Oak Ridge / Drawn
Drawn Spielzeit: 46:27
Medium: Digital Album
Label: Eigenproduktion, 2016
Stil: Post Metal/Rock

Review vom 08.03.2016


Andrea Groh
Oak Ridge bedeutet Eichenallee und ist unter anderem der Name einiger Orte vor allem in den USA. Davon will ich mir hier Oak Ridge, Tennessee herauspicken. Dieses, auch als 'Atomic City' oder 'Site-X' bezeichnet, wurde 1942 als Werkssiedlung für das Manhattan Project gegründet, das im Zusammenhang mit Atombomben bekannt wurde. Die Bewohner von Oak Ridge waren damals für die Anreicherung von Uran zuständig; heute, längst zu einer zivilen Stadt geworden, befindet sich dort immer noch der Sitz des Oak Ridge National Laboratory.
Passt zu dem in düsteren Sepia-Tönen gehaltenen Cover von "Drawn" von Oak Ridge (ja, jetzt gibt es den Begriff auch im Musikbereich) und hat zumindest die Namensgebung mit beeinflusst, neben der Bedeutung der Worte an sich. Kann ich nachvollziehen, klingt nach kraftvollen alten Bäumen, schattenspendend und stark, manchmal assoziiert mit wissenden Wächtern der Natur.
Oak Ridge ist das Projekt von Uwe Reinholz, der jahrelang bei der sächsischen Progressive Metal Band Toxic Smile-Gitarrist war und außerdem eine Musikschule in Zwickau betreibt.
Kein musikalischer Neuling also, was sich auf dem von ihm in Eigenregie produzierten Digital-Album "Drawn" bemerkbar macht, auf dem er auch fast alle Instrumente selbst übernommen hat. Er hatte lediglich die Unterstützung von zwei Gastmusikern, wobei die Vocals von Frenzy Reinholz eine hörenswerte Ergänzung darstellen.
Gleich der Opener "Animae" weiß durch Wechselgesang der beiden Reinholze zu überzeugen. Hier treffen wie bei C. G. Jung weibliche und männliche Seele (Anima und Animus) stimmlich aufeinander. Die musikalische Basis dazu bewegt sich irgendwo zwischen Post Metal und Progressive Rock, ist hart und zart gleichzeitig, wirkt verträumt und entrückt und doch mit einer gewissen Bodenhaftung. Gelungener Auftakt einer Seelenreise durch Sein und Werden.
Bei "Icon" rückt die Gitarre in den Vordergrund, verzaubert mit melancholischen Tönen. Vordergründig sanft und einschmeichelnd, lauert dennoch etwas Düsteres im Hintergrund. Wieder ein Song, der durch unterschiedliche emotionale Facetten zu überzeugen weiß.
Auch im weiteren Verlauf scheint es, als würde tongewordener Sepia aus den Boxen fließen, in verschiedenen Schattierungen, auf ganz dunkle Stellen, wie tiefe Löcher in der Erde folgt oft etwas Helles, dadurch luftig Wirkendes. Der Kreislauf des Lebens, Werden und Vergehen, spiegelt sich hier wider. Teilweise wird es metallisch-kantig und aggressiv, doch immer wieder kommen Harmonien als Kontrast, außerdem wird mit den Gegensätzen schwer und leicht gespielt.
"Drawn" will nicht berechenbar sein oder sich gar in Schubladen einordnen lassen, sondern mitnehmen auf eine emotionale Reise (ins Innere). Diese Absicht wurde nicht nur (spieltechnisch) versiert umgesetzt, sondern auch mit lobenswerter und angenehmer Eigenständigkeit.
Ein Werk wie ein Spaziergang durch eine Eichenallee, lebendig, voller Licht- und Schattenspiele, manchmal kräftig wie alte Stämme, dann fein verästelt und variantenreich wie emporstrebende Zweige.
In seiner Gesamtheit wirkend: beeindruckend und berührend.
Line-up:
Uwe Reinholz (vocals, backing vocals, guitars, bass, drum programming/editing)
Gäste:
Pierre Laube (additional drum editing)
Frenzy Reinholz (vocals, backing vocals)
Tracklist
01:Animae (5:32)
02:Icon (6:11)
03:Sea Of Pitch (5:26)
04:Stone (4:42)
05:Man Down (6:09)
06:Exile (4:51)
07:Path Of Thorns (6:08)
08:Os (7:39)
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