Erhabenheit und Anmut
Joseph Parsons, Singer/Songwriter und Gitarrist aus Philadelphia, ist seit mehreren Jahren ein anerkannter Qualitätsbegriff für innovative, wandlungsfähige Musik im großem Spannungsfeld zwischen Folk und Rock.
Seine Biografie liest sich fast wie das Tagebuch eines Vagabunden. Am 7.09.1963 in Pennsylvania geboren und aufgewachsen zog er später nach Los Angeles, Boston, New York und Louisiana, praktizierte Straßenmusik in Barcelona und anderen europäischen Metropolen. Er arbeitete eine zeitlang sogar für Kinderheime in Bagdad, bis er Anfang der Neunziger beschloss, in Philadelphia sesshaft zu werden. Dort spielte er regelmäßig in den einschlägigen Klubs und konzentrierte sich
explizit auf seinen Job als Vollzeitmusiker.
Inzwischen ist einige Zeit vergangen, und Joseph hat mittlerweile einige Duftmarken
mit seinen Platten gesetzt. Er hat mit Drum-Computern und Synthesizern genauso geflirtet, wie auch mit den herausragenden Kollegen Chris Burroughs,Terry Lee Hale und Todd Thibaud als Bandprojekt Hardpan für Aufsehen gesorgt.
An diesem Sonntagabend, im gut gefüllten Erfurter Museumskeller, war er in instrumentaler Begleitung angetreten, um sein aktuelles Album "The Fleury Sessions"
an die Leute zu bringen.
Diese Platte wurde vergangenes Jahr im Anschluss an eine aufreibende, lange Europatournee in der französischen Kleinstadt Fleury-en-Bière eingespielt und ist für sich genommen schon ein Beleg dafür, dass Blues, Country und Folk an keinen Standort gebunden sind, oder gedeihen, wo man normalerweise ganz andere Musik macht.
Die Arbeitsbedingungen müssen jedenfalls sehr angenehm gewesen sein, denn diese Veröffentlichung besticht durch eine Entspanntheit, welche selbst in diesem Segment selten, und sicher das Ergebnis eines längeren Selbstfindungsprozesses ist.
Nach eben diesem landete Joseph schließlich bei dem auch sonst verdienstvollen, im schwäbischen Abstatt ansässigen, Label Blue Rose, eine der Adressen, welche den Künstlern noch väterlich zur Seite stehen.
Seine musikalische Basis liegt im Folk- und Countryrock, ihm sind aber auch Delta-Blues und Trip-Hop nicht fremd, und das alles verrührt er in seinen Kompositionen recht zwanglos miteinander.
An manchen Stellen klingt es geradezu schnörkellos bzw. mainstreamig, aber akustische Ausflüge weisen eindeutig in Richtung Americana, voller Selbstbetrachtung und textlich vielleicht manchmal etwas zu konventionell, aber mit ansprechenden Melodien. Diese reißen auch sein Publikum immer wieder mit - unter den Gewölben des Museumskellers jedenfalls blieb kein Fuß ruhig und kein lautstarkes Entzücken verborgen. Es gab diese Momente der hymnisch-pastoralen Art, welche der einfallsreiche Musiker so toll in Noten und Akkorde zu fassen weiß.
Ebenso kraftvoll wie verspielt, verpacken Joseph und seine Mitmusiker die Songs in immer wieder punktgenaue Arrangements, sowie in ein tief gehendes Sound-Ambiente. Darauf setzt er seine faszinierende Baritonstimme mal angenehm weich, dann wieder spröde bis vibrierend.
Die Zuhörer wirkten bei seiner Performance nahezu gebannt bzw. elektrisiert, und erlebten ihr Déjà Vu zu James Taylor, Tom Petty, Flying Burrito Brothers, Eagles oder Neal Casal.
Die schön arrangierten Harmoniegesänge aller Bandmitglieder beeindruckten ebenfalls und erinnerten nicht zuletzt an Parsons' Side-Projekte Hardpan und 4 Way Street. Neben all der packenden Handarbeit seiner deutschen Mitstreiter Sven Hansen am Schlagzeug ( Stigma) und Frederik Lubitz am Bass ( Tom Albrecht Band), darf man wohl die exzellente bzw. geschmackvolle Gitarrenarbeit Tom Gillams als besonders beachtenswert bezeichnen.
Tom brillierte an der Akustischen genauso, wie auch beim Slide spielen, und rückte zwischendurch immer mal wohltuend in den Vordergrund. Übrigens kündigte der Gitarrist aus New Jersey die Fertigstellung seines neuen Soloalbums an.
An diesem Abend waren auf jeden Fall das Publikum sowie auch die Akteure völlig zufrieden und merklich bewegt.
Joseph Parsons ist ein wirklicher Ausnahmekünstler, welcher mit seinem ehrlichen Gespür für Lebensgefühl nebst seiner Musik wohl kaum noch reifer werden kann.
Emmylou Harris beschrieb Country einmal so:
»Es ist ein Drahtseilakt zwischen Gefühlsduselei und Banalität auf der einen,
und Aufrichtigkeit und Realitätstreue auf der anderen Seite. Das hat schon eine gewisse Erhabenheit und Anmut«.
Ein besonderer Dank für die freundliche Unterstützung gehen an P.O.P. Ludwig Konzertagentur, das Museumskeller-Team und Joseph Parsons.
Bilder vom Konzert
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