 Ende August fand nun schon zum achten Mal die Sommermusik auf dem Schloss Rheydt statt. In diesem Jahr war neben UB40, Edo Zanki und BAP auch die Schottin Maggie Reilly plus Band am Start. Im Arkadenhof des Schlosses hatte man eine wunderbare Location mit schöner Atmosphäre geschaffen, welche Frau Reilly auch direkt begeisterte. Natürlich muss man, wenn man schon einmal mit ihr spricht, auch über Mike Oldfield reden, denn durch ihn ist sie nun mal bekannt geworden. Oldfield war aber nur ein Teil ihres bisherigen Weges und diese sympathische und bestens aufgelegte Dame hat noch viel mehr zu erzählen und ein großes musikalisches Spektrum zu bieten. Im Interview unterhielten wir uns daher u. a. auch über Konzerte im Schafstall, Schubladendenken und sogar über die Sisters Of Mercy. Extrem unkompliziert und sehr redselig plauderte sie mit wunderbarem schroffen schottischen Akzent munter drauf los.
RockTimes: Hallo Maggie! Schön, dich hier auf Schloss Rheydt interviewen zu dürfen. Ich hoffe, dir gefällt es hier. Lässt du dich eigentlich vom Ort des Konzertes beeinflussen oder bist du auf der Bühne 'in deiner eigenen Welt'?
Maggie: (strahlt) Nein, so ein schöner Arkadenhof ist natürlich wunderbar für ein Konzert und wenn es auch noch trocken bleibt, wird das sicher ein toller Abend (Anmerkung: Wurde es auch). Ich finde es wirklich schön hier und freilaufende Pfaue erlebt man auch nicht alle Tage.
RockTimes: Ihr spielt ja dieses Jahr sowieso an ungewöhnlichen Orten. Im September sogar auf der Hallig Langeneß in einem umgebauten Schafstall.
Maggie: Ja, da freue ich mich schon drauf. Ist etwas 'back to the roots'. Mit meiner ersten Band Cado Belle sind wir in den 70ern quer durch ganz Schottland getourt und haben u. a. auch auf den Inseln gespielt. Die bekannteste ist sicherlich Skye - die kennt man hier auch. Auf den Inseln war auch alles sehr einfach gehalten und wir mussten viel improvisieren, aber es hat tierisch Spaß gemacht. Ich erinnere mich an einen Auftritt in Gummistiefeln - (überlegt kurz) war schon etwas schräg (lacht).
RockTimes: Hast du ein besonderes Verhältnis zu Deutschland? Neben Großbritannien bist du hier am meisten unterwegs und in den 90ern warst du sogar mal mit Juliane Werding hier auf einer größeren gemeinsamen Tournee.
Maggie: In der Tat sind wir sehr viel hier auf Tour. Die Leute mögen mich hier und meine Musik und das ist es ja, was dich als Künstler glücklich macht. Außerdem habe ich zwei Alben in München produziert und ich liebe die wunderschöne Landschaft in Deutschland und vor allem die alten Burgen und Schlösser.
RockTimes: Dein letztes Album "Heaven Sent" hat durchweg gute Kritiken erhalten und auch die Fans mögen es. Ist dies für dich so eine Art Comeback und 22 Jahre nach "Echoes" so etwas wie ein Neubeginn?
Maggie: Es freut mich natürlich sehr, wenn die Leute die CD mögen. Wir werden auch einige Lieder daraus heute Abend spielen. Der Vergleich zu "Echoes" ist schon gut, denn die Herangehensweise und die Produktion waren ähnlich wie eben bei der erwähnten Platte. Die letzten beiden Alben habe ich in Schottland aufgenommen und sie waren eher traditionell. Bei "Heaven Sent" war direkt beim Einspielen ein guter Vibe da und wir hatten sehr viel Spaß.
RockTimes: Das Titellied fällt etwas aus dem Rahmen und erinnert mich vom Stil her an einen klassischen Disco-Funk-Song aus den 70ern.
Maggie: Es ist eine kleine musikalische Hommage an Cado Belle. Wir haben ihn sehr kurzfristig und improvisiert geschrieben und der Song hat keine tiefere Bedeutung. Ist einfach eine Spaß-Nummer und der Text ist etwas kitschig, aber das war gewollt.
RockTimes: Das letzte Stück der CD, "Where The Heart Lies", klingt sehr kraftvoll und hat einen sehr hymnischen Chorus. Beendet ihr damit auch eure Konzerte? Denn meiner Meinung nach passt das einfach gut, weil es eine Art großer Abschluss ist.
Maggie: Ja, das machen wir und genau so sehe ich das auch. Du hast den Song verstanden (lacht). Es ist ein typisch schottisches Lied in der Tradition von Runrig oder Big Country. Wir Schotten neigen in Liedern gern zu großen Gefühlen und etwas viel Pathos (grinst).
RockTimes: Lass uns doch mal über Coverversionen reden. Da wäre zum einen die Seite, wenn Bands deine Songs covern. Vor ein paar Jahren hatte die deutsche Band Cascada mit einer Dance-Version von "Everytime We Touch" einen Hit und "To France" wurde u. a. auch schon von Kim Wilde oder Blind Guardian gecovert.
Maggie: Die Cascada-Version fand ich toll. Ich freue mich natürlich, wenn andere meine Songs mögen und sie nachsingen. Das mag jeder Künstler. Kims Version von "To France" mag ich auch, weil sie den Song auch etwas verändert hat. Das finde ich immer wichtig, dass man das Lied nicht 1:1 nachsingt. Die Version von Blind Guardian kenne ich nicht (schaut zu ihrem Manager rüber). Schick mir das doch mal bitte.
