Peoples Temper - Statement Of Liberty
Statement Of Liberty Spielzeit: 47:53
Medium: CD
Label: Bacillus Records/Bellaphon, 2013
Stil: Stoner Rock

Review vom 14.11.2013


René Francke
Mit zwei extrem tiefgestimmten Gitarren, dafür ohne Bass - den man aber auch nicht wirklich vermisst - und einem Schlagzeug, bezeichnen die drei Kerle von Peoples Temper ihre Musik als »degentrifizierenden Wüsten-Rock«. Moment, wat?! Degentrifizieren? Ach so, die Herren aus dem Hessenland meinen, den Spieß der Gentrifizierung einfach umzudrehen? Quasi den an das musikalische Spießertum verlorenen Kiez zurückzuerobern, verstehe ich das richtig? Auf ihrem zweiten Album "Statement Of Liberty" rücken Peoples Temper mit schwerem und lautem Desert Rock-Baugerät an, lassen die Erde erzittern, reißen wirkungsvoll die allzu kitschigen Villen der Yuppies ab und richten sich freudestrahlend wieder häuslich in ihrer neuen alten Hood ein.
Das Trio Peoples Temper kommt aus Frankfurt am Main. Gitarrist und Sänger Jan Jakob Biermann (auch liebevoll 'Der Biermann' genannt) war einst Roadie bei der hessischen Thrash-Combo Tankard. Seit 2008 hat er zusammen mit den Brüdern Florian Matthias und Johannes Melchior Aeppli seine eigene Band. Die CD-Version von "Statement Of Liberty" umfasst dreizehn Songs, während Vinyl-Liebhaber noch zwei weitere Stücke ("Nachtschicht" und "Give It A Shot") geboten bekommen. Wenn man es sich einfach machen will, kann man die Scheibe des Hessentrios in der Tat im Bereich Desert Rock einordnen. Doch wie so oft bei der Klassifizierung des Musikstils eines Künstlers entpuppt sich diese Aufgabe auch bei Peoples Temper als schwierig. Vielmehr kredenzen die drei Frankfurter jede Menge Stoner Rock mit Schiffsladungen voll an Fuzz, Gitarrenwänden so majestätisch wie der gesamte Himalaya und einem massiven Fundament aus Noise Rock, errichtet auf dem fruchtbaren Boden des Blues Rock.
Das Album eröffnet mit einem hell gesprenkelten Glitzersound, man wähnt sich an der Himmelspforte, an der man sogleich von einer umschmeichelnden Engelsstimme empfangen wird. Alles Illusion. Denn kurz darauf wird man mit Überdruck von seiner fluffigen Wolke in die infernale Tiefe des Noise Rocks gerissen. Sieht man mal von den paar 'Ah-Hah'-Gesängen im Opener "Liberty" ab, beginnt das Album rein instrumental und mit einem wahrlich klaren Statement: Schmissiger Stoner Rock ist unsere Religion, friss das oder friss Staub. Hallelu-jaaaa!
Dagegen riecht das darauffolgende "The Wave" doch gewaltig nach Placebo, schenkt dem Hörer aber - dem Himmel sei Dank - wesentlich mehr Schmutz ein. "Liquor King" versengt die Erde, tänzelt aber in der Strophe mit Tamburin, heller Gitarrenmelodie und sanftem Gesang wie der leibhaftige Pop-Wolf im Schafspelz, der sich in der Bridge holprig entkleidet, um im Refrain zähnefletschend wieder drauflos zu sprinten und einen derart heftig tosenden Klangsturm zu entfachen, dass mir um meine Musikanlage Angst und Bange wird. Wird sie diesen verführerischen Kräften standhalten können? Das kolossale "Get Ready" rockt und rollt und 'fuzzt' gleichermaßen betörend, man möchte unverzüglich ein Moshpit sein.
"Bring Me Down" wildert in Blues Rock-Gefilden und gerät zum Ende hin in einen regelrechten Blutrausch - so macht Mucke Spaß! Das anschließende Schweinerock-Gedresche "Back To The City" öffnet das Tor zum Noise Rock. Bei der Mitgrölkomposition "Fix Me Up", das vor allem dank seines groovenden Monsterriffs verzückt, versucht sich Sänger Biermann äußerst überzeugend an Josh Hommes Timbre. Unfassbar auch das gewaltige "Frisco Bay", bei dem man meinen könnte, es handele sich nicht um eine deutsche, sondern amerikanische Kapelle à la King's X.
Das Intro von "Come With Us" könnte genauso gut eine ruhige Bluesnummer von Alice In Chains sein. Doch dann folgt ein unüberhörbarer Druckabfall im Vergleich zu den Songs zuvor. Die Jungs von Peoples Temper wirken ab jener Stelle ausgepowert vom imposanten Dauerlauf der ersten acht Stücke. "Monumental", "St. Barths" und "Once Upon A Time" sind zwar an sich gefällige dissonante Noise-Trampeltiere, doch das Trio schleppt sich mehr oder weniger durch diese Stücke und lässt den Esprit der ersten Hälfte vermissen.
Fans von Kyuss, Queens Of The Stone Age, Unida oder Slo Burn werden an diesem Album großen Gefallen finden. So gesehen reißt das Trio in der ersten Albumhälfte spielfreudig und leichthändig alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellt - es fliegen die Fetzen, aber die Aufräumtruppe selbst lässt auch Federn, dies ist im zweiten Teil der Scheibe unverkennbar. Alles wirkt plötzlich wie mühsame Schwerstarbeit. Schade, aber alles in allem eine formidable Platte, die richtig Spaß macht.
Line-up:
Florian Matthias Aeppli (guitars, vocals)
Jan Jakob Biermann (guitars, vocals)
Johannes Melchior Aeppli (drums, vocals)
Tracklist
01:Liberty
02:The Wave
03:Liquor King
04:Get Ready
05:Bring Me Down
06:Back To The City
07:Fix Me Up
08:Frisco Bay
09:Come With Us
10:Monumental
11:St. Barths
12:Once Upon A Time
13:Nachtschicht (Vinyl Only)
14:Give It A Shot (Vinyl Only)
15:All Evil Is Gone
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