Bei deutschen Bands, die englischsprachige Musik machen, geht es mir häufig so, dass sich mein Gesicht schon nach wenigen Sekunden zu einer abstoßenden Grimasse verzieht, weil viele Künstler doch arg umständlich, unbeholfen oder einfach zu deutsch klingen. Und dann ist das Gefühl des Fremdschämens nicht weit. Nicht so beim Hamburger Quartett Paint Me Picasso und dessen Debüt "Bygones", das seit dem 21. Februar im Handel erhältlich ist.
2011 saßen die Jungs von Paint Me Picasso noch zusammen in Miami im Studio, um ihre erste selbstbetitelte EP aufzunehmen. Hilfe bekamen die vier studierten Musiker damals von den beiden Produzenten Chris Rodriguez, der schon mit Jennifer Lopez und Ricky Martin zusammenarbeitete, und Jeff Glixman, der bereits Künstler wie Gary Moore und Black Sabbath unterstützte. Und diese Erfahrungen hat die Musik der Hanseaten nicht nur geprägt, sondern auch reifen lassen, was man dem erfreulichen Debütalbum deutlich anhört.
Präsentiert wird darauf moderner, treibender (Alternative) Rock mit vielschichtigen Popspielereien. Besonders die beiden Eingangsstücke sind erwähnenswert: Da ist zum einen der treibend-brachiale Opener "Masquerade", bei dem mir sofort die amerikanische Pop Punk-Band Fall Out Boy in den Sinn kommt. Das liegt vor allem an Sänger Cans Timbre, das munter zwischen poppig-hämmernd und flehend-schreiend wechselt und das im Laufe des Albums immer wieder durch passende hohe Tonpassagen auffrischend wirkt. Und zum anderen das darauffolgende Stück "Can't Let Go", in dem das Quartett mitreißende, an Klassikmusik erinnernde Riffs und ein wunderbar rockiges Gitarrensolo eingebaut hat.
Ein paar Durchhänger gibt es auf dem Album aber leider auch: Das progressive "Land Of Plenty" hofft vergeblich, mit seinem druckvollen Refrain, der zwar in seinen tempohalbierenden Momenten glänzt, die schwach vorgetragenen Strophen wettzumachen. Auch der elektronische Klotz "Shadows" kann nicht überzeugen. "Rain" ertrinkt in bombastischer Produktionsschwerfälligkeit. Das eingängige "The Right Sparkle" wiederum ist musikalisch solider und qualitativ stärker produziert. Und das wuchtige "The Air" mit seinem galoppierenden Stakkato-Solo sucht entschlossen nach musikalischer Eigenständigkeit. Zwar könnte "Shoot Yourself" genau in der Form auch 1:1 von Fall Out Boy stammen, aber das schmissige Rocktempo im Refrain macht einfach zu viel Spaß, um dieses Stück schlecht zu reden. Das akustische "I Am Yours" schwankt zwischen toller Ballade und Schnulzenkitschnummer.
"Bygones" ist durchzogen von druck- und schwungvollen Rocksongs mit einprägsamen Popmelodien, wie der Track "Just Breathe" beweist. Originell ist die innovative Gitarrenarbeit in Stücken wie "New York Streets" und "The Mirror", in denen alles an Effekten und spielbarer Bandbreite ausprobiert wird, was geht und was diese Platte so interessant macht. Ein Plus dieser Combo ist außerdem, dass man sich nicht nur auf Cans kraftvolle, R'n'B-beeinflusste Stimme verlässt, mit der er sich besonders in "New York Streets" in allen möglichen Facetten austobt, sondern gerade in den Refrains gerne auf mehrstimmige Gesangslinien oder lebhafte Backing Vocals setzt. Daumen hoch!
Line-up:
Can Tavukcu (vocals)
Julian Neumann (guitar)
René 'Pdx' Voss (bass)
Steven Balz (drums)
Tracklist |
01:Intro
02:Masquerade
03:Can't Let Go
04:Just Breathe
05:Land Of Plenty
06:The Right Sparkle
07:New York Streets
08:Shadows
09:Interlude
10:Rain
11:The Air
12:Shoot Yourself
13:I Am Yours (Acoustic)
14:The Mirror
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