Peter Banks Empire / The Mars Tapes
The Mars Tapes Spielzeit: 54:16 (CD 1), 40:53 (CD 2)
Medium: Doppel-CD
Label: Gonzo Multimedia, 2014
Stil: Prog, Jazz Rock, Soul

Review vom 17.01.2015


Steve Braun
Wohl kein zweiter Gitarrist wurde derart sträflich links liegengelassen, wie der britische Saitenvirtuose Peter Banks. Wir reden hier immerhin über einen der Gründerväter der Prog-Legende Yes! Man schreibt ihm sogar den Bandnamen zu... Aber bereits nach "Time And A Word" (1970) trennten sich die gemeinsamen Wege.
Nach "Two Sides Of Peter Banks" (1973), dem ersten Soloalbum, nahm Banks mit seiner neuen Formation Flash drei von der Kritik in höchsten Tönen gelobte Alben auf, doch Erfolg kann man bekanntlich nicht herbeischreiben. Das Nachfolgeprojekt Peter Banks Empire konnte seine drei Produktionen bezeichnenderweise erst knapp zwanzig Jahre später, also Mitte der Neunziger, veröffentlichen. Zu dieser Zeit versuchte sich Banks ein zweites Mal an einer Solokarriere, aber auch diesmal ohne den verdienten Erfolg als Krönung. Nach der fast verzweifelt anmutenden Frage "Can I Play You Something?" (1999) war dann auch dieses Kapitel weitgehend erledigt.
Da wirkt es geradezu paradox, dass Peter Banks in Musiker- wie Kritikerkreisen bis zu seinem Tod im März 2013 höchstes Ansehen genoss. Wurde bekannt, dass der Ausnahmegitarrist bei irgendeinem Projekt mitgewirkt hatte, wurde oftmals - allein aus diesem Grund - das Ergebnis 'blind' geordert.
Nun liegt mit "The Mars Tapes" bislang unveröffentlichtes Studiomaterial aus dem Jahr 1979 vor. Vor den Aufnahmen zu "Empire Mark III" zog sich Peter Banks mit Empire für sechs Monate zu Proben und Aufnamen in das Mars Studio in Los Angeles zurück. Beteiligt waren u. a. seine Ehefrau Sidonie Jordan, die sich später als Sydney Foxx an einer Solokarriere versuchte, der Klasse-Drummer Mark Murdock (Cymbalic Encounter) sowie blutjunge Musiker wie der Synthesizerspezialist Paul Delph, der in der Folge als Kollaborateur von so manchen Rock-Superstars der Achtziger zu einiger Berühmtheit gelangte.
Mit den "Mars Tapes" darf der Musikfreund kein in sich geschlossenes, völlig 'ausproduziertes' Gesamtwerk erwarten. Man merkt den Aufnahmen durchaus noch den projekthaften Charakter, das Versuchsstadium ("Ascending To Planet Mars") an. Auf "Empire III" erschienen letztendlich nur die jazzrockig inspirierten Soul-Nummern "Foundation", "Destiny" und "Far Away", die auf den "Mars Tapes" als überaus interessantes, achtzehnminütiges Medley zu hören sind. CD 1 ist somit von diesen Fusion- und Soul-Experimenten geprägt, die mal gelungener ("Where Yes Means No"), mal weniger vorteilhaft ("Dancing Man") ausgefallen sind. Sidonie Jordans kraftvolle Stimme ist, allen unfertigen Abmischungen zum Trotz, ein wahrer Hochgenuss. Schade, dass ihr weder mit Empire noch solo der verdiente Durchbruch gelang, zumal sie "Mars Tapes" auch als starke Songschreiberin beeinflussen konnte!
Dagegen spielt das eröffnende "Out Of Your Hands" ziemlich reizvoll mit jazzrockigen (tolle Moog-Soli!) und prog-rockigen Elementen, während das intelligent-ambitionierte "Somewhere Over The Rainbow Bar And Grill" bedauerlicherweise gnadenlos im matschig-dumpfen Soundbrei untergeht.
Die zweite CD steht eindeutiger unter den Vorzeichen von Banks Liebe zum Progressive Rock. Leider fällt die sehr inspirierte Leonard Bernstein-Adaption "Something's Coming", dem Erfolgsmusical "West Side Story" entliehen, dem abermals wenig meisterlichen Sound zum Opfer. Banks hat dieses siebzehnminütige Opus überaus reizvoll umarrangiert. Die drei folgenden Stücke verfügen über hervorragende Ansätze, besonders "Fall Of The Empire", wirken allerdings eher wie Fragmente aus einem Konzeptwerk oder dem Ideenfundus eines solchen entsprungen.
Die absolute Übernummer ist der abschließende Bonustrack "Sky At Night". Dieser entstammt einem Bandprojekt von Peter Banks und Phil Collins, das sich Zok And The Radar Boys nannte. Der Song entstand somit in der kurzen Phase zwischen dem Ende von Peter Banks Flash und dem Beginn von Collins' Nebenprojekt Brand X - ein sehr atmosphärischer Zehnminüter, ganz zauberhaft mit Sitar und Tablas garniert. Sidonie Jordans Gesang und Teile des Arrangements erinnern obendrein ein wenig an Renaissance. Sehr stark schimmert hier zudem bereits Brand X durch, nicht nur wegen Collins' versiertem Schlagwerk, sondern auch durch die überaus 'elastischen' Bassfiguren John Giblins, dem Bassisten der Spätphase (1979/80) von Brand X. "Sky At Night" entpuppt sich somit als ein richtig feines Zuckerle...
Im Gegensatz zu vielen Negativbeispielen, bei denen die Archive verstorbener Prominenz völlig schamfrei gefleddert werden, machen "The Mars Tapes" richtig Sinn. Nicht als ein in sich geschlossener, perfekt produzierter Songzyklus, dafür aber als Einblick in die relativ frühe Schaffensphase eines zu Unrecht verkannten Ausnahmemusikers. Peter Banks hat es mehr als verdient, wenigstens posthum die gebührende Aufmerksamkeit zu erhalten.
Line-up:
Peter Banks (all guitars)
Sidonie Jordan aka Sydney Foxx (lead vocals)
Paul Delph (keyboards, background vocals)
Brad Stephenson (bass, background vocals)
Mark Murdock (drums)

Bonustrack "Sky At Night":
Peter Banks (guitars)
Sidonie Jordan aka Sydney Foxx (lead vocals)
Phil Collins (drums, background vocals)
Jakob Magnusson (keyboards)
John Giblin (bass)
Sam Gobal (tabla)
Tracklist
CD 1:
01:Out Of Your Hands
02:Foundation/Destiny/Far Away
03:Somewhere Over The Rainbow Bar
And Grill
04:Do What You Want
05:Dancing Man
06:Where Yes Means No
CD 2:
01:Off With The King's Head
02:Something's Coming (West Side Story)
03:The Fall Of The Empire
04:When The Banks Overflow
05:Ascending To The Planet Mars
Bonustrack:
06:Sky At Night (feat. Phil Collins)
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