Princess Rock / Same
 Princess Rock
Heiliger Gustav, unglaublich was in Sachen Musik so auf die rezensierende Menschheit losgelassen wird. Diesmal eine Truppe aus Malmö, Schweden, bestehend aus Musikern unterschiedlichster Couleur, die sich größten Teils von der Universität her kennen. "Princess Rock machen Pop-Musik, aber eigentlich ist es eher Rock-Musik ... für Prinzessinnen!" So ein Statement von Band-Sängerin Sara Andersson, das als Intro für den von der Promotionfirma verfassten Begleitzettel aufgenommen wurde.
Na klasse, dann sind wir ja genau die richtige Zielgruppe, wo wir ja alle, und wahrscheinlich auch unsere Leser, mit einer Prinzessin liiert oder verheiratet sind, und unsere Freizeit für gewöhnlich in Adelshäusern verbringen. Na ja, unser Menschenschlag hat zumindest ab und zu im Wartezimmer beim Arztbesuch die Gelegenheit, in Form der 'BUNTEN' oder 'GALA' in derartige Welten abzutauchen, beste Vorraussetzungen also...
Gut, sicherlich mag ich meine Frau in einem Anfall von Liebe oder Wiedergutmachung mit diesem Begriff ('Meine Prinzessin...'), gedacht als Kosewort, geschmückt haben, aber selbst sie verletzte bereits im Verlauf von Stück drei, mit eigentlich eher adels-untypischen Flüchen des Kalibers August von Hannover, die imaginäre Etikette in unserer Mietwohnung, und verwies auf die Möglichkeit des Hörens per Kopfhörer oder im Auto auf dem Weg zur Arbeit. Tja, jetzt weiß man zumindest, weswegen man in die Klasse der malochenden Mittelschicht hineingeboren wurde. Also weiter Bier saufen und Currywurst futtern, statt Trüffel, Gänseleber und Kaviar picken oder Austern und Schampus schlürfen. Da hilft einem auch die Princess Rock-CD nicht weiter, Daus du bleibst eben halt ein Prolet!
Im Prinzip kann man für die Protagonisten nur hoffen, dass die ganze vertonte Version von eher ironischer Natur ist, aber muss man Intentionen immer gleich musikalisch aufarbeiten?
Bilder und Bücher haben doch auch Aussagekraft. Entgegen rauschen einem belanglose Pop- und (dezente) Rockelemente, die das Gepiepse Sara Anderssons im Stile einer Kate Bush gelegentlich harmonisch, oftmals weniger harmonisch untermalen. Die Frontfrau wird sich zweifellos mit ihren Liebesliedtexten in die Herzen sich unverstanden fühlender Adelstöchter wie beispielsweise Stephanie von Monaco & Co. hineinzwitschern.
Mal ehrlich, warum tut man so was? Hier der Erklärungs-Ansatz des Psychologen: Sämtliche Protagonisten der Band sind Einzel- und wahrscheinlich Scheidungskinder, besonders Sängerin Sara wurde von ihrem Stiefvater nach vermeintlichen Verfehlungen stundenlang bei trockenem Knäckebrot in ein Vogelgehege eingesperrt. Nach, bzw. während dem Kunst- oder Musikstudiums begann dann zur späten Aufarbeitung der Erlebnisse die Flucht in musikalische Pop-Rock-Phantasiewelten. Oder aber es ist alles doch viel einfacher gestrickt: Es handelt sich lediglich um merkwürdige Kreativschübe als Spätfolge studententypischer Alkoholexzesse.
Auch das beigefügte Video zum Opener "Feet Back On The Ground", einem der wenigen halbwegs erträglichen Songs, hält dem intellektuellen Anspruch des Gesamtwerkes stand...: Eine recht hübsch anzuschauende Dame (Typ Cora Schumacher, aber mit schwarzen Haaren) in einem 'Playboy'-typischen 'Bunny'-Kostüm bekommt einen Anruf, und stellt darauf hin in ihrer Küche eine Sahnetorte her. Nach Vollendung läuft sie mit der Torte in beschriebenen Aufzug durch die Pampa, während sich anderseits ein Hund ebenfalls auf den Weg macht. Dazwischen immer wieder Einblendungen der performenden Band in einem Hinterhof.
Irgendwann treffen sich die Dame und der Hund, sie stellt die Torte auf den Boden und der Hund schlingt sie herunter.
Handelt es sich hier um den humorvollen Wiedergutmachungsversuch eines verwöhnten Studentensohnes reicher, sich im Urlaub befindlicher Eltern, der die morgendliche Fütterung des Hundes vergaß, und dem Vierbeiner zur Entschädigung mal was ganz Besonderes bieten wollte?
Dem Interpretationsspielraum sind hier, wie so oft bei Dingen mit künstlerischem Anspruch, sicherlich Tür und Angel geöffnet.
Fazit: Die Debüt-CD von Princess Rock ist wirklich die Krönung. Der gesellschaftspolitisch betrachtet, pöbelhafte RockTimes-Redakteur muss dem Balzversuch, oder besser formuliert, dem höflichen Anhalten um die Hand seitens der Promofirma ("es wäre schön, wenn ihr euch für den schwedischen 'Hochadel' erwärmen könntet") leider die kalte Schulter zeigen. Ja, er wagt sogar die Prognose, dass selbst eine potentielle Prinzessin wie unsere allseits geliebte und bekannte Tatjana Gsell bei dieser Musik wohl die Lust am Vögeln vergehen würde, sogar bei unverhofft auftretendem Dauerständer ihres Ferfriedes von Hohenzollern und jeder Menge 'Fürst von Metternich'.


Spielzeit: 45:11, Medium: CD, Roastinghouse Records, 2005
1:Feet Back On The Ground 2:Hiding Downtown 3:Whatever Makes You Happy 4:Mine For Eternity 5:Something True 6:Until The Bitter End 7:Half A Woman 8:My Way (Hey, Hey) 9:Falling 10:Only In A Song 11:Pretentious Party 12:A Silence So Loud
Bonus: Feet Back On The Ground Video
Daniel Daus, 05.04.2006