Die schöne Hansestadt Hamburg hat der deutschen Musikszene im Januar 2010 einen Senkrechtstarter beschert. Abseits des Mainstream, aber dennoch voll im Trend liegend, fand sich ein Quintett zusammen, legte sich den Namen Panama Picture zu und widmet sich dem Progressive Rock. Und so flink wie die Norddeutschen sind, dauerte es gerade mal ein Jahr, bis ihre CD "Oh, Machine" im Handel war. Parallel dazu war die Band unermüdlich auf Tour und hat fast alle deutschen Städte besucht. Nebenbei fanden noch Gigs auf diversen Festivals statt und schon war die Band in aller Munde. Natürlich wurden alle einschlägigen Musikmagazine aufmerksam und lobten, was das Zeug hielt. Nun endlich, nachdem die ersten Wogen abgeflacht sind, liegt die CD in meinen Händen und ich kann mich in Ruhe damit beschäftigen.
Auffälliges Merkmal der Scheibe selbst ist die Einprägung des Bandnamens in Blindenschrift. Welch eine gute Idee, nur wäre es noch ein wenig besser gewesen, wenn die Verantwortlichen den gleichen Druck auch für das Cover verwendet hätten. Dafür steckt im Inneren ein kleines Booklet mit den Texten der Songs, bei denen auch einmal gesungen wird. Dafür wird an Hintergrundinformationen gespart, wo sich nur sparen lässt. Der Wunsch nach der Spieldauer der einzelnen Songs ist dabei nur das Geringste. Aber genug mit dem Kritisieren, widmen wir uns lieber der Musik.
Keine Frage, die Truppe hat was auf dem Kasten und spielt ihre Musik aus dem Herzen. Leider habe ich nur das Gefühl, dass sie ihr Pulver viel zu früh auf "Oh, Machine" verschießen. Der Starter "Insomnia" ist ein Instrumentalstück, das eine sehr schöne Einleitung in die CD darstellt. Das Werk steigert sich ständig und geht während seiner Explosion reibungslos und absolut spitzenmäßig in das elf Minuten lange "Paper City" über. Und damit bin ich auch schon bei meinem Favoriten angekommen, und bei besagtem Verschießen des Pulvers. "Paper City" beginnt bombastisch und liefert mir den erhofften Wow-Effekt. Das Werk ist einfach grandios und zeigt vom ersten bis zum letzten Ton, was Panama Picture auf dem Kasten haben. Saubere Übergänge von laut zu leise, perfekte Taktwechsel, ein angenehmer Vokalteil mit zum Glück wenig Text und kleine Soli der Musiker sorgen für den besten Song des Albums. Nur, um dieses Stück zu genießen, lohnt sich der Gang in den nächsten Plattenladen.
Ich möchte nicht behaupten, dass die folgenden Tracks schlecht sind. Sie sind einfach nur etwas weniger gut als dieses Mammutstück. Die Band hätte besser daran getan, das Filet später zu servieren. So ist die Erwartungshaltung sehr groß und der Hörer ertappt sich immer dabei, die folgenden Songs mit "Paper City" zu vergleichen. Dabei hat der Rest ebenso seine Höhepunkte. "Goldfisch" beginnt sehr ruhig. Nach einer kurzen Entspannungsphase zieht die Band stark an. Wieder bieten die vielen Taktwechsel reichlich Abwechslung in dem Stück, und durch die leisen Abschnitte werde ich auf die weiteren Tracks vorbereitet. "Coal" läuft nach dem gleichen Muster ab, wobei mir das Ende dieses Songs am besten gefällt. Wieder ein Instrumental ist der schwer auszusprechende Titel "amanaplanaCanalpanama", was auch immer das übersetzt heißen mag. Da mir das aber nicht mehr aus dem Kopf geht, und ich sowas schon in einem anderen Zusammenhang gelesen habe, schlage ich doch gleich mal im Duden nach. Eine solche Wortkombination nennt sich 'Palindrom' und kann sowohl vorwärtes als auch rückwärts gelesen werden, und ergibt dabei immer den gleichen Sinn. Da hat sich doch die Band auch etwas zum Grübeln ausgedacht. Der Rhythmus ist darin sehr speziell, und wird vielleicht den einen oder anderen Hörer zum Weiterklicken verleiten. Mit einem langen Doppelschlag neigt sich die CD auch schon dem Ende entgegen.
Zwei Tracks mit jeweils über neun Minuten Länge zeigen noch einmal, dass sich Panama Picture im Genre des Prog Rock sehr wohl fühlen. "The Antikythera Mechanism" bietet die Bandbreite von melodisch soft bis heavy, wobei im Song ein ständiger Wechsel stattfindet. Der Ausklang wird durch "If She Had Known / Epilogue" vollzogen. Das Stück beginnt sehr ruhig und wie bereits in den meisten Vorangegangenen, steigert es sich bis zum letzten Ton zu einem weiteren schönen Höhepunkt. Ich bin im Ganzen begeistert und hoffe, die Band mal auf der Bühne zu erleben. Eine Empfehlung ist "Oh, Machine" auf jeden Fall, und wenn die Band in diesem Tempo weiter macht, dann werden wir noch viel Freude an ihnen haben.
Line-up:
Jannes Eschrich (drums, electronic)
Robin Helm (vocals, guitar)
Nele Backhaus (bass)
Tim Gabriel (keyboard, electronic)
Stephan Eschemann (vocals, guitar)
Tracklist |
01:Insomnia
02:Paper City
03:Goldfisch
04:Coal
05:amanaplanaCanalpanama
06:The Antikythera Mechanism
07:If She Had Known / Epilogue
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