Django Reinhardt / The Complete Trios
The Complete Trios Spielzeit: 79:02
Medium: CD
Label: Essential Jazz Classics, 2013
Stil: Jazz, Gypsy Swing

Review vom 07.05.2013


Wolfgang Giese
Innerhalb der vielen Sessions des Gitarristen, die Django Reinhardt zwischen 1934 und 1953 einspielte, gab es nur wenige Triobesetzungen. Auf dieser CD sind nun alle bekannten Triotitel aus der Zeit zwischen 1934 und 1945 versammelt. Hinzu kommen einige rare Bonustracks mit der Sängerin Nitte Rette und einige Quartetteinspielungen, Tracks 19 bis 28. Sehr knisternd und rauschend klingen die ersten drei Titel aus dem Jahr 1934 - die nachfolgenden sind dann im Klang besser.
Noch kurz etwas zu diesem genialen Musiker, der als Jean 'Django' Reinhardt am 23. Januar 1910 in Belgien geboren wurde und am 16. Mai 1953 viel zu jung verstarb. Einige betrachten ihn als den größten Gitarristen aller Zeiten. Darüber ließe sich natürlich aus mehreren subjektiven Gründen streiten, unbestritten ist jedoch sein besonders hoher Stellenwert in der Entwicklung der Jazzgitarrenmusik. Dabei stammt sein Einfluss aus der Musik seiner Familie, den Roma zugehörig. Reinhardt spielte zunächst neben der Gitarre noch Banjo und Violine. Sein Spiel lernte er dadurch, dass er anderen Musikern auf die Finger schaute und einfach nachspielte. Bereits im Alter von dreizehn Jahren verdiente er sich den Lebensunterhalt mit Musik, bis er durch einen schweren Brand im heimatlichen Wohnwagen schwere Verletzungen erlitt, unter anderem eine Lähmung des Ring- und kleinen Fingers der linken Hand, was zu einer dauerhaften Lähmung führte. Dennoch übte er eine ganz neue Spielweise ein, Soli nur unter Nutzung der verbliebenen zwei Finger. Das erscheint geradezu unglaublich, wenn man diese flüssige und flinke Spielweise hört.
In diese Zeit fällt die erste Begegnung mit der Jazzmusik, die letztlich prägend wirkte. Die Folklore seines Volkes verband Reinhardt alsbald mit der Hitzigkeit des Swing und dies wurde dann mit der Gründung des Quintette du Hot Club de France, zusammen mit Stéphane Grappelli, stilprägend. Aber immer wieder waren es auch Begegnungen mit amerikanischen Jazzmusikern, die seinen Stil fortwährend prägten und veränderten. Da waren unter anderem Louis Armstrong, Benny Carter oder auch Coleman Hawkins, der übrigens auch auf dieser Kollektion zu hören ist, bei "Stardust", einer Aufnahme aus dem Jahr 1935. Aufnahmen mit Grappelli gibt es ebenfalls zu hören. Dieser spielt allerdings neben der Violine auch Piano und Celeste, in den jeweiligen Trioformationen.
Es ist der Jazz der dreißiger Jahre, der Pate stand, aber im Vordergrund steht stets die äußerst emotionale Spielweise des Gitarristen - herrlich dieser singende Ton, den später wohl niemand so ausdrucksvoll mehr spielte. Gleichwohl beeinflusste Django Reinhardt viele Kollegen und nach einem Höhepunkt des Gypsy Swing in den Siebzigern - mit Musikern und Bands wie Schnuckenack Reinhardt, Titi Winterstein, Häns'che Weiss und vielen anderen - wurde sein Stil stets weitergetragen, sei es im Rosenberg Trio oder im Jazz, aktuell durch Philip Catherine, der ebenfalls diesen herrlich warmen und singenden Ton spielt.
Doch hier dürfen wir uns an dieser herrlichen Auswahl von Aufnahmen erfreuen, die allesamt in Paris entstanden. Es fällt schwer, besonders hervorragende Stücke zu nennen, sind sie es doch alle auf ihre Art. Von historischer Bedeutung sind sicher auch die beiden Titel mit zwei Geigern, die in Konkurrenz standen. Hier spielen Eddie South und Grappelli friedlich miteinander auf den Tracks acht und neun. Gar an klassische Musik erinnert das, wenn sich die beiden ineinander verflechten - das klingt wirklich gut!
