Ogre: "The Last Neanderthal". Das bringt mich auf den Gedanken, ob die Sagengestalt Oger vielleicht auf den überlieferten Vorstellungen von Neandertalern basiert. Nein, grün müssen Oger nicht zwangsläufig sein, das war nur bei Shrek so. Aber plump, stark, aggressiv - das würde passen, die Körpergröße (Oger sollen riesig sein) könnte eine Fehlinterpretation von kräftigen gefundenen Knochen sein.
Doch das ist alles Spekulation. Sicher ist jedoch, dass in Maine eine Band namens Ogre gegründet wurde, die sich thematisch mit Urzeitmenschen auseinandersetzt. So hieß schon das 2003er Debüt "Dawn Of The Proto-Man". Auf der "Seven Hells" von 2006 wurde das Thema wieder aufgegriffen, ebenso auf "Plague Of The Planet" von 2008.
2009 lösten sich Ogre vorübergehend auf, trafen sich 2012 für einen Reunion-Gig. Die eigentliche Reunion fand 2013 statt. Von 2007 bis 2008 waren Will Broadbent und Ross Markonish vorübergehend live mit den Blood Farmers unterwegs.
2014 gibt es nun endlich eine neue Scheibe der drei Oger aus Portland: "The Last Neanderthal".
Nach einem kurzen Intro geht es mit dem zweiten Song "Nine Princes In Amber" (wem dieser Titel irgendwie bekannt vorkommt: Ja, wurde inspiriert von dem gleichnamigen Buch von Roger Zelazny) relativ flott los.
Was mich anfangs etwas irritiert, ist die Stimme. In Gedanken an Oger (die Sagengestalt) hatte ich wohl etwas anderes, Tieferes, Finstereres erwartet. Wobei die leicht quäkende Stimme für eine u. a. von Black Sabbath inspirierte Band nichts Ungewöhnliches und durchaus etwas Passendes ist. Ja, die Birminghamer sind sicher ein großer Einfluss für die Drei aus Maine. Deren Musik bewegt sich nämlich irgendwie zwischen 70er (Hard) Rock und Doom Metal.
Letzteres prägt den nächsten Track: "Bad Trip" ist halb so schnell und dafür doppelt so lang wie der vorherige. Im Mittelteil wird es stellenweise sogar ganz ruhig, dann wieder flotter, die Tempowechsel machen die Sache interessant, feiner Doom, der etwas an Saint Vitus erinnert.
Weil sie es wohl so schön fanden, ist auch "Son Of Sisyphus" in diesem Schema. Das wird mit "Soulless Woman" anders. Dabei handelt es sich nämlich um eine Coverversion von anderen Ogern, nämlich Ogre aus Idaho, einer 70er Rock Band. Wobei das Stück zwar einen Kontrastpunkt setzt, sich jedoch gut einfügt, denn auch Ogre (die aus Maine) verarbeiten Einflüsse aus jenem Jahrzehnt. Die spürt man vor allem, wenn die Musik etwas abgedrehter wird.
Nach der rockigen Auflockerung durch die Fremdkomposition setzt "Warpath" zunächst ebenfalls auf Riffs und Gitarrenleads, um dann melodisch auszuklingen.
Gegen Ende der Scheibe regiert wieder die Zeitlupe im Neandertal. Das kurze Instrumental "White Plume Mountain" versprüht Western-Atmosphäre (ja, wirklich) - passt schon irgendwie nachdem vorher die Abenaki auf dem Kriegspfad waren. Der Einsiedler schließlich ("The Hermit") sucht nach mystisch-sphärischen Erfahrungen, findet unter anderem tolle Gitarrenharmonien und spacige Elemente, leidet mit etwas gequältem Gesang, durchlebt so verschiedene Emotionen - und die Hörer begleiten ihn auf seinem elfminütigem Trip.
"The Last Neanderthal" bietet uns nicht nur eine Reise in die Zeit der Höhlenmalerei, sondern auch Touren in verschiedene Welten (von Fantasy bis Indianer), präsentiert mit unterschiedlichen musikalischen Einflüssen von 70er Rock bis Doom Metal und noch mehr. Wer das interessant findet, folge in diesem Fall nicht dem weißen Kaninchen, sondern den drei Ogern.
Line-up:
Ed Cunningham (vocals, bass)
Ross Markonish (guitars)
Will Broadbent (drums)
Tracklist |
01:Shadow Earth (0:46)
02:Nine Princes In Amber (4:17)
03:Bad Trip (8:16)
04:Son Of Sisyphus (7:20)
05:Soulless Woman [Ogre cover] (5:16)
06:Warpath (8:28)
07:White Plume Mountain (2:20)
08:The Hermit (11:00) |
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