"The Spinning" ist die zweite Platte des am 28. Dezember 1986 geborenen österreichischen Schlagzeugers Mathias Ruppnig. Im Alter von sechs Jahren erlernte er das Schlagzeugspiel, vertiefte sein Wissen durch Mitwirkung in Bands verschiedener Musikrichtungen, bis hin zum professionellen Abschluss. Auch als Schlagzeuglehrer ist er heutzutage tätig.
Aufgenommen wurde diese Platte im April 2013 in den RTV Studios in Maribor. Begleitet wird der Österreicher von drei Slowenen und einem Slowaken, Jan Balaz. Der aus Slowenien stammende Jure Pukl ist ein Jazzer der neuen Generation, genau wie Balaz, der Pianist Marko Črnčec und Bassist Robert Jukič. Eine junge Band sucht also einen gemeinsamen Weg.
Schon schnell zeigt sich, dass diese Musik dynamisch ist, mit komplexen Strukturen und dichten Arrangements versehen. Ein wenig akademisch klingt es allerdings für mich bisweilen, die Flammen des Bebop lodern hier nicht, dafür ist selbst das scheinbar Unkontrollierte zu kontrolliert. Also eher Kopf als Seele, aber nicht nur… Das kann aber auch daran liegen, dass ich schnell Spuren von modalem Jazz ausmache, also jener Richtung, die ohnehin zur Zeit ihres Entstehens manchmal etwas 'abwesend', anteilnahmslos und cool klang.
Die soeben genannte Ära scheint auch Haupteinfluss zu sein, aber auch viel Harmonie wird geboten. Komponierte und sich entwickelnde, teils schön klingende Melodien bieten ein zeitgenössisches Bild modernen Jazz`. Obwohl die Band unter dem Namen des Schlagzeugers agiert, ist dieser nicht vordergründig aktiv. Allerdings ist er es, der hauptsächlich für die Lebendigkeit sorgt. Er ist es, der Strukturen aufbricht und nach einer gewissen Zeit Entwicklung in die Musik einbringt und dann zieht auch der eine oder andere Beteiligte mit. Doch ein wenig packender wünschte ich mir einige Soli dann schon, etwas mehr Raum für Entwicklung von Ideen und Zurschaustellen des Könnens. Dass die Musiker auf hohem Niveau spielen, ist eindeutig zu hören, jedoch wünschte ich mir persönlich ein wenig Ausbruch innerhalb eines Solos. Das ist jedoch Geschmackssache und tut der Qualität keinen Abbruch.
Angenehm empfinde ich es, wenn ein Titel beginnt, ganz einfach frei zu fließen, aber nach einer kurzen Vorfreude stellt sich Track zwei leider lediglich als "Interlude" heraus. Schade, hier hätte ich etwas spontane Fortführung in diesem Stil gewünscht. "Conspiracy" ist dann wieder anders, hier entwickelt sich mit gestrichenem Bass und einer kurzen Einleitung ein relativ hart swingendes Stück, bei dem ich mich in Zeiten des Hard Bop versetzt fühle. Das ist nun mein persönlicher Höhepunkt der Platte bis zu diesem Zeitpunkt. Hier erlebe ich Jazz, wie er packend ist, wie er fliegt, wie er vom swingenden Schlagzeug getrieben wird. Hier wird auf dem Boden von Tradition viel Raum für Improvisation geboten. So entwickeln sich eher Spielfreude und Spontaneität, herrlich, wie dazu die Basslinien förmlich marschieren. Hier hat die Platte einen ihre lebendigen Höhepunkte. Sehr stark erinnert mich die Atmosphäre an die Musik der Jazz Messengers von Art Blakey. Ruppnig flicht auch elegant einige Solopassagen ein und rundet die Atmosphäre damit perfekt ab. Sehr schön gemacht ist dann die romantisch wirkende Ausleitung zum Schluss, allein das Piano...
Nach einem weiteren Zwischenspiel, das erneut etwas frei gestaltet ist, erfahre ich nun eine Hinwendung zum Bereich der Fusion, zumindest werden einige Elemente mit einbezogen und lassen "Friendly Fire" recht 'modern' erscheinen. Mit "Nostalgia" dann endlich die erwartete Ballade mit einem Feature für den Bassisten und nach dem dann doch ein wenig 'offener' gestalteten Titel "Ghostrider", der mich ein wenig an einige Stücke von Wayne Shorter zu seiner Zeit bei Blue Note erinnert, gibt es den Abschlusstusch mit "Heroes?!", das sehr gefällig 'Auf Wiedersehen' sagt. Es wirkt eher lyrisch und romantisch im Verhältnis zur übrigen Musik und ist dadurch wohl eingängiger für jazzfremde Ohren, auch weil der Rhythmus gar rockende Elemente trägt.
Mein Fazit lautet, dass auf hohem Niveau anspruchsvoller moderner und zeitgenössischer Jazz geboten wird, mit Musikern, die ihr Handwerk verstehen. Persönlich wünschte ich mir den einen oder anderen stärker ausgeprägten Einsatz bei den Soli, ansatzweise bereits vorhanden und somit entwicklungsfähig. Dieses würde für mich noch mehr Seele und emotionalen Ausdruck bedeuten, weg vom vorhandenen kammermusikalischen Ansatz.
Line-up:
Jure Pukl (tenor & soprano saxophone)
Jan Balaz (alto saxophone & bass clarinet)
Marko Črnčec (piano)
Robert Jukič (acoustic bass)
Mathias Ruppnig (drums & compositions)
Tracklist |
01:Black (9:36)
02:Interlude: The Thread (1:29)
03:The Stories Of A Frame (9:09)
04:Conspiracy (7:55)
05:Interlude: The Dancer (0:49)
06:Friendly Fire (8:31)
07:Interlude: The Pirouette (0:57)
08:Nostalgia (5:54)
09:Interlude: The Merry-Go-Round (0:58)
10:Iron Curtain (5:19)
11:Interlude: The Spinning Top (1:14)
12:Ghostrider (5:41)
13:Heroes?! (7:00)
(all compositions by Ruppnig)
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