Sie ist zweifellos rein optisch betrachtet eine 'Pretty Woman' und auch ihr Einstieg ins Musikbiz in Nashville hört sich zunächst einmal wie aus einem Film an.
Die Rede ist von Julie Roberts, weder verwandt noch bekannt mit ihrer berühmten Nachnamensvetterin aus Hollywood.
Hier die Kurzversion des Drehbuchs: die schon immer musikbegeisterte
Studentin aus South Carolina wechselt an die 'Belmont Universität' in
Nashville, wo sie mit einigen Kollegen auch bald eine Band formt,
und versucht in der hiesigen Clubszene Fuß zu fassen.
Sie nimmt parallel ein paar Demobänder auf. Nach ihrer Promovierung erhält sie eine Anstellung als Empfangsassistentin bei 'Mercury Records'. Über einen Freund gelangen die Aufnahmen zu einem der Stargitarristen der Studiomusikergilde:
Brent Rowan.
Der wiederum nimmt einige weitere Sachen mit Julie auf, und spielt das Geleistete dem Präsidenten der 'Universal Music Group Nashville'‚ Luke Lewis vor, der zum Zeitpunkt an der Verpflichtung einiger neuer Künstler interessiert war.
Dieser ist sofort hellauf begeistert und erklärt Rowan, dass er Julie
unbedingt kennen lernen möchte. Der erwidert trocken, dass er sich nur eine Etage tiefer bewegen müsse, denn die Gute arbeite bereits für ihn...
Kommen wir aber zu ihrem Werk, das bereits aus 2004 stammt. Aufgrund meiner mittlerweile doch recht zeitintensiven parallel laufenden Schreibtätigkeit für 'Bärchen Records', habe ich kaum noch die Gelegenheit, brandaktuelle (New-)Country-Reviews für RockTimes zu erstellen, so bin ich dann doch immer froh, wenn sich mal wieder die Gelegenheit ergibt, die eine oder andere Perle des Genres, ohne Zeitdruck portraitieren zu können, wie es in der Vergangenheit einmal der Fall war. Trotzdem empfehle ich den Interessierten dieser Sparte mal die Altartikel zu durchstöbern, denn da befindet sich jede Menge Material, was es zu erforschen gilt und sicherlich so manche positive Überraschung ans Licht bringen wird.
So jetzt aber, genug gefaselt.
Julie Roberts präsentiert auf ihrem Debüt elf Stücke, die größtenteils im
Balladen- und Midtempobereich anzusiedeln sind, fernab der schnelllebigen
und kommerziell orientierten Mainstream-Schiene, die doch größtenteils
in Nashville marktbeherrschend vorzufinden ist.
Jeder Song erzählt seine kleine Geschichte und lebt von der Atmosphäre, die einerseits durch Julie's rauchig ausdrucksvolle Stimme sowie die exzellente Leistung eines relativ eng bestückten, aber qualitativ auf unglaublich hohem Niveau agierenden Musikerkreis, erzeugt wird.
Hier gilt es sich Zeit zu nehmen, man schnappt sich am besten einen Kopfhörer, lässt sich mit einem Gläschen Wein in einen gemütlichen Sessel bei gedämpften Licht herabsinken, und von den liebevoll, aber sehr kraftvoll durch Produzent Brent Rowan abgemischten Details verwöhnen.
Auffällig trotz des gemäßigten Tempos der meisten Stücke, eine sehr knackige
Drum- und Percussionarbeit ( Shannon Forrest und Eric Darken), sehr klares Akustikgitarrenspiel durch Bryan Sutton, dezente, aber immer zum richtigen Zeitpunkt einsetzendes Piano eines meiner Lieblingskeyboarder Gordon Mote, und natürlich die erdigen E-Fills oder auf den Punkt gebrachten Soli von
Brent Rowan.
Für den Steelbereich zeichnet sich Legende Al Perkins verantwortlich und im Background stellten keine geringeren als Vince Gill und Delbert McClinton ihre charismatischen Stimmen für den einen oder anderen Song zur Verfügung.
Zu den Earcatchern dieser durchgängig guten CD ohne Lückenbüßer sind die beiden erfolgreichen Singles "Break Down Here" und "Wake Up Older" zu zählen, "Pot Of Gold" ein durch Akkordeon (Tim Lauer) dominiertes peppiges Midtempostück, das leicht karibisch anmutende "Just 'Cause We Can" und ein fetziger Countryrocker
mit Southern-Feeling "No Way Out", von Julie mit dreckiger Stimme im Stile Bonnie Raitts vorgetragen, veredelt mit schönen Akustikslides, Honkytonkpiano und rockiger E-Gitarre, die in Form eines kleinen Schlagabtausches weitere Akzente zu setzen wissen.
Das in rot/braunen Tönen gehaltene, umfangreich und schön gestaltete Cover, enthält jede Menge Bilder der hübschen Julie, sowie reichhaltige Infos und
natürlich alle Texte.
Bewiesen hat Julie mit ihrem Erstwerk allerdings eines ganz sicher: wie
sang Shania Twain doch noch vor kurzem so treffend auf ihrer letzten CD:
"She's Not Just A Pretty Woman" oder so ähnlich…?
Vielleicht verdreht Julie Euch ja auch mit ihrer tollen Stimme den Kopf.
'Bärchen-Records' der Mailorder für (New-)Country-Unterhaltung hat das
Werk parat liegen.
Spielzeit: 42:22, Medium: CD, Mercury Records, 2004
1:You Ain't Down Home 2:Break Down Here 3:Pot Of Gold 4:Unlove Me 5:Just 'Cause We Can 6:Wake Up Older 7:If You Had Called Yesterday 8:No Way Out 9:I Can't Get Over You 10:Rain On A Tin Roof 11:The Chance
Daniel Daus, 15.05.2005
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