Black, White, Red ... das Artwork rockt, die Koalition steht, Tom Pettys 'Highway Companions' flirten lächelnd erhaben vom Cover der zauberhaft kreierten Vintage-Scheibe. Ewige Blutsbrüder auf der endlosen, staubigen Road to Rock'n'Roll ... Die Heartbreakers trafen sich also wieder vereint zur zünftigen Jam-Session in der Perser-ausgelegten Blues-Garage, was geschmackvolle Inside-Fotos stichhaltig belegen können. Man schraubte, schmierte, und improvisierte - und was kommt nun herausgerollt?
Pettys "Mojo" ist ein riesiger, liebenswerter, langkantiger Oldtimer, dem die Jahre in die Glieder gefahren sind, während sich der Lack über die unwiderstehlichen Heckflossen hinweg in alle Winde verstreut ...
Tom chauffiert den erblassten Schlitten meist gemächlich über die Slow-Lane, poliert die Chromleisten unablässig auf Hochglanz, stellt die Rückspiegel kompromisslos auf Sixty-Nine und kurbelt die Fenster auf Durchzug. Das alte Schlachtross schluckt gierig Liter um Liter, Petty stoppt von Zeit zu Zeit, tankt unbeirrt voll, lässt den unverwüstlichen V8er aufheulen und pastellfarbene Wolken hinter sich ...
Dylans Combo scheint noch frei zu haben und erledigt derweil im Vorbeigehen den Ferienjob bei Petty Inc., umgeben von der Aura unantastbarer Autorität ... So vermittelt es immerhin verblüffend Mojos #1, "Jefferson Jericho Blues", das dem mittlerweile leidenschaftlichen Blues-Chronisten direkt aus dem Aktuelle-Aufnahmen-Tresor geraubt worden sein könnte. Ist es aber nicht. Und auch David Hidalgo ist bei den Recordings hier nie gesichtet worden. Stattdessen liefern Petty-Schatten Mike Campbell, der sympathische, vielseitige Scott Thurston und Tasten-Institution Benmont Tench als wichtigste Sidemen ein urwüchsiges, punktgenaues, einladendes Warm-up, serviert nach vierjähriger Studio-Abstinenz vom inzwischen vollbärtigen Ray-Banner aus dem derzeit wohl eher sonnengetrübten Florida.
Es folgt gleichauf die eindeutige Identifizierung des langen Blonden anhand der absoluten Perle seines neuen Albums: "First Flash Of Freedom" heißt das Schmuckstück, designt im charakteristisch malerischen Sound-Panorama des Tom Petty - das "It's Good To Be King" von "Mojo" gewissermaßen.
We're back in Pettyville. Und die Blues-Party steigt nach der unbestreitbaren Glanz-Nummer mit "Running Man's Bible". Das portable Wort Gottes beschwört Organist und Routinier Tench vehement und passioniert auf der souverän in den Himmel gefahrenen Hammond C-3. Da ist er wieder, der wirklich einmalige, unverwechselbar nuancierte Heartbreakers-Akzent.
"The Trip To Pirate's Cove" beinhaltet die 732. Straßen-Geschichte, erzählt im Stile etwas verstörend humorvoll anmutender Road-Romantik, die Asphalt-Pirat Tom mit der ihm so eigenen lyrischen Unbefangenheit, wie sie schon George Harrison faszinierte, verträumt ins verführerische Klangbild eines glutroten Sonnenuntergangs malt:
»We lost a wheel in Santa Cruz
So we partied with some motel maids
My friend said I don't like mine
So what do you say we trade
She was a part of my heart
Now she's just a line in my face«
George in heaven wird es verzückt vernehmen ...
Flott swingt "Candy" durch einen rhythmisch tighten wie ultraleichten, geradezu infizierenden Blues-Standard, bevor "U.S. 41" in puristischer, kauzig-verfremdeter Robert-Johnson-Manier - Scott Thurston ist hier als Harp-Professional am Werk - ein kleines Air Force-Epos zum Besten gibt. "I Should Have Known It" packt alle Saiten-Geräte umgehend wieder aus und zockt ein dermaßen breites, abgekochtes Southern-Brett, dass die Wände erzittern und die Spitzenvertreter der zotteligen Branche neidlos das Feld räumen würden.
Das neu erwählte Brillengestell unseres Easy Riders mag Karl Lagerfeld unter Umständen den einen oder anderen Schauer über den Rücken jagen. Ungeachtet des stets veränderlichen Modeprinzips jedoch feilt der blonde Highway Man in stoischer Konsequenz an der Marke Tom Petty, die sich munter zum verkannten Szene-Monopol entwickelt. Der beinah reaktionäre Traditionalist verdammt spitzbübisch grinsend jeden noch so herzblütigen, progressiven rockmusikalischen Gedanken zur Lächerlichkeit und torpediert mit sichtlich wachsender Begeisterung marktschreierisch verordnete stilistische Tendenzen.
Wenngleich sich 'Mr. Refugee' grundsätzlich samt Händen und Füßen gegen unnütze Experimente sträubt, überrascht uns Yesterday Man Tom dennoch mit offenbar tief verborgenen, fast schon exotischen Neigungen im unerwarteten, zart angedeuteten Reggae-Gimmick "Don't Pull Me Over". Laune macht das. Nachfolgend genehmigt sich Petty bei "Taking My Time" eine Auszeit in gebührender, sachkundig verlangsamter Taktierung. Die Uhr steht schon fast, wenn "Let Yourself Go" schließlich als herrliche Lockerungsübung sämtlicher freiwillig zuckender, bewegungsfähiger Körperteile losgetreten wird.
Der Feingeist wird auf "Mojo" möglicherweise filigrane Finessen à la "Down South" oder "Square One" vom solistischen Vorgänger-Ausflug des "Highway Companion", oder auch den gewissen Hauch eines innovativen Wagnisses im gesamten Song-Arrangement vermissen. Außer Zweifel steht aber nichtsdestotrotz das qualitativ wieder einmal hochgradig gelungene Werk eines unglaublich intuitiven Bandgefüges um und mit dem Meister des Classic Rock'n'Roll.
Manche Züge fahren zu früh, manche gar nicht, manche zu spät. Der Tom Petty-Train war immer on time und ist längst im zeitfernen, südlichen Stadtteil von Rocktown angekommen. - »And that's good enough ...«, wie die nüchterne Bilanz einer anspruchslosen und doch so sehnsüchtigen Lebensphilosophie in der letzten Nummer des 'Glücksbringers' wirkungsvoll auszusagen vermag.
Line-up
Tom Petty (vocals, guitar)
Mike Campbell (guitar)
Benmont Tench (keyboards)
Ron Blair (bass)
Scott Thurston (harmonica, guitar)
Steve Ferrone (drums)
Tracklist |
01:Jefferson Jericho Blues
02:First Flash Of Freedom
03:Running Man's Bible
04:The Trip To Pirate's Cove
05:Candy
06:No Reason To Cry
07:I Should Have Known It
08:U.S. 41
09:Takin' My Time
10:Let Yourself Go
11:Don't Pull Me Over
12:Lover's Touch
13:High In The Morning
14:Something Good Coming
15:Good Enough
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