Angesichts der Tatsache, dass "What's In Between" erst das dritte offizielle Album der Pedaljets in 25 Jahren und das erste nach über zwei Dekaden ist, stellt sich mir instinktiv die Frage: Ein weiteres Comeback aufgrund chronischer Geldnot? Die gähnende Leere in der Haushaltskasse ausmerzen, um anschließend wieder jahrelang von der öffentlichen Bildfläche zu verschwinden? Wie dem auch sei, die Pedaljets sind zurück und präsentieren einen recht unterhaltsamen Silberling, dem jedoch dummerweise immer kurz vorm Siedepunkt der Pfiff flöten geht.
Wenn man so will, sind die Pedaljets das fehlende Bindestück zwischen The Replacements und Nirvana. Gegründet im Jahre 1984, brachte das Quartett aus Kansas Ende der 80er zwei LPs heraus (1988 "Today Today" und 1989 den gleichnamigen Nachfolger), welche zwischen all den üblichen Verdächtigen der damaligen Midwestern Punk Rock-Szene Amerikas wie The Replacements, Hüsker Dü oder Soul Asylum zwar landesweit Aufmerksamkeit erhaschten, doch der kommerzielle Erfolg war überschaubar. Nach sechs auslaugenden Tourjahren und dem bandintern ungeliebten, als zu hastig und unvollendet befundenen Zweitlingswerk lösten sich die Pedaljets schließlich 1990 auf. Dabei lockte die Combo zu jener Zeit immer mehr Leute zu ihren Auftritten, was auch ihre MTV-Präsenz steigerte.
Die Unzufriedenheit über ihr zweites Baby verschwand bei den Bandmitgliedern in den Folgejahren anscheinend kaum bis gar nicht, denn 2006 begab man sich wieder gemeinsam ins Studio, um diese Unbehaglichkeit endlich zu beseitigen. Herausgekommen ist 2008 ein völlig runderneuertes zweites Album - remastered wäre in diesem Fall eine glatte Untertreibung. Hierbei luden die Pedaljets ihren über die Jahre eingestaubten Bandakku sogar so weit wieder auf, dass sie im Anschluss mit frischer Energie neues Material für die Nachfolgeplatte "What's In Between" produzierten (ohne Gründungsmitglied und Leadgitarrist Phil Wade, seinen Part sowie die gesamte Aufnahmetechnik übernahm Paul Malinowski).
Düsterheit und eine mächtige Ladung Kakophonie zeichnen das Eröffnungsstück "Terra Nova" aus, das vor allem durch seinen Drang und seine hinterherhinkenden Puncherline »I'm gonna punch that fucker right between his eyes« verzückt. Der sommerlich anmutende Riff von "Riverview" verströmt eine federleichte Strandbrise im heimischen Wohnzimmer und lädt zum Schunkeln ein. Aus dem Refrain des zäh dahin gondelnden "Change" schreit blanke Lethargie; das klingt wie die Vertonung des schweren Katergefühls am Morgen danach.
"Dead Day Return" ist anfangs ein fetziger, grob geschnitzter Rock'n'Roll-Holzklotz, der allerdings in der zweiten Songhälfte aus der Spur gerät. Ähnlich fahrig beginnt "Measurement", wobei dessen kathedralisch-wummernde Grundmelodie hinterher noch stundenlang im Ohr Schleifen dreht. "Goodbye To All Of That" ähnelt mancher "Out Of Time"-Aufnahme von R.E.M..
Dem punkig-rollenden Strophenriff von "Nothing Boy" wohnt etwas Großartiges inne, doch leider macht die Band für meinen Geschmack auch hier viel zu wenig aus dem Rest des Liedes. Bei der leicht twistenden Basslinie von "Tangled Up" muss ich komischerweise an den deutschen Schlager der 60er Jahre denken - seltsam. Psychedelisch wird es im Beatle-esken "Some Kind Of One", das stark an Bowies progressive Zeit erinnert. Beim Abschluss "Clowns And Jackals" glänzt die Kapelle nochmal mit herrlichem Midtempo-Garage Rock.
Traurig nur, dass die Pedaljets nach so langer Abstinenz so wenig zu sagen haben: Ein Songtext wie von "Change" beispielsweise ist klischeebehaftet und abgedroschen: »Roll in the sunshine, lie in the grass/Pick yourself up and let the next one pass.« Ironischerweise verdeutlicht besonders der Text von "Conversations" die klaffende Lyrikwunde auf "What's In Between". Darin liegt auch der Grund, warum ich als Hörer während der gesamten Platte nie so richtig abtauchen kann, mir fehlt einfach die sprachliche Tiefe.
Musikalisch gesehen könnte "What's In Between" der verschollene Bastard von Iggy Pop und Bob Dylan sein. Wild und punkig wie der junge Iggy, der vom weisen Robert im Zaum gehalten wird. Insgesamt eine ideenreiche, phasenweise schrille Scheibe, auf der die Band aber nie in unkontrollierte Raserei gerät - bedauerlicherweise. Aus dem Grunde bedauerlich, weil ich als Hörer die ganze Zeit das freudige Gefühl habe, jeden Moment könnte alles leidenschaftlich aus dem Ruder laufen. Doch diesen Gefallen tun die Pedaljets dem Hörer am Ende leider nicht. Bei heruntergeregelter Lautstärke passt dieser Silberling allenfalls als musikalische Untermalung für einen gemütlichen Tagesausklang.
Line-up:
Mike Allmayer (guitar, vocals)
Matt Kesler (bass, vocals, organ)
Rob Morrow (drums, percussion, vocals)
Paul Malinowski (guitar, vocals)
Michael Dulin (piano - #3,10)
Lori Wray (vocals - #10)
Tracklist |
01:Terra Nova
02:Riverview
03:Conversations
04:Change
05:Dead Day Return
06:Measurement
07:Goodbye To All Of That
08:Nothing Boy
09:Tangled Up
10:Some Kind Of One
11:Clowns And Jackals
|
|
Externe Links:
|