass scheinen diese Musik quasi mit der Muttermilch aufgesogen zu haben, denn ein Blick auf das Bandfoto lässt vermuten, dass sie, zu der Zeit als die meisten Death Metal-Klassiker erschienen sind, noch mit der Trommel um den Weihnachtsbaum gelaufen sein dürften. Ich schätze, dass kein Mitglied des Quartetts mehr als zwanzig Lenze auf dem Buckel hat. Dafür haben die vier aber ihre Hausaufgaben umso besser gemacht, denn ihr Oldschool-Sound klingt absolut authentisch. Die Songs wecken bei mir immer wieder Erinnerungen an solche Perlen wie "Spiritual Healing" von Death, "Consuming Impulse" von Pestilence oder Morgoths "Eternal Fall" und "Cursed".
Wie die großen Vorbilder setzen die Finnen auf intelligentes Songwriting mit kleinen technischen Kabinettstückchen, geschickt eingebauten Breaks und Tempowechseln, ohne dabei zu progressiv zu wirken und den Hörer zu überfordern. Dabei gehen sie sehr rau und ungeschliffen zu Werke, eine Eigenschaft, die ich bei den meisten aktuellen Death Metal-Combos vermisse. Die meisten der heutigen Produktionen klingen durch die zu Tode getriggerten und digitalisierten Drums und aufgeblasenen Gitarrensounds zwar unheimlich brutal, aber gleichzeitig auch steril, leblos und poliert. Mit anderen Worten: nett.
Aber Death Metal darf nicht nett sein. Wie schrieb Arch Enemy und Spiritual Beggars-Gitarrist Michael Amott mal so schön in den Liner Notes des Re-Releases seiner ersten Band Carnage: »Death Metal was never meant to be pretty, Baby«.
Recht hat er. Und genau das haben sich Nerlich zu Herzen genommen, denn mit der schönen lebendigen analogen Aufnahme haben sie den Spirit der frühen Tage optimal eingefangen, wenngleich etwas mehr Druck nicht geschadet hätte. Dazu kommt noch die geile heisere und kehlige Stimme von Miikka Merikallio, mit der er sich angenehm von den vielen tiefen Death Metal Grunzern abhebt. Bands wie diese sind abgesehen von den alten Helden aus Schweden viel zu selten geworden.
Nerlich haben mit "Defabricated Process" ein Debüt vorgelegt, das auf der einen Seite unheimlich frisch und unverbraucht daher kommt, aber auf der anderen Seite wunderbar altmodisch klingt. Das Album bietet allen Oldschool Fans eine tolle Alternative zu den ganzen überproduzierten CDs, die heutzutage auf den Markt kommen. Wer seinen Death Metal roh und unverfälscht hören will und die oben genannten Scheiben zu seinen Faves zählt, sollte hier zuschlagen. Bitte mehr davon!
Line-up:
Miikka Merikallio (guitar, vocals)
Davi Moreira (guitar)
Hanna Kauppinen (bass)
Teemu Mutka (drums)
Tracklist |
01:Defabricated Process
02:Substantial Alternation
03:Insane Creations/Inorganic Echos
04:Entity Of Sickness
05:Imminent Reprisal
06:Mask For The Faceless
07:Condemned
08:On Sarcastic Impact
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