Scheinbare Fehler in Schreibe und Grammatik können durchaus gewollt sein. [Anm. des Verfassers].
 Es war zu erwarten - wie bereits beim letzten Konzert der Familie im Pumpwerk: Der Saal tobte!
Nur als kurze Hintergrundinformation - genaueres kann man auf der Website ausführlich nachlesen.
Fakt ist, dass so gut wie alle Top-Hits der letzten Jahrzehnte geklaut sind. Denn der eigentliche Urheber sind die Mitglieder einer völlig unbekannten, verarmten Musikerfamilie aus Polen, der Familie Popolski.
Opa Popolski hat damals, genau am 22.03.1908, die Popmusik erfunden und komponierte im Laufe seines Lebens über 128.000 Top Ten-Hits, die von einem windigen Typen entwendet und verkauft wurden. So kam man nie in den Genuss des Erfolges.
Und genau darum verbreiten die noch lebenden Mitglieder der Familie diese Geschichte überall und spielen live die Originalversionen all der entwendeten und berühmt gewordenen Top-Hits, die schon lange die Charts bevölkern. Ungeahntes prasselt so auf die unvorbereiteten Zuhörer nieder, die schonungslose Wahrheit wird hier offenbart. So ist das also gewesen.
'Der Familie', der besteht als Liveband aus folgender Musiker:
Pawel Popolski, der moderierende Schlagzeuger, der unter Zuhilfenahme einer Diashow die wahren Geschichten vorträgt
Mirek Popolski, der sich gern selbst darstellende und rotzfrech wirkende Gitarrist
Dariusz Popolski, der blinde Keyboarder, der auch gern einmal soulvolle Gesangsvorträge bringt, Stevie Wonder scheint sich hier schonungslos bedient zu haben
Janusz Popolski, der absolut schüchterne Bassist, der sich unglaublich trottelig anstellt, und stets wie ein 'Prügelknabe' depressiv aus der Wäsche schaut
Henjek und Stenjek Popolski, die eineiigen Zwillinge, die sich ständig herzen und umarmen, und immer lieb ins Publikum winken, an Trompete und Posaune
Tomek Popolski, der irgendwie Unscheinbare, weil man ihn, der Akkordeon und Rhythmusgitarre spielt, so gut wie kaum wahrnahm:
Dazu dann noch zwei Gesangsolisten, die Kusinetschka:
Dorota Popolski, mit der Lieblingsfarbe rot, die noch immer einen 'ganz normalen Mann' sucht, einen, der einen eingezahlten Bausparvertrag und viel Geld hat sowie ihr viel Geschenke macht
Andrzej Popolski, der wie eine Mischung aus Pornostar, Robert Plant und Überbleibsel des 70er Jahre Glamrocks erscheint, und sich schon mit zwielichtigen Filmrollen sein Geld verdiente.
 Das alles zusammen ergibt eine skurrile Mischung von Figuren, die auf ihre Weise polnische Eigenarten überspitzt zu karikieren scheinen. Gleich zu Beginn des Konzertes werden Tabletts mit Wodka in kleinen Plastikgläsern ins Publikum gereicht und es wird erklärt, wie man den Wodka (stets gesprochen als 'Wudka') trinkt und anschließend die Gläser hinter sich wirft. Und überhaupt, das Wodkatrinken wird als polnische Gesetzmäßigkeit angepriesen und - gewerkschaftlich durchgesetzt - darf alle 20 Minuten eine Trinkpause eingelegt werden. Pawel nimmt hierbei immer gleich einen kräftigen Schluck aus der Flasche ( »erst mal einen kippen«).
Um dann nun einmal auf die musikalischen Darbietungen zu kommen:
Wenn es zunächst einmal anmutet, als würde man ständig Parodien auf bekannte Melodien hören, kommt man im Laufe des Abends nicht los davon, nun wirklich die Originalversionen zu hören, zumal das Vorgetragene in der Tat teilweise besser klingt als das bekannte Material.
 Unter anderem gab es folgendes:
"Ein Stern, der Deinen Namen trägt", von DJ Ötzi verhunzt ( "verchunzt"), wird hier im Original als herzerweichende Ballade vorgetragen, das musikalisch inhaltslose "Cherry Cherry Lady" , angeblich aus der Feder von Dieter Bohlen darf man hier als fetzigen Hard-Rocker mit Rapeinlagen geniessen - echt, das kommt so wirklich gut!
