Oddjobmen / Johnny Screams Juggernaut
Johnny Screams Juggernaut Spielzeit: 62:34
Medium: CD
Label: Setalight, 2014
Stil: Stoner Rock

Review vom 24.06.2014


René Francke
Oddjobmen, frei übersetzt die Hilfskräfte, die Gelegenheitsjobber, oder - wie manche anachronistischen Seelen zu sagen pflegen - die Kalfaktoren, sind eine Berliner Stoner Rock-Combo, bestehend aus vier wahrhaftigen Alleskönnern. Da haben wir zum einen die beiden Griffbrettmeister Andreas Voland (Bass) und Behrang Alavi (Gitarre) von Samavayo, und zum anderen den Drummer Jochen Roeder sowie das Multitalent Nico Kozik (Gesang, Gitarre, Bass und Keyboard), der bereits den Ensembles Gods Of Blitz, Sissies, Payola, Hutchinson und Rotor eine gewaltige Stimme verliehen hat.
Auf ihrer Facebook-Seite beschreibt sich die Band voller Selbstironie mit den Worten: »Oddjobmen are odd enuff to do their thing without asking too much about how odd is....they are lovers, rhythm and drone, stoner. well they are working hard and they are spitting out their first out of three e.p.´s called "hook, line and sinker" ...and this fellow includes about 4,538 to 5,873 songs. yeah- you are right ....it´s only rock´n´roll, but you will like it.« Herrgott noch eins! Ja! Recht haben sie!
Der Titel ihres ersten Albums "Johnny Screams Juggernaut" ('Juggernaut' ist eine unaufhaltsame Kraft, die alles vernichtet, was sich ihr in den Weg stellt) ist Programm: Wie eine zischende Dampfwalze plättet dieses Werk aus Stoner Rock, Alternative Rock und Grunge alles in Hörreichweite. Einem pfundigen Rhythm And Drone-Ungeheuer gleich rumpelt und pumpelt diese gebirgsgroße Dampframme durch die Boxen, um anschließend die Härchen im Innenohr des Zuhörers glatt zu bügeln.
Zu Beginn ertönt ein unheilvolles Dröhnen mit Kirchenläuten - nein: Dies ist nicht "Hells Bells" von AC/DC, dies ist "Ahab", das unheilvolle Intro von "Johnny Screams Juggernaut". Der eigentliche Opener "Flatiron/Gathering" beginnt noch sehr verhalten und frei von jeglicher Überheblichkeit. Dann setzt ein galoppierender Rhythmus ein, der den Song wie eine wilde Queens Of The Stone Age-Nummer kräftig vorantreibt. Überhaupt: Die Parallelen zu den Fürsten des Stoner Rock hinsichtlich der Songstrukturen und des Gesangs sind besonders im ersten und letzten Albumdrittel verblüffend. Man höre sich nur mal die Singelauskopplung "Havoc Love" an. Ich musste dabei unweigerlich an "Go With The Flow" vom QOTSA-Album "Songs For The Deaf" denken.
Bei Track drei stürzen sich die Jungs von Oddjobmen in einen derart schwungvollen Stone-Rocker, dass er direkt aus dem Reich der Finsternis zu stammen scheint: "Aint't The Devil Happy?" mit seinen fetzig-quirligen Riffs macht mit Sicherheit nicht nur den Teufel glücklich, sondern bringt die ganze Hölle zum Tanzen. Der Doppelschlag "Breathin' Out" und "Cummerbund" vermischt Desert- und Blues Rock zu einem hochprozentigen Stoner Rock-Cocktail. Letztgenanntes Stück schleppt sich wie ein angeschossener Kojote durch die trockene Steppe, in jedem Moment kurz davor völlig zusammenzubrechen, was wohl hier dem überraschenderweise unterdurchschnittlichen Gesang von Kozik geschuldet ist.
Doch es gibt auch Stücke auf dieser Scheibe, die sich an ganz anderen Genres als dem Stoner Rock bedienen und gerade deswegen dieses Album so hörenswert machen. Da wäre zum einen "Hopefully Yearnin'", ein sehr ruhiges, nahezu paralysierendes Stück, das vollkommen ohne Schlagzeug und sonstige Percussion auskommt und in seinen ersten drei Minuten auch ein bisschen an die Musik von Air erinnert, um dann schlagartig mit einer groovenden Orgelfigur in ein fulminantes Instrumental-Finale zu münden. Oder die fantastisch gelungene Coverversion vom Ideal-Stück "Erschießen", das hier in der Gestalt einer entzückenden Punk Rock-Keule geschwungen wird. Bei der Folk-Ballade "People Just Love To Shoot The Messenger" huldigen Oddjobmen bewusst oder unbewusst die Musik von The Band und Tracy Chapman. Doch am Ende spielen sich Oddjobmen in der achteinhalbminütigen Klanghydra "Walking With Elephants" wieder in einen infernalen Rhythm And Drone-Rausch allererster Güte.
Wer gerne verschrobenen, dreckig-dissonanten Gitarren lauscht, während schleppend-scheppernde Schlagzeugteile herumwirbeln und groovige Bässe poltern, kommt an "Johnny Screams Juggernaut" nicht vorbei. Es macht einfach einen Heidenspaß, dieser freigeistigen Kapelle aus der Hauptstadt zuzuhören, die sich nicht zu schade ist, mit ihren musikalischen Freiheiten zu experimentieren und dadurch eine abwechslungsreiche und vor Ideen strotzende Scheibe vorzulegen. Fast jeder der 13 Songs besteht scheinbar aus jeweils zwei oder mehr musikalischen Grundthemen, die geschickt miteinander in Verbindung gesetzt werden. Wer glaubt, dass Oddjobmen dadurch schnell der wohltönende Faden abhanden kommt, der irrt gewaltig, denn die Band verliert sich nicht annähernd in eintönigen Jam-Sessions, minutenlangen Gitarrenfrickeleien oder dergleichen. Allenfalls das experimentelle Schlussstück "Dones-Gently Glidin' Through Battery Park", das nach zweiminütiger Pause noch einen schrillen Elektro-Track hervorzaubert ("Gehirn-Stürm" von Die Ärzte lässt grüßen), wirft ein mittelgroßes Fragezeichen bei mir auf. Wenn Oddjobmen so weiter machen, wird ihre Leidenschaft zur Musik kein Gelegenheitsjob bleiben, sondern sich zu ihrem Fulltime-Job entwickeln.
Line-up:
Nico Kozik (vocals, guitar, bass, keys)
Andreas Voland (bass)
Jochen Roeder (drums, keys)
Behrang Alavi (guitar, bass, drums, vocals)

Additional musicians:
Christoph Doletschek (drums - #5,11)
Klaas "Doc" Voss (guitar, backing vocals - #12)
Tracklist
01:Ahab
02:Flatiron/Gathering
03:Ain't The Devil Happy?
04:The Day Marvel Man Got Shot
05:Some Got Lost In The Desert
06:Sugartown
07:Breathin' Out
08:Cummerbund
09:Havoc Love
10:Hopefully Yearnin'
11:Erschießen
12:People Just Love To Shoot The Messenger
13:Walking With Elephants
14:Dones-Gently Glidin' Through Battery Park
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