Pagan's Mind / Heavenly Ecstasy
Heavenly Ecstasy Spielzeit: 56:05
Medium: CD
Label: SPV/Steamhammer, 2011
Stil: Prog Metal

Review vom 24.05.2011


Jochen v. Arnim
Wenn dieser Tage der fünfte Silberling der Atheisten aus dem hohen Norwegen in die Regale kommt, dann können wir uns auf ein durchweg äußerst gelungenes Stück aus der Schmiede um Sänger Nils Rue gefasst machen. Mit *Heavenly Ecstasy* schließt Pagan's Mind nun einige Lücken, die sie mit dem zumindest in Teilen kontrovers diskutierten und vor gut vier Jahren erschienenen Album "God’s Equation" gerissen haben, nicht ohne auf der gesamten Bandbreite eine für meinen Geschmack sehr positive Weiterentwicklung offen zu legen. Sie als reine Prog-Metaller zu bezeichnen, hielte ich sowieso für zu einfach und beim Hören aller elf Songs des bei uns am 20. Mai erscheinenden Albums wird sehr deutlich, dass die fünf Jungs auch durchaus weiter nach rechts und links gucken. Sie waren ja schon immer dafür bekannt, unterschiedliche Stilelemente miteinander zu verknüpfen – und das nicht ohne Erfolg, aber hinterlassen damit die Schwierigkeit, ihnen einen eindeutigen Stempel aufzudrücken.
Das sehr kurze Intro des Albums, "Contact", ist kaum als eigenständiger Song zu werten und zeigt direkt, wo die Reise hingehen wird. Ein wenig Doom und orchestraler Prog sowie, abrupter Break: "Eyes Of Fire" folgt an zweiter Stelle und wechselt ständig zwischen den Stilen hin her, getragen von dem allgegenwärtigen Organ des Shouters Rue, der uns bis in die guten Eighties-AOR-Zeiten zurückträgt. Nummer Drei, "Intermission", driftet an einigen Stellen – positiv – fast ins hymnenhafte ab und gibt uns zwischendurch etwas Raum für die schnelle Gitarre Jorn Viggo Lofstads, untermalt vom ständig hämmernden Bass Steinar Krokmos und den Fellen des Schlagwerkers Stian Kristoffersen – nicht zu vergessen die Tasten Ronny Tegners.
Beim etwas düsteren "Into The Aftermath" muss man mehrmals hinhören, um sich nicht von
Ozzy Osbourne verschaukelt zu fühlen. Rues stimmliche Variabilität nimmt in diesem basslastigen Stück unerwartete Formen an. Wer dann "Walk Away In Silence" hört, fühlt sich wieder etwas zurückversetzt in Zeiten, als man noch Alben um der Alben Willen produzierte. Wunderbare Gitarre, schön getragener Gesang und treibende Drums – mein Favorit. Das lange Stück "Revelation To The End" – nomen est omen – ist in der Tat eine Offenbarung. Nach einem kurzen Intro, das sehr schön Spannung aufbaut, finden wir uns in einer Mischung aus einem Wechselspiel zwischen Keyboard und Gesang in höheren Tonlagen sowie schnellen Gitarrenläufen wieder. Alle, aber auch wirklich alle Stilrichtungen des gesamten Albums, und wohl noch ein paar mehr, finden wir hier vereint. Vom düsteren Doom über AOR bis hin zu fast ein wenig Pop kommt alles auf den Tisch. Mutig, mutig! Da sind tolle Sequenzen mit sehr schönen Harmonien zu finden, kleine Soli und zwischendurch immer wieder ein fast schmerzhafter Bass.
Auch nach mehrfachem Hören konnte ich bislang mit dem folgenden "Follow Your Way" nur bedingt warm werden. Schon das Synthie-Intro passt nicht so recht in meine Welt und auch die im weiteren Verlauf zu hörenden Stilwechsel sind mir zu wirr. ABER: Ich kann mir trotz alledem sehr gut vorstellen, dass es den Geschmack so einiger Fans dennoch voll trifft. UND: Der Sound ist auch hier, wie bei der gesamten Scheibe, durchgängig glasklar und höchst anspruchsvoll abgemischt. Da war in der Tat kein Stümper am Werk!
"Live Your Life Like A Dream" bringt uns wieder etwas runter, die Schlagzahl entspricht eher einer guten alten Rock-Ballade, der Titel sowieso und Jorn Viggo Lofstad lässt die Saiten wunderbar klingen. Was dann folgt, war im Grunde klar, die Schlagzahl potenziert sich bei dem eher düster anmutenden "The Master’s Voice" sequentiell um ein Vielfaches. Was aber auch dieses Stück immer wieder besonders macht, ist das erprobte Wechselspiel zwischen dem virtuosen Gesang und den Keyboards. Kurze schnelle Gitarrenläufe lockern das Bild zusätzlich auf.
Bevor wir dann mit "Never Walk Alone" den letzten Song der Scheibe genießen dürfen, gibt es noch eine kurze Ballade mit dem Titel "Angels Unite". Das Wörtchen 'genießen' ist durchaus bewusst gewählt, denn es bringt dieses durch und durch runde und gelungene Album zu einem passenden Ende. Die fünf 'norsken' Mannen haben einmal mehr bewiesen, dass sie mit ihrem Spielvermögen und ihrem Sinn für das passende Einflechten anderer Stilelemente in die üblichen Prog Metal-Töne Werke erschaffen können, die alles andere als 'üblich' sind. Und um noch einmal auf den vorgenannten und nicht am Werk gewesenen Stümper zurückzukommen: Kein Geringerer als Stefan Glaumann hat hier ebenfalls wieder am Mixer gesessen. Er zeichnete ja auch schon für das vierte, soundtechnisch astreine Album verantwortlich.
Auch unter Berücksichtigung der Abstriche für "Follow Your Way" komme ich nicht umhin, dem Album alle Daumen nach oben zu spendieren. Ich bin mir sicher, dass Pagan's Mind es hiermit zudem auch (wieder) schaffen werden, aus anderen Ecken viele, viele Fans zu ziehen, denen der reine Prog zu einseitig ist.
Wer diesem Genre zugetan ist und es irgendwie einrichten kann, sollte wirklich versuchen, die Band bei einem der Termine der in Kürze beginnenden Minitour zu erhaschen. Die niederländischen Auftrittsorte Uden, Dokkum und Zaandam sowie das belgische As stehen für uns in erreichbarer Nähe auf dem kontinentaleuropäischen Programm.
Line-up:
Nils K. Rue (vocals)
Jorn Viggo Lofstad (guitars)
Ronny Tegner (keyboards)
Steinar Krokmo (bass)
Stian Kristoffersen (drums)
Tracklist
01:Contact
02:Eyes Of Fire
03:Intermission
04:Into The Aftermath
05:Walk Away In Silence
06:Revelation To The End
07:Follow Your Way
08:Live Your Life Like A Dream
09:The Master's Voice
10:When Angels Unite
11:Never Walk Alone
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