Es grenzt schon wahrhaftig ans Inflationäre, inwieweit kommerzabnorme Rockgüter mittlerweile als bestenfalls käuflich Progressives angepriesen und verwurstet werden. Dabei sind der Erfindungsgabe genreeingefleischter Label wohl kaum Grenzen gesetzt, ob Indie Prog oder weit aus dem Fenster lehnende New Artrock-Begrifflichkeiten, versuchen selbige verkaufsfördernde Argumente zu etikettieren.
Dementsprechend umwerben auch experimentierfreudige Bands aus den sowohl entlegensten als auch den international weniger zugedachten Winkeln mit ihren rockistischen Querdenkereien die hiesigen Marktregale. So vermuten entdeckungsgeneigte Proggies im grünen Herzen Österreichs, wo gemütlichere Geschäftigkeit, unermessliche Kürbisplantagen und über goldgelbe Felder tönende Hirtenflöten so manch städtische Fantasien beflügeln, weder musikalisch riffig-vertracktes, noch diesem Jahrhundert angepassten Kunstrock.
Seit nun acht Jahren werkelten drei steirische Kerle an der Umsetzung ihrer eigenen Vorstellungen von musikalischer Härte, einen seinesgleichen suchenden Konsens aus dreckiger Gitarrenarbeit und wuchtiger Finesse als leibeigene Kerndisziplin zu etablieren. So jongliert das jüngste Studio-Zeugnis der mittlerweile Niederösterreicher kompositorisch auf der schmalen Demarkationslinie zwischen vorantreibender Erdigkeit und von künstlerischem Intellekt zernagtem Anspruch. Wie schon beim 2008 veröffentlichten Erstlingswerk, lebt dieses Paradox fortschrittlichen Rockhandwerks vom spürbar verkrampft wirkenden Willen, es allen Ergebenen metallischen Mackergehabes sowie pathosbeschwerten Schwurbel-Nimmersättern gleichermaßen recht zu machen, auf kurz oder lang musikalisch die Quadratur eines Kreises zu lösen. Hierbei verzetteln sich erfreulicherweise die von unnötigen Längen verschonten Kompositionen auf ihrer hörbar engagierten Suche nach idealen Formeln kaum im abgöttischen Recyceln überstrapazierter Artrock-Referenzen und pittoreskem Geklüngel. Trotz griffiger Songideen verkneten sich die unwahrscheinlich überdosierten, zudem Hardrock-konfigurierten Rhythmus-Kombinationen häufiger zu gnadenlos dröhnenden Klangwolken und lassen sparsam hintergründige Tasteneinschübe und klassikinduzierte Selbstbefriedigungen wie himmlische Hörgeschenke erscheinen. Dabei werden von
Rushs kompositorisch vorgeknüpfte Fäden nur zu gern erfasst, als unausgereifte Maschen auf halber Strecke jedoch wieder aufgedröselt und in
John Astleys erfahrungsgemäß sonst tonmeisterlich überhabenden Mischkreationen erbarmungslos versumpft. Zu allem Überdruss versäuern
Markus Bratusas für Grobkunst-Geschmäcker gesanglich zu weltverdrossene Knödelausflüge dessen zugegebenermaßen bravourös R&B-angestachelten Gniedelkünste und - nicht zuletzt - die vorantreibenden, aber dennoch verspielten Grundierungen.
Fürs Hirn zudem taktile Hörempfinden wird das Erhöhen des Lautstärkepegels mit Sicherheit einer Segnung gleichen und in Ansätzen, wie beim Jazz-verlöteten Titelsong, an
Porcupine Trees nachdrückliches Anspruch-Härte-verschmolzenes Faszinosum gemahnt. Obendrein erweckt die
»Hurz«-anmutende Konzeption des Werkes, das über Wert und Verlust der Musik philosophiert, laut Promo-eigener Aussage
»Kunst ist viel mehr als nur ein Produkt«, den Eindruck, dass drei modische Dickbrettbohrer den Anschluss an musikalisch intellektuelle Hoheiten nicht verpassen wollten. Beim etwas großspurigen Werbeslogan
»Now The Waves Of Sound Remain fordert die Grenzen heraus: Dies ist Musik mit doppeltem Boden«, haben die Macher wohl dann doch eine Schippe zu viel aufgelegt. Ein musikalisch sowohl nach Luftgitarrenhoheit ringendes, als auch an Grenzen scheiterndes Monstrum auf dünnem Boden, hätte es dagegen wohl besser definieren mögen.
Nichtdestotrotz betreiben die jüngst im Label-Lager des
RPWL-Duos
Yogi Lang und
Kalle Wallner untergekommenen Jungs ein durchaus engagiertes Handwerk, schlummern unter all den schweißtreibenden Saiten-Dehnübungen und gekonnt gegeißelten Trommelfellen, der für die Vielfalt des Rock geöffnete Charme des Rustikalen. Wenn gegebenenfalls darüber hinaus beim nächsten Mal das Mastering dem musikalisch angestrebten Know-how entspräche, dürfte es der coverzierenden Stimmgabel dann auch zu ihrer wahren Symbolik gereichen.