Tony O'Hora / Escape Into The Sun
Escape Into The Sun
Abermals haben sich zwei musikalische Kreativschmiede zusammengerauft, um gemeinsam ihre kompositorischen bzw. tönenden Hirngespinste zu einem Ganzen zusammenzufügen und das 'Schwert' zu bearbeiten, solange es noch glühend ist.
Das ist zum einen Starbreaker / Last Tribe - Mastermind Magnus Karlsson aus dem Hohen Norden, der sich hier gleich als Multitalent beweist und Gitarren, Bass und sämtliche Tasteninstrumente selbst eingespielt hat (brachte zuletzt seine künstlerischen Intentionen beim Allen Russell & Jörn Lande -Album The Battle mit ein), und zum anderen der Brite Tony O'Hora, der sich in Europa und Japan den Ruf als begnadeter Sänger im Melodic-Rock Bereich schon längst gesichert hat.
Dieser setzte bereits seit Mitte der Siebziger mit Praying Mantis Akzente, die während der 'New Wave Of British Heavy Metal' einen gewissen Bekanntheitsgrad erreichten, sich aber wegen chronischer Erfolglosigkeit und Besetzungsproblemen auflösten. Zu ihren Lebzeiten gaben sich illustre Musiker die Klinke in die Hand, so begannen Paul Di'Anno, Cliff Burr und Dennis Stratton (der heute wieder mit von der Partie ist) ihre Karriere, die sie später mit Iron Maiden manifestieren konnten.
(Anm.d.V: Das Subgenre 'NWoBHM' spezialisierte sich in den Siebzigern resp. Früh-Achtzigern darauf, das Altmetall der amerikanischen Heavyrockgruppen vom letzten Rest Blues zu befreien und es zu sublimieren, um es als ein ureigenes Genre zu konsolidieren. Der Heavymetal hofierte zum ersten Mal in öffentlichen Medien, wurde im Mainstream-Radio gespielt, sogar im Vorabendfernsehen gesendet, avancierte geradewegs zum ernstzunehmenden Verkaufsprodukt.)
1990 wagten die genannten Briten, zwar in fluktuierenden Formationen, nochmals durchzustarten, wurden aber weitgehend von der europäischen Hörerschaft ignoriert, feierten hingegen im 'Land der aufgehenden Sonne' mit ihren Alben beträchtliche Erfolge und Verkaufsbilanzen. Der prägende Gesangssolist hatte 2000 beim 'Gods-Festival' in Wigan, GB, den letzten gemeinsamen Auftritt mit den 'Gottesanbetern', und beteiligte sich noch aktiv am recht gelungen Studiooutput "Nowhere To Hide", bevor er sich als Lehrer am Music College in Birmingham verdingte.
Nebenbei war er ein permanentes Tour-bzw. Bandmitglied bei der, von Andy Scott reanimierten Glamrock-Legende Sweet.
Auf dem vorliegenden Debüt "Escape Into The Sun" gibt er sich solistisch eher bescheiden, gerade demütig auf seine präsenten Stimmqualitäten konzentriert, wogegen Kompagnon Karlsson kompositorisch freilich großkotzig auftritt, und als Instrumentalist bzw. Riff-Architekt, der sich auf musikalische Kathedralen und sakrale Prunkbauten spezialisiert hat.
Eigentlich erwartet man von solch hochkarätiger Paarung immer ein Ergebnis wie aus einem Guss. Es wäre daher eine Untertreibung, spräche man von purer Ernüchterung, die sich nach dem Konsumieren dieses Silberlings einstellt. Denn die Beiden bieten hier mehr oder weniger konventionellen, melodischen Hard Rock, ohne jegliche Überraschungen - innovationslos und ergo auch ohne wirklich gute Songs. Das Ganze klingt nicht unbedingt nach beherztem Engagement der Beteiligten. Das liegt mutmaßlich einerseits daran, das Karlsson selbst auf traditionelle, moderate und pompöse Keyboard-Sounds setzt, und anderseits, dass der ausdruckstarke süßliche Gesang von O'Hora doch zeitweilig etwas überspitzt, gepresst und affektiert seinen Kehlkopf malträtiert.
Anerkennung muss man aber neidlos der versierten Gitarrenarbeit des Schweden zollen, der sich mit einem Augenzwinkern in die manifestierten Fußstapfen von Meister Eddie Van Halen begibt, um schwindeleregende Soli bzw. Licks aus dem Ärmel zu schütteln. Die Kompositionen sind kalkulierbar auf Schönklang getrimmt mit den genretypischen Klischees im Gepäck. So versinkt jeder der 12 Songs per se in reichlich abgegriffenen Intonationen.
Während das Album im Laufe versucht den Geist von seligen Melodie-Hardrock-Bands wie Magnum u.a. aufleben zu lassen, verliert sich das Kreativ-Duo des öffteren in schwülstigen Gefilden bzw. driftet dabei stellenweise sogar in gähnenden Pathos ab, was aber keinesfalls heißen soll, dass es hier an Qualität mangelt.
Natürlich gibt es an dieser Scheibe produktionstechnisch nichts zu beanstanden, aber vielleicht hätten sich die Herren bei den Arrangements etwas mehr anstrengen können. Beide Studiotüftler liefern trotzdem eine respektable Performance ab, obgleich die Kompositionen mit ihrer Banalität einen positiven liebenswürdigen Vibe verströmen. Einen Totalausfall gibt es nicht zu beklagen, ein herausragender Track ist aber leider auch nicht auszumachen.
Dieses Erstlingswerk ist auf jeden Fall immer noch wohltuender Balsam auf die, durch Computermucke vom Fließband, gesangesschwachen Hupfdohlen und allgegenwärtigen spätpubertierenden Möchtegernrockern, wundgewordenen Ohren.


Spielzeit: 54:22, Medium: CD, Frontiers, 2006
1:Broken Soul (4:07) 2:Escape Into The Sun (4:38) 3:No More Innocence (5:01) 4:High Enough (4:05) 5:My Final Prayer (4:35) 6:Dreamless Nights (4:02) 7:More Than We Know (4:43) 8:Close To Me (4:34) 9:Evil Love (4:56) 10:Black Wings (3:57) 11:Start All Over (5:21) 12:Never Alone (4:48)
Ingolf Schmock, 25.01.2006