RockTimes: Auf der anderen Seite hast du ja auch schon Songs von anderen eingesungen wie beispielsweise "True Colors" von Cyndi Lauper. Unter welchen Kriterien suchst du dir deine Coversongs aus?
Maggie: Mein Hauptkriterium ist immer der Text. Wenn ein Lied einen Text hat, der mich berührt, ist das schon mal gut. Wenn dann auch noch, wie bei "True Colors", diese wunderbare Melodie dazu kommt, ist das noch besser. Dazu kann ich noch erzählen, dass ich vor einigen Jahren ja mal ein reines Coveralbum aufgenommen habe. Zu dieser Zeit ging es meiner Mutter sehr schlecht und ich war echt mies drauf. Daraufhin habe ich in Dänemark ein Album produziert, auf dem ich eben meine persönlichen Favoriten eingesungen habe. Vielleicht war das damals eine Art Therapie.
RockTimes: Die meisten Leute bringen deinen Namen mit Mike Oldfield in Verbindung, aber du hast auch mit vielen anderen bekannten Künstlern gearbeitet. Da reicht die Spannbreite von Jack Bruce bis zu den Sisters Of Mercy. Liebst du die Abwechslung und die Herausforderung?
Maggie: Ja, absolut. Die Leute wollen mich immer in eine musikalische Schublade stecken und meinen, die macht nur diese Musik und sonst nichts. Aber das hasse ich (lacht). Es ist gegen mein Naturell und ich liebe ganz verschiedene Arten von Musik. Damals hatte ich auch des Öfteren Probleme mit Plattenfirmen, die gesagt haben: »Das kannst du nicht machen«. Heutzutage ist das nicht mehr so ein Ding. Die Zeiten haben sich in dieser Hinsicht zum Besseren gewandelt und die Leute sind heute doch offener als noch vor 25 Jahren. Jack Bruce habe ich schon einige Male auf Tour getroffen und ich habe dann bei zwei seiner Alben mitgearbeitet. Das war eine schöne Sache und er ist ein ganz toller Mensch. Bei den Sisters Of Mercy habe ich auf "Vision Thing" bei einigen Liedern im Background gesungen. Andrew Eldritch wohnte damals in Hamburg und man produzierte ein Album in Dänemark. Er rief mich an und ich kam ins Studio. Ganz einfache Sache und das hat auch viel Spaß gemacht.
RockTimes: Hast du eigentlich heute noch Lampenfieber auf der Bühne? Ich frage deshalb, weil ich zuletzt nochmals auf DVD deinen Auftritt zusammen mit Mike Oldfield auf dem Montreux Jazz Festival aus dem Jahre 1981 gesehen habe.
Maggie: Oh, den Auftritt gibt es mittlerweile auf DVD? Muss ich mir auch nochmals angucken. Ja, ich erinnere mich an diesen Tag. Das war schon alles etwas skurril. Wir waren vorher schon länger auf Tour und kamen nachts über die Berge nach Montreux. Wir sind mit dem Tourbus über sehr kleine Passstraßen gefahren. Das war schon mal sehr abenteuerlich. In Montreux war die Bühne in einem Casino, sehr klein und alles stand voll mit Instrumenten. Ich hatte also wenig Platz und der Boden war aus Glas, sodass man immer in die Tiefe schaute. Das alles zusammen machte mich ziemlich mürbe, genervt und dann auch unsicher bei diesem Auftritt. Aber gut, dass du das erwähnst - muss ich nochmals anschauen (lacht).
RockTimes: Aber ansonsten liebst du Touren schon?
Maggie: Na klar. Ich versuche auch jeden Abend etwas Besonderes zu bieten und hoffe, dass die Leute nach Hause gehen und sagen »das war ein toller Abend«. Dabei sollte man immer mal wieder aus der Routine ausbrechen und spontan sein. Wir haben zwar eine Setlist, aber schmeißen die auch gerne mal während eines Auftritts um. Man sollte jeden Abend individuell sehen. Routine und vorgeplante Abläufe auf der Bühne sind nicht mein Ding. Ich war vor Jahren mal hintereinander auf einigen Tina Turner-Konzerten. Ich bewundere diese Frau und sie macht tolle Musik und eine super Show, aber jeder Abend war genau gleich und alles war 100 % vorgeplant. Das könnte ich nicht - viel zu langweilig (lacht).
RockTimes: Zuletzt würde mich noch interessieren, wie du auf die Presse reagierst, die dir gerne klischeehafte Namen gibt. Da findet man dann so Phrasen über dich wie 'Stimme eines Engels', 'himmlischer Sopran' oder gar 'die singende Elfe'. Nervt dich das manchmal?
Maggie: Und schon sind wir wieder beim Thema Schubladendenken (lacht). Nein, eigentlich nicht. Ich habe mich im Lauf der Jahre damit abgefunden und im Grunde sind es ja Komplimente und nichts Schlechtes. Solange es nett ist, kann ich gut damit leben.
RockTimes: Danke für das Interview und alles Gute gleich für den Auftritt!
Maggie: Dann kann ich jetzt endlich gehen? Gott sei Dank (lacht herzlich). Nein, keine Ursache. Gern geschehen. Hat echt Spaß gemacht. Viel Spaß beim Konzert gleich!
Wir danken Stefan Bürger von Wild Heart Management für das Ermöglichen des Interviews und Andreas Döring für die Fotos.
Bilder vom Konzert
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