Als die "EMI" im Januar ankündigte, zum bevorstehenden 30-jährigen Jubiläum am 24. März 2003 eine 5.1 Multi-Channel Hybrid SA-CD zu veröffentlichen, war die Erwartung gross. "Dark Side Of The Moon" ist nun mal nichts weniger als Gigantomie, eine der meistverkauften Platten überhaupt mit dem Einfluss der Stärke 10 auf der Rock-Richter Skala, der berühmtesten Registrierkasse, die je in Vinyl gepresst wurde, ein Album das buchstäblich jahrzehntelang in den Billboard Charts stand.
Man kann in den USA keine dreiviertel Stunde Radio irgendeines Rocksenders hören, ohne dass nicht ein Song dieser Platte läuft (und in 90% der Fälle ist das natürlich "Money") - dies ist eine einfach nicht totzukriegende Produktion. Wobei ich selbst nicht mal finde, dass es das beste Album von Pink Floyd ist ("Meddle", "Wish You Were Here" und auch die Livesachen auf "Ummagumma" gefallen mir zum Teil besser), aber es war bis dahin das kommerziellste Album, obwohl es doch typisch Pink Floyd war.
Über die Musik hier braucht man wohl nicht zu sprechen, die kennt jeder. Sollte das nicht der Fall sein, kann ich nur anraten, die Platte blind zu kaufen, denn sie gehört in jeden Haushalt. Trotz der teilweise durchaus sehr komplexen Songstrukturen und dem Einsatz von VCS3 (dem Vorläufer des Synthesizers) findet man aber einen sicheren Einstieg in das Werk.
Was uns zur Technik bringt. Das 5.1 Hybrid SA-CD Format ist eine fast atemberaubende Verbesserung des herkömmlichen 16-Bit CD Formats. Die Natürlichkeit des Klangs ist geradezu frappierend. Man muss Pink Floyd zugute halten, schon vor über 30 Jahren das Original im Mehrkanalverfahren produziert zu haben und so kann diese Disk all ihre Trümpfe voll ausspielen.
Da ich selbst ein hoffnungsloser Anhänger von Zweikanal-Stereo bin (und bleibe!), hab ich mir die CD auf einer entsprechenden Surroundanlage bei einem Bekannten in aller Ruhe angehört. Und vordergründig ist der Klangeindruck durch das Surround-Verfahren wirklich beeindruckend, es gibt keinerlei Übertreibungen hinsichtlich der Rear-Kanäle, die Uhren zu Beginn von "Time" rund um einen rum, sehr, sehr überzeugend.
Im heimischen Wohnzimmer, in einem SA-CD Player an einer guten Stereoanlage, klingt es nicht schlechter, ich finde eher besser. Aus vollkommener Ruhe setzt fast unhörbar das berühmte (Herzschlag-)Pochen ein, immer stärker bis dann "Breathe" beginnt. Keinerlei Rauschfahnen sind zu vernehmen, der gesamte Sound mit seinem überschäumenden Reichtum an Klangfarben ist fast greifbar. Hier nur am Rande: Ich besitze auch eine SA-CD von "Let it Bleed" der Stones, die Verbesserungen sind dort genauso, wie soll ich sagen - dramatisch. Damit darf sicher gelten, dass dies genau der Standard sein sollte, von dem jeder Musikfreund bisher geträumt hat! Aber im momentanen Kampf der Systeme und Formate ist leider nicht sicher, ob es sich an der breiten Verkaufsfront durchsetzen kann. Es bleibt aber zu hoffen, weil auch die Preise von SA-CD Playern in bezahlbare Regionen gerutscht sind.
Im Rahmen des Konzepts wurden ein paar Angestellten der "EMI", Roadies und Stars, eine Reihe Fragen gestellt. Deren Antworten wurden aufgezeichnet und im Mix untergebracht. Wer erinnert sich nicht an die Stimme von Roadie Roger the Hat:
"I've been mad for fucking years" oder auch vom "Abbey Road"-Angestellten Jerry Driscoll am Ende des Werkes:
"There is no Dark Side of the Moon, really. Matter of fact, it's all dark". Man hört auf der SA-CD die gesprochenen Antworten deutlicher denn je, auch deutlicher als auf den bisherigen Remasterversionen. Das Ganze ist wirklich wie aus einem Guss.
In einem "normalen" Player klingt der entsprechende Stereo-Layer minimal besser aufgelöst als das Remaster, das ich schon besass, das kann aber auch durch den Remix des langjährigen Pink Floyd Technikers James Guthrie bedingt sein. Was aber nur heissen kann: Dies ist die ultimative Version eines ultimativen Werkes der Rockmusik. Sehr erfreulich ist, dass die Preisgestaltung trotz des immensen technischen Aufwandes sehr käuferfreundlich ausgefallen ist. Der Preis liegt nicht über dem einer anderen normalen CD. Dass CDs generell zu teuer sind, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Mancher Pink Floyd "die-hard" wird verwundert oder verärgert zur Kenntnis nehmen, dass das Frontcover geändert wurde. Zwar immer noch das berühmte Prisma, aber nicht mehr auf dem schwarzen Hintergrund. Geschmackssache, mir gefällt das neue Cover. Das Booklet ist aus äusserst hochwertigem Papier gefertigt, bietet alle Texte und eine Menge Bilder, die in den vergangenen Jahrzehnten in der einen oder anderen Form auf den jeweiligen Wiederveröffentlichungen erschienen sind. Hier hat die "EMI" den erfolgreichen Versuch unternommen, sich mit dem Gesamtprodukt mit Ruhm bekleckern zu wollen. Na also Leute, geht doch! Mehr davon!
Spielzeit: 42:58, Medium: 5.1 Hybrid SA-CD, EMI International, 2003 (5.1 Hybrid SA-CD Reissue)
1:Speak To Me 2:Breathe 3:On The Run 4:Time 5:The Great Gig In The Sky 6:Money
7:Us And Them 8:Any Colour You Like 9:Brain Damage 10:Eclipse
Manni Hüther, 06.04.2003
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