Spielzeit: 36:16 Medium: CD Label: Songpark, 2008 Stil: Deutschrock Review vom 23.03.2008 Sabine Feickert

Neuser - ich muss ganz ehrlich zugeben, die Band war mir bisher unbekannt.

Erstaunt entnehme ich dem Waschzettel, dass sie im nächsten Jahr schon ihr Zehnjähriges feiern und bisher bei EMI und Universal - zuerst als Luka Neuser - unter Vertrag waren.
Bereits 2007 brachten sie die Single "Violetta" beim eigenen Label Songpark raus, in 2008 folgt nun die LP "Selbstauslöser".

Als Grund für die Eigenproduktion wird die Selbstbestimmung angegeben, die in der Welt der schwerfälligen, großen Konzerne fehlt.
Ein nicht ganz abwegiger Gedanke, werden doch viele gute, aber noch unbekannte Bands von den Branchengrößen nur unzureichend unterstützt und recht lieblos produziert.

Also reinhören, ob auch hier ein solcher Fall vorliegt.

Die Musik ist mitreißend und Energie geladen. Das Schlagzeug steht in ständigem Dialog mit den voluminösen Keyboards. Gemeinsam erschaffen sie eine dynamische, fetzige Grundstimmung, in die sich Gitarren und Gesang perfekt einfügen.
Von Pogo und Ska beeinflusst, geht es schnell und kraftvoll zur Sache. Die Texte geben, dazu passend, ironisch verpackte Sozialkritik zum Besten, wie in "Mach lauter":

»Phatte Uhr, Topffrisur - Waschbrettbauch, will ich auch - Kleinkredit hab ich schon - drei davon -. ...Traumfigur, träum ich von - Fitnesscenter hab ich schon - mit Essen auf Rädern die Zukunft gesichert - kein Haus, keine Yacht, aber lebensversichert...«

Doch bei aller Kritik an unserer Lebenswirklichkeit kommt der Spaßfaktor nicht zu kurz, Wortwitz und Reimorgien verführen zum Schmunzeln:

»Das Leben konservieren - Erscheinung durchmöblieren - und dann noch durchtrainieren und alles vorprogrammieren - erfolgsorientieren - sich glücklich alkoholisieren - und immer schneller fahren und dann in der Kurve abschmieren« ("Die Welt steht still")

Schon die flotten Nummern sind alle durchweg tanzbar und mitreißend, frech und respektlos.
Die beiden etwas langsameren, melodiöseren Lieder ("Es ist nie zu spät" und "Wohin") verblüffen dann aber vollends - werden doch Stücke in vergleichbarer Qualität und Machart im Radio zu Tode genudelt. Es scheint wirklich so, als hätte mal wieder ein großer Plattenverkäufer das Potential seiner Leute nicht erkannt.

Doch weder die Aufmachung im gut gestalteten Pappcover, noch das musikalische Können der Neuser im Eigenvertrieb muss sich verstecken, sondern liefert den Beweis, dass im Indie-Bereich sehr viel innovative und qualitativ hochwertige Musik gemacht wird.

Das ganze Album macht einfach Spaß - Mach lauter!

Line-up:
Henning Neuser (Gesang und Gitarre)
Philipp Sutter (Tasten)
Tim Rashid (Bass)
Michael Klaukien (Schlagzeug)