Man nehme ein Trio aus Atlanta, Georgia.
Man kucke ins Booklet und lese, dass Gitarrist Sam Holt Toy Caldwell und Tommy Caldwell ( Marshall Tucker Band) sowie Widespread Panic dankt.
Weiterhin lese man, dass Jo Jo Hermann ( Widespread Panic -Keyboarder) das Album produziert hat.
Nicht nur das: er ist, wie WSP -Kollege Domingo Ortiz, als Gastmusiker mit an Bord.
All das treibt die Spannung, die sich vor dem ersten Hördurchgang so langsam breit macht ins fast Unerträgliche und deshalb: Schublade auf, CD einwerfen, Play drücken und Volume auf eine nachbarschaftskriegauslösende Stellung justieren.
Gute Laune verbreitend, gallopiert ein Countryjamrocker ins Wohnzimmer. Harmonische Vocals (neben Sam steht auch Basser Grady Upchurch als Leadsänger im Booklet), lässige Southern-Rock Gitarrenriffs.
Und auch die nächste Nummer ist goovender Country-Jam der Marke Pure Praerie League, gewürzt mit Pedal Steel Einlagen durch Gastmusiker Dave Cone und als Highlight erinnert der Gesang an eine Mischung aus Neil Young und Jerry Garcia. Ganz herrlich!!
"Stone In My Shoe" verlässt die Country Gefilde, brilliert wieder durch mehrstimmige Vocals, wird stellenweise durch 'härtere' SR-Riffs sehr gitarrenbetont, jammt lässig, wird stellenweise very heavy und ist mit fünf Minuten eindeutig zu kurz!
Jammig geht es weiter, ja mehr noch: "90" groovt in bester Marshall Tucker Band Manier, könnte aber durchaus auch auf einer 'unbekannten' Grateful Dead Scheibe untergekommen sein, zumindest dann, wenn diese eingestreuten Riffs etwas 'weicher' ausgefallen wären.
Ruhig und mit leckerem Keyboard'geklimpere', einer Stimme wie ein junger Neil Young präsentiert sich "Brand New" nicht ohne ab und an ein kurzes SR-Riff einzustreuen.
Und yeah, "Can't Change The Past" gallopiert wieder ungezügelt durch die Prärie. Man kann die mehrstimmigen Vocals nur als absolut gelungen und ganz herrlich bezeichnen. Herrlich auch die Breaks, die Gitarrensoli. Ja, das ist ne Nummer, die mangels Pferd und Reitkünsten Lust macht, beim nächsten Harley-Verleiher ein paar Teuros zu investieren und die Haare vom warmen Sommerwind durchpusten zu lassen. Country-Jam at it's best, geschrieben vom leider viel zu früh verstorbenen WSP-Gitarristen Michael Houser.
Aus dem bisherigen Rahmen fällt "Bout My Money". Nicht negativ, wohlgemerkt. Spanische Wortfetzen und Wah-Wah Gebrabbel starten ne groovige, fast funkige Nummer, immer wieder durch traumhafte Gitarrenlines auf die Spur gebracht.
Was jetzt folgt ist absoluter Psycho-Jam: "Center Stage" ist 'Der' Song, den oben genannter Harley-Fahrer hören würde, wäre der Ritt auf dem Brabbelmonster dumm ausgegangen und der Narkosearzt täte seine Mittelchen injizieren.
Spärisch, rein instrumental und wie von einem anderen (Album)-Stern - und schön!
Da ist sie wieder, die an das Y in CSN&Y erinnernde Stimme; Kokettierend mit einem fast 'schaukelndem' Instrumentarium. Geniales Songwriting und Timing, Breaks, wie sie spannender kaum kommen können, Gitarrenlicks zum Freudentränentuch auspacken - kurzum: Goil, goil, goil dieses "Hey".
Aber es kommt noch besser:
Es war einmal ein junger Mann, dessen Haupt zierten mehr Haare als alle RockTimes-Redakteure und -Innen heute vom Friseur durchwühlen lassen. Das war die Zeit als es in Deutschland noch eine 'SPD' gab, die diesen Namen verdiente und man zum Abdriften noch deutsche Musik hören konnte und es diese geile Mucke massenhaft gab.
Krautrock nannte man das und wenn ich die Übernummer "Long Lonely Road" höre, dann überläuft es mich: Jane meets Atlantis. Das Wechselpiel der Gitarrenläufe mit dem Keyboard, dieser leicht klagende Gesang und die Gitarrenorgie, die nach viereinhalb Minuten einsetzt.... Ass kickin'!
Vogelgezwitscher, One more time ruft jemand, bisschen Musik 'ganz weit hinten', Geräusche im Vordergrund und der Track ist zu Ende
Was für eine Platte.
Was für ein Album.
Zum einen sind die Jungs fähig, Jamrock vom wirklich Allerfeinsten zu zelebrieren und auf der anderen Seite kommt dann Psychedelisches längst vergangener Zeiten zum Zuge. Das können - oder besser gesagt - machen nicht viele.
Ich möchte diese Scheibe nicht mehr missen. So einfach ist mein Fazit, Outformation betreffend.
Punkt.
Spielzeit: 48:57, Medium: CD, Eigenvertrieb, 2005
1:Game On 2:Tennessee Before daylight 3:Stone In My Shoe 4:90 5:Brand New 6:Can't Change The Past 7:'Bout My Money 8:Center Stage 9:Hey 10:Long Lonely Road
Ulli Heiser, 26.07.2005
|