»Was willst Du denn mit denen?? Die Scheibe ist klasse produziert und außerdem können die singen... das ist nix für Dich!!« Der Humor meines überaus geschätzten Kollegen Dangerous Dan ist immer aufs Neue herzallerliebst. Selbstverständlich mag ich versoffene Stimmbänder und das kann mir auch keiner ausreden, aber warum sollten mir deshalb solch cremig-warme Organe wie das des No Justice-Masterminds Steve Rice nicht liegen?? Gut, das Geträllere von so manchem New Country-Hühnchen geht mir bisweilen gewaltig auf die Nüsse, aber das steht auf einem völlig anderen Blatt!!
Rückblende an den Anfang des neuen Jahrtausends: Eine erfrischend steife Brise schickte sich an, den Staub aus den vermieften Country-Ecken zu blasen. Red Dirt nannte man diese aufregende neue Mixtur aus Country und ganz viel knackigem Rock. Den Startschuss gaben bei mir die ersten Alben von Cross Canadian Ragweed und das sensationelle "Revival" der Ryan Bales Band, das bis heute nahezu unerreicht blieb. Auch Randy Rogers oder die Eli Young Band waren Schaumkronen dieser musikalisch mächtigen Welle, allerdings haben sich die Letztgenannten an den Fleischtöpfen des Country-Mainstream fett und satt gefressen und sind nur noch ein jämmerlicher Schatten früherer Jahre!
Auch No Justice wurden im Sog dieses Red Dirt-Booms gegründet und konnten von Beginn an überzeugen. Gerade weil sich dies bislang noch nicht in hohen Chartsplatzierungen manifestieren konnte, sind die fünf Burschen aus Stillwater/Oklahoma besonders authentisch und glaubwürdig.
Das wird sich hoffentlich mit "America's Son" nicht ändern, obwohl das Album im vergangenen Dezember auf einem beachtlichen 36. Platz in die Billboards eingestiegen ist. Erster Hördurchlauf: Zehn Songs und gut 41 Minuten später kann Entwarnung ausgerufen werden. No Justice haben sich nicht von den klebrig-süßen Verlockungen des Mainstream verführen lassen. Sie ziehen immer noch so kernig ihre Furchen durch den 'roten Staub' wie auf den drei Alben zuvor.
Mit jedem Hörduchgang wird klarer, was für zehn Perlchen hier auf "America's Son" gebannt wurden. Allesamt sind es knackige Ohrwürmer, die richtig munter abrocken - so muss Red Dirt klingen! Kompositorisch ist kein Hänger zu verzeichnen. Besonders schön kommen Steve Rice' Vocals zur Geltung, wenn ihm eine der 'Aushilfssängerinnen' - vor allem sei hier Elizabeth Cook bei "Songs On The Radio" genannt - zur Seite springt. No Justice sollten mal ernsthaft überlegen, sich eine Sängerin im festen Line-up zu gönnen.
Mit zwei griffigen Southern-Rockern eröffnet "America's Son" - der Hörer ist sofort auf 'Betriebstemperatur', bevor mit "Songs On The Radio" der erste lupenreine Country-Rocker abgefeuert wird. Der Harmoniegesang ist hier ebenso ergreifend schön wie das gitarristische Duell zwischen Cody Patton und dem Gast und Ex- Drive-by Trucker Jason Isbell. Dem Ohrwurm "Red Dress" vom zweiten Album wurde in dieser Neufassung eine dermaßen gefühlvoll-intensive Einleitung verpasst, dass einem abwechselnd heiß und kalt wird. Beim knackigen "Shot In The Dark" schimmert unterschwellig der Southern-inspirierte Rock der Georgia Satellites und Drivin N' Cryin durch.
Doch damit hat die Band keineswegs ihr Pulver verschossen - der zweite Teil der Aufnahmen hält das Niveau weiter hoch. Mit "Run Away With Me" und "Let's Not Say Goodbye Again" wird ebenso simpel wie genial-eingängig abgerockt. Aber auch die Tränendrüsen werden nun bemüht und das haben No Justice ebenfalls drauf, wobei ich mir selbst nach dem x-ten Durchgang immer noch nicht sicher bin, ob mir das mit gezogener Handbremse gerockte "Give You A Ring" oder die zartbittere Ballade "Don't Walk Away" besser gefällt.
Anyway - der Abschluss von "America's Son" ist ebenso bärenstark wie der Beginn. Der erste Tipp des noch jungen Jahres. No Justice haben sich mit ihrem vierten Longplayer in der Red Dirt-Nische ganz breit gemacht. An "America's Son" muss die Konkurrenz erstmal vorbeikommen...
Line-up:
Steve Rice (lead vocals, acoustic guitar)
Amando Lopez (percussion)
Bryce Conway (Hammond, keyboards)
Cody Patton (lead guitar, vocals)
Justin Morris (bass, vocals)
Additional Musicians:
Elizabeth Cook (vocals)
Jason Isbell (guitars)
Rebecca Lynn Howard (vocals)
Tracklist |
01:Never Gonna Be Enough (3:44)
02:Life's Too Short (3:17)
03:Songs On The Road (4:24)
04:Red Dress (5:15)
05:Shot In The Dark (3:15)
06:Run Away With Me (4:15)
07:America's Son (4:02)
08:Give You A Ring (3:52)
09:Let's Not Say Goodbye Again (3:29)
10:Don't Walk Away (5:25)
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