Nun zu den Bonustracks: Mit der französisch singenden Nitta Rette stellt sich eine Dame mit einer leicht trällernden Stimme vor. Ja, das klingt nach Kaffeehausmusik mit Grappelli als Tischgeiger - Titel wie ein Spiegel der Atmosphäre im damaligen Paris. Eine interessante Beigabe, bei der Django Reinhardt ein wenig im Hintergrund bleibt. Genau das Gegenteil ist es dann wieder bei den verbleibenden Quartettaufnahmen, bei denen der Gitarrist wieder brilliert und zu begeistern weiß. Diese Musik swingt auch ohne Schlagzeug unglaublich und gerade besonders dann, wenn ein zweiter Gitarrist für diesen mitreißenden Rhythmus sorgt.
Mir zeigen alle diese Aufnahmen wieder, welch begnadeter Musiker Reinhardt war und dass man ihn hinsichtlich seiner Bedeutung gar nicht hoch genug einstufen kann. Seine stets wachsende Hinwendung zum Jazz wird unter anderem durch herrliche Interpretationen solcher reinen Jazztitel wie "Honeysuckle Rose" dokumentiert.
Line-up:
Django Reinhardt (guitar)
Joseph Reinhardt (guitar - #1-3)
Juan Fernández (bass - #1-3)
Coleman Hawkins (tenor sax - #4)
Stéphane Grappelli (piano - #4, violin - #8,9,22-24, celeste - #11)
Louis Gasté (guitar - #5-6)
Eugène D'Hellemmes (bass - #5-6)
Eddie South (violin - #7-9,23)
Paul Cordonnié (bass - #7,23)
Michel Warlop (violin - #10,22,24)
Louis Vola (bass - #10,24)
André Ekyan (clarinet - #12,13, alto saxophone - #12,13,25-28)
Lucien Simoens (bass - #12,13)
Pierre 'Baro' Ferret (guitar - #14,25-28)
Emmanuel Soudieux (bass -#14,15,25-28)
Gustave 'Gus' Viseur (accordion - #15)
Nitta Rette et son Trio 'Hot': (#16-18)
Nitta (or Nina) Rette (vocal - #16-18)
Stéphane Grappelli (violin - #16-18)
Emil Stern (piano - #16-18)
Eugène Vées (guitar - #19)
Jean Storne (bass - #19)
Gaston Léonard (drums - #19) Larry Mann (piano - #20,21)
Bob Decker (bass - #20,21)
Bill Bethell or Red Lacky (drums - #20,21)
Roger Chaput (guitar - #22)
Tracklist
01:Tiger Rag (2:21)
02:After You've Gone (2:13)
03:Confessin' (2:38)
04:Stardust (3:13)
05:St. Louis Blues (2:43)
06:Bouncin' Around (Rhythm In G Minor) (2:46)
07:I Can't Believe That You're In Love With Me (3:18)
08:Intèrpretation Swing Du 1er Mouvement Du Concerto En Ré Mineur De J. S. Bach [Version 1] (2:26)
09:Improvisation Sur Le 1er Mouvement Du Concerto En Ré Mineur De J. S. Bach [Version 2] (3:20)
10:Christmas Swing (2:51)
11:Blues (3:03)
12:Dream Ship (2:49)
13:I Can't Believe That You're In Love With Me [Version 2] (2:21)
14:I'll See You In My Dreams (2:33)
15:Daphné (2:23)
16:Points Roses (2:51)
17:Un Instant D'infini (3:30)
18:Mon Coeur Reste Près De Toi (3:11)
19:Blues Clair (3:03)
20:Honeysuckle Rose (2:49)
21:Don't Be That Way (4:18)
22:You Took Advantage Of Me (2:54)
23:Fiddle Blues (2:46)
24:Sweet Sue, Just You (2:29)
25:Rosetta (2:28)
26:Sugar (2:39)
27:A Pretty Girl Is Like A Melody (2:38)
28:Margie (2:14)
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