Dem Woodstock-Festival, alles schon vorher in Polen abgelaufen, bekommt hier auch seine Widmung mit einem mit akustischer Gitarre und Gesang von Mirek und Dariusz vorgetragenen Medley aus "Wind Of Change", "Ein bisschen Frieden" und "I Am Lookin' For Freedom". Echtes Festival-Feeling, und dazu vorher eine Gurke mit 'Grass' geraucht, das gehört dazu, so wurde erklärt.
Der Glitzerstar Andrzej bringt einen ergreifenden Song, der möglicherweise autobiografisch zu sehen ist, angesichts seiner einmaligen Rolle in einem üblen Pornofilm, der nur ganz kurz in einem polnischen Bahnhofskino gezeigt wurde: Nämlich den bekannten Titel "Porn To Be Alive", klasse, wie er hierbei mit seiner Stimme spielt, immer tiefer singt er den Refrain, unglaublich verführerisch und lasziv, ja, fast schon obszön.
 Sehr zwielichtig dann auch die Darstellung der Gesangsvorträge von Dorota, die über eine kräftige Stimme verfügt und somit mitreissende Beiträge ablieferte.
Die Entstehung einiger Songs wird dann auch schlüssig und plausibel vorgetragen, zum Beispiel "We Will Rock You", als sich angesichts einer Ruhestörung durch die Familie, die Nachbarin in der Wohnung darunter mit dem Besen lautstark beschwerte, dadurch den schon länger im Koma liegenden Hausmeister weckte und durch das rhythmische Spiel zwischen Besenklopfen und den vom Hausmeister an die Wand geworfenen leeren Flaschen sich der bekannte Grundrhythmus des Stückes entwickelte. Ja, so war das wirklich.
 Als Henjek und Stenjek einst in der Lotterie eine Weltreise gewannen, entstanden solche Hits wie "Einmal um die ganze Welt", später von Karel Gott gecovert.
Weitere Höhepunkte der gut zweieinhalbstündigen Show - durch eine kurze (Wodka-) Pause unterbrochen - waren, als sich Mirek von den Zwillingen einen innen leuchtenden Koffer auf die Bühne tragen ließ, und aus dem Koffer eine goldene Gitarre mit drei Hälsen nahm, um anschliessend einen furiosen Beitrag abzuliefern.
Diese und die anderen Gitarren stammen natürlich aus »Stratocastri«, aus Polen.
 Oder als zum Schluss der sonst so schüchterne Janusz eine halbe Flasche 98%igen Wodkas auf ex austrank, kurz hinfiel und sich dann wie Phoenix aus der Asche und völlig umgewandelt präsentierte, sich die Oberbekleidung vom Körper riss, kurz ins Publikum lief und dann das bereits erwähnte "Cherry Cherry Lady" präsentierte. Einfach grandios! Während dieser Showeinlage spielte Janusz auch noch hinter dem Rücken von Andrzej, der gerade den Bass bediente, einige tolle Soloeinlagen. Kurios ...
 Der narzistische Andrzej lief natürlich auch durch die Menge, wobei er ausdrücklich dazu aufforderte, man dürfe ihn auch anfassen. Dabei forderte er auch noch einen Kuss ein, der ihm gewährt wurde - von einer Dame aus dem Publikum.
Alles in allem gekonnte Unterhaltung, ein Konzert mit dem absoluten 'Spassfaktor', mit hervorragend eingespielten Musikern, mit Musik, die sich oft, unterstützt durch die beiden Blechbläser, an Ska orientierte.
Hinter all' dem Spaß verbirgt sich für mich auch noch ein bestimmter Symbolismus.
Der Familie Popolski besteht aus so vielen unterschiedlichen Charakteren, jeder hat auf seine Weise etwas, was ihn 'außer die Norm' stellt, einige haben im Leben Fehler gemacht, einiges, was auch von der Familie nicht gutgeheißen wurde. Und dennoch halten sie zusammen, dennoch wird all das, was nicht in die 'normale Gesellschaftsform' passt, akzeptiert, und das ist eine Botschaft, die leider so nicht gelebt wird in unserer Gesellschaft.
Schön wäre es, wenn sich die/der eine oder andere aus dem Publikum auch darüber einmal Gedanken gemacht hätte.
Noch ein Dank an das Pumpwerk-Team für die problemlose Akkreditierung.
Bilder vom Konzert
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