Paddy Murphy/ Coffin Ship
Coffin Ship Spielzeit: 38:20
Medium: CD
Label: ATS Records/BR7 Music, 2015
Stil: Irish Speed Folk/-Rock


Review vom 20.02.2015


Steve Braun
Auch nach 45 Jahren Sammelleidenschaft muss man sich gelegentlich kräftig die Augen reiben und sich fragen, ob man diesen noch trauen kann. DAS soll eine oberösterreichische Band sein, aus der Heimat des GröFaZ? Die hier zu besprechende Musik klingt viel eher nach Donegan County (ihr wisst schon: Clannad) als nach Steyr.
Auf welche wundersame Weise sich das Erbgut irischer Auswanderer in die DNA der Musiker von Paddy Murphy geschlichen haben mag, darüber ließe sich wild spekulieren. Tatsache ist aber, dass in ihren Adern Guinness statt Veltliner fließt... die Stimmen schnarren, sogar das R rrrrollt authentisch über die Zunge... irischer kann Folk nun wirklich nicht klingen!
Als »Irish Speed Folk Rock« bezeichnet das Quintett überaus trefflich sein musikalisches Blending, denn zumeist wird gewaltig aufs Gaspedal gedrückt. Da grinst dann schon mal der Folk Punk der Pogues ("If Ever I Will See") frech um die Ecke, während andernorts fröhlich-feiste Shanties und Sauflieder à la Alestorm ("Drink And Go To Hell") rausgehauen werden. Doch auch die besinnlichen Momente werden auf "Coffin Sip" keinesfalls vernachlässigt, wenn die bereits angesprochenen Clannad ("Sailing Home For Christmas") oder gar die Dubliners ("True Friendship") zitiert werden.
Nach der EP "Whiskey Before Breakfast" und "Dog's Dinner", dem Debüt in voller Länge, ist "Coffin Ship" Paddy Murphys dritte Veröffentlichung. Erneut bedient sich das Songwriter-Duo Höfler/Wolfsegger an eigenwilligen Interpretationen von traditionellem Liedgut. 'Punkiger' hat man "An Irish Soldier Laddie" oder "Kelly The Boy From Killane" wohl noch nie gehört. "Irish Maiden" hat sich der (wilde) Fiddler Hermann Hartl auf den Leib arrangiert und der sicher allseits bekannte "Monaghan Jig" ist genauso temporeich interpretiert wie die drei Erstgenannten.
So mitreißend der Folk bei "Coffin Ship" (Totenschiff) und "Dublin's Last Hero" auch rockt und rollt, so schön das Black Night-Zitat in "Drink And Go To Hell" glüht und dampft - wenn Paddy Murphy zu akustischen Instrumenten, zu Banjo, Mandoline, Bodhrán, Tin Whistle oder Akkordeon greifen, kommen die dramatisch-epischen, die ganz speziellen Momente auf. Deshalb zählen "Take Your Life" und "What Can I Do" zu meinen absoluten Favoriten, die bereits genannten "True Friendship" und "Sailing Home For Christmas" stehen da in nichts nach. Was böte sich als Single an? Wie wäre es mit dem Titelsong, einem echten Chartbreaker??
Schon oft konnte unsere kleine Nachbarrepublik mit musikalischen Großtaten, ganz unterschiedlicher Stilistik, glänzen. Paddy Murphy schießt aber für mich den Vogel ab. Dieser adrenalingeschwängerte Speed Folk verfügt über einkomponierte und -arrangierte Kiss-Ass- und Gute-Laune-Faktoren - ein ordentliches Maß an Trinkfestigkeit sollte man allerdings unbedingt mitbringen!
Liebe Leser, steigt dringend zu Paddy Murphys temporeichem Höllenritt auf ihr keinesfalls abgewracktes und todgeweihtes Geisterschiff ein, werft allen unnötigen Ballast und vor allem die schlechte Laune über Bord: »Kick the shit out of your brain, drink and go to hell!!«
Line-up:
Franz Höfler (lead vocals, 5-string banjo, banjo, mandolin, acoustic guitar, harp, bodhrán)
Hermann Hartl (fiddle, background vocals)
Christoph Niederhuber (guitars, background vocals)
Ingolf Wolfsegger (bass, tin whistle, background vocals)
Alexander Hewlett (drums)

Special Guests:
Gerald Höfler (accordion, autoharp)
Hans-Jürgen Bart (drums)
Tracklist
01:An Irish Soldier Laddie [trad.] (2:36)
02:If Ever I Will See (2:30)
03:Coffin Ship (3:15)
04:Take Your Life (3:37)
05:Dublin's Last Hero (2:52)
06:Monaghan Jig [trad.] (2:13)
07:Hot Girl (3:16)
08:True Friendship (3:08)
09:Drink And Go To Hell (2:23)
10:What Can I Do (3:56)
11:Irish Maiden [trad.] (2:36)
12:Kelly The Boy From Killane [trad.] (3:16)
13:Sailing Home For Christmas (3:32)
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