Hank Ray / Ballads from the Badlands of Hearts
Hank Ray
Schon das Cover macht einen düsteren Eindruck und vermittelt auch irgendwie das Gefühl von vergangenen Zeiten. Das Bild von Hank Ray vor einen Mikrophon weckt Erinnerungen an alte Photographien aus den Aufnahmestudios der 40er und 50er Jahre. Amerikanische, wohlgemerkt.
Hank Ray, Sänger und Mastermind der Raymen hat hier unbekannte(re) bzw. unveröffentlichte Songs der Country-Ikone Hank Williams, Sr. vertont. Dieser nahm in jungen Jahren das 'Amerika des kleinen Mannes' mit all seiner poetischen Kraft im Sturm. In den Morgenstunden des Neujahrstages 1953 und im Alter von nur 29 Jahren hauchte er der Legende nach auf dem Rücksitz eines Autos auf dem Weg zu einer Show in Ohio sein Leben aus. Ausgebrannt vom ständigen Touren, von Alkohol und anderen damals mehr oder weniger legalen Substanzen.
Wenn's tätsächlich so war könnte man fast an eine Inzenierung der von ihm erdachten Stories denken. Allerdings sind der genaue Todeszeitpunkt und die genaueren Umstände seines Todes noch immer Anlass zu Spekulationen.
Die CD startet mit "Six more Miles to the Graveyard" und Hank Ray kann sofort mit einem Bariton über sparsamer Instrumenierung für Gänsehaut beim Hörer sorgen. Diese Stimme...sicher näher an Tom Waits als an Johnny Cash, Waits'sches Gebrummel ist allerdings auch nicht zu vernehmen. Im Gegenteil, die Stimme selbst wird zum Rhythmusinstrument und ergänzt die Gitarrenklänge einfach perfekt.
Bei vier Stücken dieser Songkollektion schrieb Hank Ray neue Arrangements - und das immer mit überwältigendem und sich perfekt ins Gesamtgeschehen einfügendem Erfolg. Das Booklet gibt preis, dass sich die Instrumente neben akustischen, Slide- und Tremolo-Gitarren auf Steh-Bass und Orgel beschränken und es ist schon erstaunlich, welche Ausdruckskraft damit erzeugt wird. Nichts wirkt irgendwie aufgesetzt, falsche Posen werden konsequent vermieden. Damit richtet sich diese CD an den erwachsenen (Zu-)Hörer und wird, entsprechende Stimmung vorausgesetzt, für ein wirklich befriedigendes Erlebnis sorgen. Hier wird tatsächlich "musiziert".
Als Anspieltips können das von Traurigkeit durchzogende "Six more Miles to the Graveyard" und das für Hank Williams, Sr. so typisch mit an das 'Establishment' in welcher Form auch immer gerichtetem und zum Schutz der 'Loser' moralisch erhobenen Zeigefinger vorgetragene "Men with broken Hearts" gelten - letzteres laut Beipackzettel von Williams selbst scherzhaft als 'furchtbarster, morbidester Song, den ihr je gehört habt' bezeichnet.
Aber auch jeder andere Track überzeugt und ist in Arrangement, Aussage und Ernsthaftigkeit auf gleicher Stufe - und faktisch auch sehr ähnlich. Bei Musik von Hank Williams, Sr. wäre etwas anderes auch gar nicht möglich. Hier gibt es nur schwarz oder weiss - man liebt es oder hasst es. 'Kopf'-Hörer werden aber sicherlich begeistert sein. Wer mit Johnny Cash's "American Recordings" was anfangen kann, sollte sich dies unbedingt einmal anhören.
Produziert wurde die CD in den Berliner Lightning Recording Studios, sie ist gekonnt warm gehalten, bietet aber trotzdem gute Durchhörbarkeit des Klanggeschehens. Die CD beinhaltet ein Video im MPEG-4 Format, das bei mir nur der Quicktime-Player von Apple abspielen konnte, die anderen Mediaplayer versagten damit ihren Dienst - eventuell aber auch nur ein Codec-Problem meines Rechners.
Anm.: Meine Frau fragt, was denn DAS für eine Musik ist.... Man muss sicherlich schon Liebhaber solcher kompromisslosen Klänge sein...und wenn man es ist (wie ich), stellt sich eine solche Frage erst gar nicht.
Für Leute, die jetzt Appetit bekommen haben: die CD ist ab dem 28. Februar 2005 im Verkauf.
Spielzeit: 41:52, Medium: CD, Rhythm Bomb Records, 2004
1: Six more Miles to the Graveyard 2: Lost on the River 3: Somebody's lonesome 4: Men with broken Hearts 5: A Stranger in the Night 6: Your turn to cry 7: Alone and Forsaken 8: The pale Horse and his Rider 9: I told a Lie to my Heart 10: Forever is a long, long Time 11: The Angel of Death 12: Wedding Bells
Video: Men with broken Hearts (MPEG-4)
Manni Hüther, 18.12.2004