Schlägt man den Namen Ortega bei Wikipedia nach, so erhält man über vierzig Einträge vom Fußballspieler über Jazzmusiker zu Weinrebensorten bis hin zu dem Kastilischen Juan de Ortega. Letzterer war auch der erste, den ich mit Ortega verbunden hatte.
Allerdings haben die Niederländer wohl nichts mit diesem zu schaffen, oder doch???
Noch kryptischer ist es mit dem Plattentitel der Holländer, nämlich "1634".
Die CD "1634" von Ortega erzählt die Geschichte eines Schäfers, der an der spanischen Küste strandet und versucht, sich daran zu erinnern, was ihm da (auf See) widerfahren ist. Jedes Lied behandelt eine Erinnerung an einen wichtigen Augenblick seiner Geschichte.
In jenem Jahr ereignete sich auch die Burchardiflut oder Zweite Grote Mandränke ('Große Mann-Tränkung'). Es war eine verheerende Sturmflut, die in der Nacht vom 11. auf den 12. Oktober 1634 die Nordseeküste zwischen Ribe und Brunsbüttel verwüstete. Ihr fielen zwischen 8.000 und 15.000 Menschen zum Opfer. Die schwersten Schäden entstanden im Bereich Nordfriesland, wo Wasser und Wind insbesondere Eiderstedt verheerten und große Teile der Insel Alt-Nordstrand für immer im Meer versanken.
Puh, starker Tobak. Zumindest textlich. Es freut mich immer wieder, wenn Bands sich auf die Fahnen schreiben, den Hörer nicht nur mit billigen Texten über Satan und Deibel zu unterhalten, (was ja auch ganz nett ist), sondern sich richtig Mühe geben und spannende Konzepte ausbaldowern, die auch mal die grauen Zellen fordern. Zumindest mir macht es enormen Spaß, solche Texte zu lesen und nicht zum dreitausensten Male von irgendwelchen Jungspunden, die in den Achtzigern noch Rückenmarksflüssigkeit waren, etwas über den Kalten Krieg und ähnliches vorgesabbelt zu bekommen.
Hier haben Ortega schon mal die Nase vorne!
Musikalisch ist man jetzt nicht ganz so innovativ, gut, muss ja nicht gleich ein ganzes Musikgenre dazu erfunden werden.
Die Jungs pendeln ganz grob zwischen Doom, Sludge und Death hin und her.
So, wer jetzt immer noch mitliest, dem werden Bands wie Neurosis oder auch Ahab gut die Gehörgänge hinabflutschen. Denn beide Bands sind irgendwie auf diesem Silberling zu erahnen. Einerseits das Kaputte der Amerikaner, andererseits die Stimmung und die oftmals ruhigen Passagen wie die Deutschen es zelebrieren.
Besonders deren letztes Album "The Giant" hat auf "1634" wohl großen Einfluss gehabt. Insbesondere im Abschluss-Track ("The Oracle") kommen die deutschen Seefahrer groß zur Geltung. Soll mir recht sein, es gibt Schlechteres.
Aber auch der Rest des Plastiktellers hat es faustdick hinter den Wanten, ähm, Ohren. Mir ist kein einziger Filler oder schwacher Song auf der guten dreiviertel Stunde begegnet!
Im Gegenteil, diese Scheibe wirkt selbst wie eine Sturmflut. Langsam bauen sich die Wellen auf. Noch ruhig und verhalten am Anfang, so werden schon ab dem zweiten Song die Strömungen immer finsterer, hinterhältiger und gemeiner. Alles ist aufbrausend. Die Riffs wildern oftmals in doomigen Gefilden, während der Gesang die Verzweiflung des Schäfers mit passender Grunz/Brüll-Stimme beschwört.
Oftmals sind aber sehr ruhige Parts anzutreffen, in denen teilweise eine Violine die Melodien übernimmt. Es wird also nicht nur geschrammelt und geballert, nein, gerade die stillen, oft mit Meeresrauschen unterlegten Momente sind die Highlights auf diesem Longplayer, die oftmals mit harschen Harmonien ihr Ende finden und einen in den Abgrund der Tiefsee hinabziehen!
Für dieses Seemannsgarn kann ich definitiv eine Kaufempfehlung attestieren. Eine richtig tolle Scheibe!
Line-up:
Richard Postma (vocals, guitar)
Alex Loots (guitar)
Sven Jurgens (drums)
Frank de Boer (bass)
Tracklist |
01:Still (2:48)
02:Into The Waves (7:39)
03:Shipwrecked (6:06)
04:The Siren (7:27)
05:Octagon (6:06)
06:Chaser (5:37)
07:The Oracle (7:59)
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