Öresund Space Collective / Same
Öresund Space Collective
Das ist doch mal ein sagenhaftes Öresund Space Collective-Coverartwork. Was ist schöner als die Realität, insbesondere wenn sie vom Hubble Space Telescope fotografiert wurde? Die Vorder- sowie die Rückseite des Albums zieren Aufnahmen des planetarischen Nebels NGC 6543. Er wird auch als Katzenaugen-Nebel bezeichnet. NGS 6543 hat allerdings wenig katziges oder planetares an sich. Vielmehr ist ein planetarischer Nebel ein Stern in einem sehr fortgeschrittenen Existenzstadium. Das normale 'Wasserstoffbrennen' ist zum erliegen gekommen und es entstehen bereits schwerere Elemente. Insbesondere die Schichten, in denen die Heliumfusion stattfindet, dehnen sich mit großer Geschwindigkeit aus und werfen Material in den Weltraum. Wie eindrucksvoll und komplex die Natur aus sich heraus Strukturen erschaffen kann, zeigen die Bilder.
Passend zu den Fotos ist der Inhalt. Öresund Space Collective nimmt uns mit auf eine Reise in die Tiefen des Universums. Sie ist natürlich fast gänzlich instrumental und zeigt die schönsten Facetten der 'Elektronischen Musik'. Die Arrangements leuchten meiner Ansicht nach vor allem die kosmologisch-wissenschaftliche Seite der New-Age Musik aus und weniger die sonst auch so oft vorkommenden pseudopsychologisch-esoterischen Dimensionen dieses Genres.
Dafür sind zuerst einmal die typisch 'spacigen' Synthesizersounds verantwortlich. Sie heulen und pulsieren eher wie Hyperraummotoren oder biologisch-kybernetische Umformerbänke, als das sie durch LSD indizierte Mindtrips begleiten sollen, mitten hinein in die wabernden Sphären der hollistischen Schöpfung.
War ein schwerer Satz - wiederholen Sie doch mal ohne nachzulesen. :-)
Im Ernst, man fühlt sich der 'Space-Night' des 'Bayrischen Rundfunks' näher, als dem von einer verbissen-lässigen Endvierzigerin mit doppelten Vor- und Nachnamen geleiteten Volkshochschul-Yoga Kursus.
Verstärkt werden die Assoziationen durch die bodenständige Rhythmusarbeit der Schlagzeugsektion. Es werden pfiffige Takte getrommelt, die keinen Augenblick lang einschläfernd wirken.
Getrost kann man bei Songs wie "Falling Stardrops" oder "Moonhead" (was das im Einzelnen auch immer sein soll) den Alltag vergessen, sich zurücklehnen und in einem Astronomiebildband blättern. Manche werden diese Scheibe trotz der beschriebenen Assoziationen wohl auch als Einschlafhilfe nutzen. Aber wie auch immer die Songs bei euch wirken werden - sie haben eine Chance verdient. Alle Musikfans, die auch mal ohne Gitarrengeschrabbel und E-Bass-Geblubber auskommen und sogar mal auf das Gekreische geknechteter Frontleute verzichten können, machen mit dem Album nichts falsch. Apropos Gitarre - die gibt es auch und zwar in ihrer Eigenschaft als sanfte Melodieträgerin. Diese Art von Sternenmusik ist zeitlos und auch irgendwie Stil integrierend. Anleihen an die 70'er Jahre sind genauso zu entdecken wie leichte jazzige Einflüsse - nicht erschrecken, liebe Astronauten, sie sind wirklich nur so eben angedeutet. Die (Space)-rockigen Elemente sind immer noch in der Überzahl.
Als Anspieltipp kann gleich der Opener "Faked It All The Way" ausprobiert werden. Er ist übrigens mein Favorit von Öresund Space Collective. Er entführt den Musikfan sofort in den interstellaren Raum und lässt ihn Dinge sehen, wie Forschungsflotten bei den Gürtelsternen des Orion und Pulsare, die einsam zwischen den Spiralarmen unserer Milchstraße ihre Bahnen ziehen und dabei ihr trauriges 'Piep-Piep-Piep-Piep' aussenden. Die Nummer zeigt den Synthesizer mit seinem ganzen kreativen Potenzial. Die Bassfrequenzen bilden dabei die interstellare Materie, die von harmonischen Melodie- und Rhythmusfacetten ionisiert und erleuchtet wird.
Hach, ich gerate schon wieder ins Schwärmen!
Alleine 2 der 7 Songs auf dem Diskusschiff sind länger als 15 Minuten, wobei eine weitere Nummer mit 14:51 an der Viertelstundengrenze kratzt.
Ab in die Stasiskammer, um auf die Reise zu den Sternen auch richtig vorbereitet zu sein. Geschmückt wird das Raumschiff "Öresund Space Collective" mit 8 RockTimes-Uhren an den Sensorenphalangen.
Spielzeit: 69:47, Medium: CD, Record Heaven, 2006
1:Faked It All The Way 2:Consumed By The Goblin 3:ÖSC Bolero 4:Falling Stardrops 5:Grab A Cab 6:Moonhead 7:Sundown
Olli "Wahn" Wirtz, 06.02.2006