Alles super, alles gut, da kann ja eigentlich gar nichts schief gehen, ein Sangesprofi, eine scharfe Big Band im Rücken, ein äußerst erfolgreicher und sehr guter Produzent (Michael Omartian) und eine Auswahl hervorragender Songs des 'Great American Songbook'.
Meine Ansatz- und Prüfpunkte beruhen auf zwei Begriffen: Pflicht und Kür! Gleich vorweg: Das hier ist Pflicht, zur Kür kommt es leider nicht. Das muss nicht bedeuten, dass dieses eine überflüssige Platte ist; es war sicher auch nicht zu erwarten, dass hier eine Neuentdeckung einer ungewöhnlichen Interpretationsfähigkeit im Jazzgesang ins Haus stand. Es kommt vielmehr darauf an, was jede(r) einzelne von einer solchen Konstellation erwartet.
Sir Cliff Richard hat am 14.10.2010 seinen siebzigsten Geburtstag gefeiert und sieht immer noch so aus, als sei er 50 (oder 40?). In den 50er Jahren war er einer der Pioniere des Rock'n'Roll in Großbritannien und durchlebte einige Phasen der populären Musik. Nun wollte er wohl einmal etwas ganz anderes machen und präsentiert jazzige Klänge.
So erleben wir Standards, locker und leicht 'aus der Hüfte' gespielt, wie "Love Me Or Leave Me" oder "Don't Get Around Much Any More", eine gewisse 'Mitternachtsatmosphäre' mit Titeln wie "They Can't Take That Away From Me" oder "Teach Me Tonight". Solche Songs sind es, die für mich die Stärke des Sängers und der Platte ausmachen, besser als die hart swingenden. Interessant ist auf jeden Fall der Ausnahmetitel der Scheibe, ein Blues von Willie Dixon, "I Just Want To Make Love To You". Der Bluessong schiebt sich mit trockenem Rhythmus angenehm über die Zeit, ein Exot innerhalb der Platte, die bei mir den Wunsch erweckt, sie wäre komplett so eingespielt worden! Cool die Vocals mit Gefühl für dieses Genre, auf sanfte Weise dargeboten. Doch, das mag ich auch. Weitere Ausnahmen sind ein Ausflug nach Südamerika mit "I Didn't Know What Time It Was" und der etwas mehr treibende und fordernde Track "Accentuate The Positive", der schon fast rockt.
Die Band swingt einwandfrei, Richard phrasiert ganz wunderbar und geschmeidig, doch ist alles irgendwie verdammt steril, sehr 'sauber'. Seine Stimme ist grundsätzlich noch klar, doch zeigen sich leichte Abnutzungserscheinungen beim Formen einiger Wörter, wie das oft im Alter bei Zahnersatz der Fall ist. Präzise und vorhersehbar sind auch die kurzen Soli von Saxofon und Trompete, im übrigen agieren sehr gute Musiker.
Aber - ganz ehrlich - wenn ich solche Musik wirklich genießen will, dann hole ich eine Scheibe von Frank Sinatra, Sammy Davis, jr. oder ähnlichen Künstlern aus dem Regal. Das hier ist alles ganz nett, und wer Cliff Richards Stimme so gern mag, für jene ist die Platte eh ein 'Muss', aber ob er alle anderen damit 'hinter dem Ofen hervorlocken' kann, erscheint mir ungewiss. Diese Platte gibt es auch noch mit zwei Bonustracks.
Line-up:
Cliff Richard (vocals)
Tom Hemby (guitars)
Patrick Coil (piano)
Craig E. Nelson (bass)
Bob Mater (drums)
Eric Darken (percussion)
George Tidwell (trumpet)
Mike Haynes (trumpet)
Steve Patrick (trumpet)
Jeff Bailey (trumpet)
Vinnie Ciesiesky (trumpet)
Barry Green (trombone)
Ernie Collins (trombone)
Roy Agee (trombone)
Chris McDonald (trombone)
Mark Douthit (alto saxophone, tenor saxophone, sax solos)
Doug Moffet (tenor saxophone, flute)
Denis Solee (baritone saxophone, bass clarinet)
Sam Levine (alto saxophone, flute)
Jimmy Bowland (tenor saxophone, clarinet)
Paul Vann (backing vocals)
Scat Springs (backing vocals)
Perry Danos (backing vocals)
Percy Travis III (backing vocals)
Tracklist |
01:Love Me Or Leave Me (Kahn/Donaldson)
02:Lazy River (Arodin/Carmichael)
03:I've Got You Under My Skin (Porter)
04:I Just Want To Make Love To You (Dixon)
05:They Can't Take That Away From Me (Gershwin/Gershwin)
06:Let's Fall In Love (Porter)
07:I Didn't Know What Time It Was (Rodgers/Hart)
08:Accentuate The Positive (Arlen/Mercer)
09:Teach MeTonight (Cahn/DePaul)
10:Don't Get Around Much Any More (Russell/Ellington)
11:Night And Day (Porter)
12:Bewitched, Bothered & Bewildered (Rodgers/Hart) |
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Externe Links:
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