The Oak Ridge Boys / Boys Night Out
Boys Night Out Spielzeit: 49:35
Medium: CD
Label: Cleopatra Records, 2014
Stil: Country, Pop

Review vom 25.03.2014


Ulli Heiser
Wahrscheinlich gibt es niemanden, der die wohl bekannteste Nummer der Oak Ridge Boys nicht kennt. Dabei dürfte die Band in unseren Gefilden der Masse relativ unbekannt sein. Ich datiere die Gründung der Truppe mal frech auf die Sechziger - der Zeit, als die ersten zwei der heute noch aktiven Mitglieder, William Lee Golden und Duane Allen, in das Line-up kamen. Außerdem änderte sich die Stilrichtung von Gospel zu Country.
Begonnen hatte es aber sehr viel früher mit einem Mann namens Wally Fowler. Unter dessen Regie gab es in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Georgia Clodhoppers, eine Gospeltruppe, die sich nach vielen Auftritten im OAK Ridge National Laboratory in Oak Ridge Quartet umbenannte. Die erste vollständige Umbesetzung erfolgte 1949 und 1956 war gar die komplette Formation aufgelöst. Fowler verkaufte die Namensrechte an Bandmember Smitti Gatlin, der mit neuen Sängern startete und den Namen 1961 in Oak Ridge Boys änderte.
Mehr in Richtung Country (Pop) ging es Mitte der Sechziger durch den Einstieg von William Lee Golden und Duane Allen. Auch musste nun ein Drummer her, den man als reines Gospel-Quartett natürlich nicht im Personalstamm hatte.
Eine Weile lief es gut, bis sich die alten Fans abwandten, da sich Outfit und besonders die Musik in eine Richtung entwickelten, die der Gospelszene nicht gefiel. Die Gruppe blieb standhaft und entschloss sich 1977, nur noch auf Country zu setzen. Die ORB wechselten zu ABC/MCA und gleich die erste Single bei diesem Label schaffte Platz drei in den Country Charts. Und es folgten viele Chart-Platzierungen und Nummer 1-Hits. Es gab Gold, Platin und Multi-Platin, Ehrungen der verschiedenen (Country)-Organisationen wie der Academy of Country Music, Country Music Association und dem Nashville Network. Die Oak Ridge Boys setzten über 40 Millionen Platten ab. Nicht zuletzt deshalb, weil ihr Output auch bei Pop-Fans gut ankam.
Die eingangs erwähnte »wohl bekannteste Nummer« heißt natürlich "Elvira" und ich erinnere mich, dass das Stück seinerzeit in den Jukeboxen der Dorfkneipen rauf und runter lief. Man konnte so schön zu vorgerückter Stunde sein Bierglas schwenken, den Inhalt verschütten und den köstlich sinnigen und Klischees bedienenden Text mitgrölen:
»[…]
Elvira, Elvira
My heart's on fire for Elvira
[…] «


Ob jung oder alt, die Musik passte einfach, und wenn es nicht bereits bei »Elweira, Elweira, mei haarts on feija for Elweira« den Mitmach-Höhepunkt gab, dann auf alle Fälle beim Einsetzen der Bassstimme und den Worten »Giddy up a Oom Poppa Oom Poppa Mow Mow«.
Ja, für Stimmung konnten sie sorgen, mit ihrer leichten Countrymusik, die stellenweise immer noch eine Spur des alten Gospel-Erbes enthielt und ansonsten gekonnt in Richtung Pop und leichtem Rock schielte. Nicht zuletzt durch die vier Gesangsstimmen war das Dargebotene sehr gut verdaulich. Nicht gut verdaulich war wohl die Optik des Mannes, der 1964 als erster der Vier zur bis heute gültigen Besetzung stieß. Zu dick, ungepflegt, zu starrsinnig (sicher der Hauptgrund) - das war den anderen drei zu viel und sie ersetzten William Lee Golden durch Steve Sanders, einen Musiker ihrer Begleitband. Für zehn Jahre, dann kam William zurück und die Band hatte wieder ihr optisches Markenzeichen: den langen Bart William Lee Goldens.
Im nun 40-jährigen Jubiläum dieses Line-ups passierte das, was sich die Fans schon sehr lange wünschen: Nach dem einzigen (!) Livealbum der Band aus dem Jahr 1977 liegt mit "Boys Night Out" nun Nummer zwei, bestehend aus 14 Tracks ihrer größten Hits (allesamt Nummer 1-Hits), vor. Eigentlich unverständlich, dass das so lange dauerte. Selbst die Gruppe weiß nicht genau warum und schiebt es auf Projekte, die jedesmal dazwischen kamen.
Die Auswahl der Songs ist als gelungen zu bezeichnen - neben locker-flockigen Schunklern wie z. B. "You're The One", Y'all Come Back Saloon" oder "(I'm Settin') Fancy Free", gibt es gemäßigt Trabendes (u. a. "Sail Away", "Dream On") und Ruhiges ("Make My Life With You", "Thank God For Kids"). Da jeder Stück ein Chartstürmer war, sind keine Ausfälle zu verzeichnen. Alles, was eine Platte dieser Stilgattung braucht, ist vorhanden, so natürlich auch die unverzichtbare Lap Steel. Markenzeichen ist und bleibt aber der Gesang des Quartetts. Perfekt aufeinander abgestimmt, ist es eine Freude, den Vokalisten zuzuhören.

Natürlich sind die Oak Ridge Boys keine Outlaws. Natürlich sitzen vor meinem geistigen Auge Familien aller Altersklassen und hören diese amerikanische Musik. Sie müssen sich nicht über provozierende Texte aufregen, sie hören 'ihr' Amerika, wie sich das gehört. Und ja, vielleicht ist es ja bei einer der nächsten BBQ-Sessions wieder so, dass Bier verschütt geht ...
Line-up:
Richard Sterban (vocals)
William Lee Golden (vocals)
Duane Allen (vocals)
Joe Bonsall

Backing Band:
Don Carr
Jeff Douglas
Ron Fairchild
Chris Golden
Scotty Simpson
Rex Wiseman
Tracklist
01:You're The One
02:American Made
03:(I'm Settin') Fancy Free
04:Love Song
05:Y'all Come Back Saloon
06:Sail Away
07:Dream On
08:This Crazy Love
09:Trying To Love Two Women
10:Come On In
11:Make My Life With You
12:Thank God For Kids
13:Elvira
14:Bobbie Sue
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