Ein Ballett mit Panzern ist sicher eine recht schwerfällig wirkende Angelegenheit. Der Gitarrist, Komponist und Arrangeur Jan Zehrfeld ist Kopf dieser aus München stammenden Formation. 2004 gegründet und bereits ein Jahr später die erste Platte veröffentlicht, zählt die Band mittlerweile schon zu einer festen Institution im Musikgeschäft.
Von Beginn an waren die Songs eine Mischung aus eigenwilligen Interpretationen bekannter Songs und Eigenkompositionen. Für diese neue Platte wurden jedoch keine Fremdtitel aus dem Popular-Bereich, bis auf "(I've Had) The Time Of My Life", herangezogen, sondern Aufnahmen von gestandenen Jazzern.
So gibt es gleich zu Beginn den ersten Wiedererkennungsmoment: Genau, das ist jener Titel von Randy Brecker, den ich von den Brecker Brothers kenne, dieser unglaublich stark funkenden Band mit den satten und präzisen Bläsersätzen. Für diese Version ließ es sich der Komponist nicht nehmen, sein Trompetenspiel inklusive Solo zur Verfügung zu stellen. Der satte Funk des Originals bekommt hier noch eine volle Breitseite Rock zur Seite gestellt. Besonders der Gitarrist trägt dazu bei und der Drummer schlägt energische Wirbel. Alles zusammen ist der Band eine gelungene Einspielung dieses Titels gelungen. Die Verschmelzung von Rock, Jazz Rock, Fusion und Metal findet auch hier eine Neuauflage. Panzerballett hat in diesem Zusammenhang auch den Begriff 'Verkrassung' gebildet.
Schade, dass
Brecker nur bei einem Song zugegen ist - das hätte mir für die ganze Platte sehr gefallen. So obliegt es dem Saxofonisten als einzigem Bläser, diese Schiene abzudecken. Die wuchtige Kraft des Openers fehlt mir persönlich so bereits beim zweiten Stück: "Giant Steps" von
John Coltrane, wie wird das gelingen? Ehrlich gesagt, ich habe es nicht erkannt. Die vollen Breitseiten der Gitarren ermüden im Übrigen über die Laufzeit der Platte ein wenig, obwohl es originell bleibt. Der Anteil an Metal ist sicher interessant und steht nicht im Vordergrund, aber oft allein und isoliert. Denn immer dann, wenn die Gitarre zurückfährt und die restlichen Musiker mehr in den Vordergrund treten, verändert sich die Stimmung und nicht immer gelingt aus meiner Sicht eine Verschmelzung. Was mir besonders fehlt, sind klare Hooklines - Aufhänger, die mich einen Titel wiedererkennen lassen, wie eben bei "Some Skunk Funk".
Dann zum Saxofonisten, der im Verhältnis zur dominanten Gitarre dieser wenig entgegen zu setzen hat. Sein Spiel klingt oft recht 'gepflegt' und gemäßigt. Ich vermisse die gewisse Kraft und Ausbrüche, die mich aus dem Sessel heben. So verblasst der an sich gute Vortrag dann doch leicht. Wer nachvollziehen möchte, was ich mit 'im Verhältnis Gitarre/Saxofon' meine, der möge sich zwingend die Platte "Ask The Ages" von Sonny Sharrock anhören, dem Pharoah Sanders hier einen gnadenlosen Gegenpart bietet.
Doch ich schweife ab... Gut ist hier die Melange aus Funk und Rock gelungen, sicher interessant auch der Vokaltitel, Nummer fünf, im Original von
Jennifer Warnes und
Bill Medley - eine sehr außergewöhnliche Coverversion.
Gesungen wird auch auf "The Ikea Trauma". Das ist eigentlich ein klarer, einfach strukturierter Rocksong. Für mich der klare Schwachpunkt der Platte, auch des Gesanges wegen.
Oft ist es eine gewisse Zerrissenheit, die den Schwerpunkt der Musik bildet, aber diesbezüglich stehe ich dann doch eher auf
Capillary Action.
Zehrfeld ist ein sehr guter Gitarrist und beim letzten Track, der sehr ungewöhnlichen Coverversion von "Take Five", lässt er ein besonders feines, flüssiges Solo vom Stapel, das mich mittendrin ein wenig an
Allan Holdsworth, einen meiner Favoriten, denken lässt. Ja, der Titel von
Paul Desmond ist absolut gelungen und haucht dem zwar ewig frischen, aber schon in Würde gealterten Klassiker neues Leben ein - schade allerdings, dass er ausgeblendet wird.
Fazit: Favorit bleibt der Eröffnungstitel. Das ist Musik, die mich vom Hocker reißt. Ob die Band so weitermachen könnte? Zumindest hätte sie mich damit als neuen Fan gewonnen.