Es war einer jener Tage, die nichts Außergewöhnliches erwarten ließen: Die Kaffeemaschine zauberte mühevoll ein wenig lateinamerikanisches Flair in den deutschen Alltag, die Kinder zankten sich um ihren Lieblingsteddy und der Staubsauger gab seinen Geist auf. Kein Wunder, dass ich beim Klappern der Briefkastenklappe dachte: 'An einem Tag, so wunderschön wie heute, können das nur Rechnungen sein.' Aber nein - eine Versandtasche mit einer CD darin erregte meine Neugier. Dennoch blieb das Erwartungslevel nicht weit des Gefrierpunkts. Also packte ich die Scheibe aus. Das Cover zeigt eine sympathische junge Frau, ornamentenreiche Tattoos verströmen orientalisches Flair, dazu noch der Titel "Subtle Rebellion" - das war alles recht hübsch anzusehen und die Vorurteilsmaschinerie ratterte los.
'Bestimmt eine New-Age-Jüngerin auf der Suche nach dem inneren Frieden, gepaart mit weltmusikalisch angehauchtem Meditationsgeblubber!', dachte ich so bei mir. Da wusste ich noch nicht, dass mein eigentliches Mantra der lateinische Sinnspruch 'errare humanum est' sein sollte, denn weiter konnte ich mit meiner Einschätzung nicht daneben liegen.
Nach dem Abarbeiten der Alltagsroutine schob ich den Silberling schließlich in den Player und meine Nackenhaare kamen gar nicht mehr nach mit dem Sträuben, ebenso wollte die Gänsehaut auf meinen Armen gar nicht mehr weggehen. Das lag jedoch nicht an schrillem Entsetzen, sondern vielmehr an höchster Verzückung. Der Tag war gerettet und jeder Gedanke an mieses Karma augenblicklich wie weggefegt.
Die Musik auf dieser CD spielt in einer wirklich hohen Liga. Pop, Soul, hie und da einige Folkelemente, dargeboten in traumhafter Professionalität, mit jenem Schuss Feeling, der geradewegs das Herz kitzelt und manchmal auch in den Bauch geht, nie jedoch in die Hose. Die Balladen geben sich sehr gefühlsbetont, da kann geträumt werden und wenn die Band abrockt, fliegen die Fetzen.
Aber was heißt hier 'Band'? Die Instrumente wurden allesamt von Patsy und ihrem Onkel Ecki Hydepohl eingespielt. Das Ganze klingt jedoch so dicht, als würde eine beseelte Combo live abhotten.
Für den wohligen Gänsehauteffekt sorgt allerdings vor allem Patsys ausdrucksstarke Stimme. Ob sie nun die groovy Soul-Lady markiert, die wuchtige Rockröhre rauslässt oder sich meditativ zu schwindelerregenden Höhen aufschwingt, sie hat für jede Nuance das richtige Timbre. Die Vocals transportieren nicht nur die Lyrics, sondern werden zum gleichberechtigten Musikinstrument zwischen Gitarre, Bass und Keyboards.
Der Klangteppich ist patschworkartig aus unterschiedlichsten Stimmungen zusammengesetzt, aber dennoch wirkt das Album als Gesamtheit in sich geschlossen und stringent. Dazu tragen auch Patsys einfühlsame Texte bei.
Schon das Titelstück "Subtle Rebellion" zeigt, welchen Ansatz die Sängerin und Komponistin inhaltlich hat: die Suche nach Identität, die Hoffnung auf Veränderungen im eigenen Leben, aber auch in der ganzen Gesellschaft. Dabei träumt sie nicht von einer Revolution, die letztlich auch nur ihre eigenen Kinder frisst, sondern eben von einer subtilen, sanften Rebellion. Darin unterscheidet sie sich sowohl von den Agitproppern als auch den spirituell eingeigelten Pseudogurus, die nur noch ihre persönlichen Innenwelten ausloten. Selbsterkenntnis wird hier zum Schlüssel dafür, für sich und andere Verantwortung zu übernehmen und somit die Welt zum Positiven zu verändern.
Ein hehrer Anspruch, sicher, aber ebenso ein sehr sympathischer, der unaufdringlich und glaubhaft daherkommt. Patsy zeigt, dass Rebellion und Spiritualität keine Gegensätze sein müssen. Deutlich wird dies auch in ihrer Interpretation des zentralen Yoga- Mantras "Om Namah Shivaya". Wer nur auf Pop und Soul gepolt ist, mag diesen Track als störend im Gesamtwerk empfinden, für mich ist er der entscheidende Farbtupfer in dem musikalischen Gemälde des vorliegenden Albums. Hier wird nicht aus einer modischen Bewegung heraus ein bisschen Sitarromantik eingestreut, sondern Patsy Hüdepohl zelebriert eine wirklich mantrische Grundstimmung. Das ist ernstzunehmende Meditationsmusik und meilenweit entfernt von dem Esoterikwust, der den Musikmarkt ansonsten überschwemmt. An dieser Stelle begibt sich das Album in die Stille, ein willkommenes Gegengewicht zu den herzhaft abrockenden Passagen. Somit ist alles in der Waage.
Es fällt mir schwer, hier einzelne Tracks noch weiter hervorzuheben, denn diese CD ist in sich geschlossen wie ein gutes Konzeptalbum. Es lädt ein, sich mit der eigenen Innerlichkeit ebenso auseinanderzusetzen wie auch mit der Welt, in der wir nun mal leben. Auch, wenn der Blick auf sich selbst und die Welt oftmals durch "Dirty Mirrors" geschieht, das Ziel ist "Fearlessness". Eine wichtige Aussage in einer Zeit, in der fragwürdige Politik wieder vermehrt durch das Schüren irrationaler Ängste gerechtfertigt wird.
Mich hat Patsys "Subtle Rebellion" zutiefst berührt und beeindruckt. Ich lege dieses Album allen ans Herz, die gerne ganz genau zuhören. Für mich ist diese Scheibe das überzeugendste Werk einer Newcomerin in den letzten Jahren und ich wünsche ihr noch viel mehr öffentliche Aufmerksamkeit.
Line-up:
Patsy Huedepohl (vocals, guitar, piano)
Ecki Huedepohl (all other instruments)
Tracklist |
01:Subtle Rebellion
02:Your Grace
03:Hot Whisky And Your Kiss
04:Dirty Mirrors
05:Those Flichty Wishes
06:Om Namah Shivaya
07:Fearlessness
08:We All Start As Strangers
09:On The Other Side Of Fear
10:Hold On A Little Longer
11:Silence
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