Portugal. The Man / In The Mountain In The Cloud
In The Mountain In The Cloud Spielzeit: 44:11
Medium: CD
Label: Atlantic Recording Corporation, 2011
Stil: Alternative Rock/Indie

Review vom 27.08.2011


Grit-Marina Müller
Portugal. The Man - Hm? Skurril klingt das, aber raffiniert erregt es doch gleich schon mal grundsätzlich Aufmerksamkeit. Etwas Besonderes sollte es sein, etwas Persönliches, gibt man zu Protokoll. Portugal gefiel ihnen einfach, erklären die eigentlich aus Alaska stammenden vier alternativ rockenden Hauptakteure ihre unvermittelte Wahl des ausgefallenen Bandnamens. Im vermeintlichen Heimatland war man allerdings noch nie, verkauft dort auch keine Platten. Ein Umstand, der nicht so bleiben muss, denn nach ersten Veröffentlichungen und Achtungs-Erfolgen in Amerika tasten sich die Gern-Portugiesen mit ihrem neuen Werk "In The Mountain In The Cloud" weiter nach Europa vor.
Seit 2004 im Rock-Geschehen und stilistisch bisher in lauteren, speedigen Post Punk-Gefilden unterwegs, zeigt man sich beim neuen Album stark von den weltbewegenden Sounds der Sixties, insbesondere den psychedelischen Elementen der späten Sechziger beeinflusst. Verwirrenden Fragen zu ihrer Nationalität gehen Portugal. The Man prompt im ersten Stück und ein für alle Mal auf den Grund. "So American" stellen sie klar, hinterfragen gleichzeitig mit nachdenklich analytischem Blick ihre Herkunft und präsentieren diesen Opener dennoch als sonnigen, einfallsreichen Indie-Track voller Strahlkraft und geschmackssicherer multi-instrumentaler Ingredienzien.
"Floating" eröffnet das knallbunte Feuer und präzisiert die Philosophie dieses Longplayers. Man jagt mit Phaser und Farfisa durchs Wohnzimmer, verzerrt, verzögert, doppelt, dubbt, überdreht, hardrockt und beatlet, proggt, krautet oder psycht ehrerbietend im unheimlichen Stockwerk der kultigen 13th Floor Elevators und crosst munter liebenswert over, was der Plattenschrank hergibt. Es rappelt die gesamte amtliche Rock-Pop-Werkzeugkiste mit neuesten Updates aller stilprägenden Schlüsselsätze. Pompöse Bläser-Phalanxen untermauern epochale chorale Fundamente, imposante String-Arrangements schleudern orchestrale Dimensionen in die Atmosphäre und entfachen ein ums andere Mal riesenhafte, kompakte hymnische Infernos, denen man sich schwer entziehen kann.
Kraft ebendieser modernen genre-typischen Opulenz nähern sich die talentierten Wahl-Iberer in den herausragenden Stücken "Got It All" und "Senseless" ganz großen Kollegen wie den Freelance Whales oder einem der Flaggschiffe des neuen amerikanischen Indie-Zeitalters - The New Pornographers. "You Carried Us" vollführt einen magic carpet ride nach gar unwiderstehlicher Fleet Foxes-Art. Amerikas junge Wilde sind passionierte Überzeugungstäter, schweben im Goldrausch des 21. Jahrhunderts, filtern mit begeisternder Konsequenz und handwerklicher Hingabe ihre Essenz aus den Träumen friedvoll revolutionärer Blüten im Haar und der Entdeckung des Rock in all seinen Facetten.
Auch Portugal. The Man stürzen sich mit jener Leidenschaft und charakteristisch hochstimmigem Lead-Gesang ungestüm überschwänglich in "Everything You See" oder "All Your Light", verstricken sich hier aber noch streckenweise in 'lauthals' überambitionierte Song-Konzepte. 'Weniger ist mehr' kristalliert dann wiederum am Ende des 'wolkenhohen Bergausflugs' ihre schlaue Eingebung heraus und bringt die perfekten, maßvoll inszenierten Perlen "Once Was One", "Share With Me The Sun" sowie zu guter Letzt die ultimative Vorbereitung der Ewigkeit "Sleep Forever" zum Vorschein.
"In The Mountain In The Cloud" liefert samt großer Höhen und kleinerer Makel alles in allem ein wahrlich enzyklopädisches Konglomerat anerkannter Pop-Musikgeschichte und ein gleichermaßen echtes, hörenswertes Stück Zeitgeist 2011 seiner trendigen Repräsentanten aus Übersee.
Den alten Kontinent erobern wollen die Amerikaner im Herbst auf ihrer Europa-Tour, darunter auch Deutschland. Nur Portugal ist (noch?) nicht dabei - ein hoffentlich verzeihlicher strategischer Fauxpas...
Line-up:
John Baldwin Gourley (vocals, guitars, synth)
Zachary Scott Carothers (bass, percussion, vocals)
Ryan Neighbors (piano, Rhodes, organ, synth, Farfisa, etc. and vocals)
Jason Sechrist (drums, vocals)
Phil Petersen (strings and horns)
Steven Nister, Sonny DiPerri, Jason Sechrist (additional drums)
Tracklist
01:So American
02:Floating (Time Isn't Working My Side)
03:Got It All (This Can't Be Living Now)
04:Senseless
05:Head Is A Flame (Cool With It)
06:You Carried Us (Share With Me The Sun)
07:Everything You See (Kids Count Hallelujahs)
08:All Your Light (Times Like These)
09:Once Was One
10:Share With Me The Sun
11:Sleep Forever
Externe Links: