Da musste ich aber schon recht tief in meiner eigenen Konzerthistorie graben, um mein letztes Zusammentreffen mit den drei Herren von
Raven zu Tage zu förden. Genaues kam dabei nicht zum Vorschein, aber es war irgendwo im Ruhrgebiet und ist schon verdammt lang her. Jetzt sollten sie aber in unmittelbarer Nachbarschaft ein Gastspiel geben und für mich stand es außer Frage, dass ein Besuch zum Pflichtprogramm gehören würde. Seit einiger Zeit kristallisiert sich gerade im Osten Belgiens mal wieder eine sehr aktive Szene heraus, die es immer wieder schafft, tolle Acts zu kleinen Preisen zu holen. Man muss einfach nur mal hinter dem Ofen vor kriechen und sich auf die Socken machen und schon kann man echte Leckerbissen sehen.
Für die Show mit
Raven hatte man im Rockcafé Sodom in Tongeren zusätzlich noch die beiden Supportbands
Solenoid und
Predatory Violence gebucht, so dass ein runder Abend draus werden sollte. Das Sodom ist genau der richtige Platz für solche Veranstaltungen, denn hier bietet sich die Möglichkeit von Musik zum Anfassen: Lediglich ein großes Rolltor trennt den Bürgersteig vom Vorraum, der als Raucherzimmer dient. Dahinter gibt es eine große Bar und ansonsten einen mehr oder weniger nackten Raum mit niedriger Bühne und ein paar zur Seite geschobenen Kickern und Sofas. Keine Absperrungen, lockere Leute und auch ein ebenso lockerer Umgang mit üblichen Regularien komplettieren das Bild. Underground for metal!
Die beiden ersten Bands des Abends spielten den langsam aber sicher voll werdenden Saal so richtig warm, wurden ihrer Aufgabe mehr als gerecht. Als erste Band hatte man die Belgier von
Solenoid auf die Bühne geholt, die sich mit fünf Mann der recht simplen (und für die Fotografen wenig vorteilhaften) Beleuchtung aussetzten. Das tat der musikalischen Darbietung natürlich keinen Abbruch und so konnte man im wärmer werdenden Sodom dieser Mischung aus Heavy Metal, Hard Rock und auch etwas Stoner Rock lauschen, bzw. kräftig dazu abrocken.
Solenoid bezeichnen ihre Musik als New Wave of Belgian Heavy Metal, haben sich schon mit Größen wie
Anvil auf der Bühne sehen lassen und waren auch bereits in den USA auf Tour.
Danach wurde der Ring erst einmal für einen markanten Mikroständer frei gemacht: Verschweißte Kettenglieder, ein großes PV und der gehörnte Schädel eines menschlichen Wolpertingers zieren das Markenzeichen der Bayern. Die Thrasher aus der schönen Region um den Chiemsee gibt es seit rund acht Jahren und sie haben in dieser Zeit neben einigen ansehnlichen Touren zudem ein paar Alben auf den Markt gebracht, inklusive des 2012er "Marked For Death", aus dem sie hier in Tongeren auch eine gute Auswahl zum Besten gaben. Das Spektrum erstreckte sich von im Tempo gemäßigteren Stücken bis hin zu schnellen Darbietungen des Programms der vier Jungs. Besonders Frontmann
A. Machine verstand es, sich und die Musik der Band publikumswirksam in Szene zu setzen. Da trug die Kombi aus schummriger Beleuchtung und dem spärlichen, aber sehr effektvollen 'Bühnenbild' in Form des Mikroständers ihren Teil zu bei. Auf jeden Fall kamen die Jungs außerordentlich gut beim Publikum an und ich bin sicher, dass sie einige neue Fans in Belgien gefunden haben.
Tja, und dann war es Zeit für die eigentliche Attraktion des Abends und das interessierte und sach-/fachkundige Publikum drängte sich weiter vor in Richtung Bühne. In der Menge waren nicht wenige Hard Rock- und Metal-Musiker aus dem ganzen Land vertreten, die sich diese Show der Ikonen aus den Anfangszeiten der NWoBHM nicht entgehen lassen wollten. Die Gespräche drehten sich um die mögliche Setlist und die Vermutung, dass Drummer
Joe Hasselvander ein wenig krank sei.
Raven waren gerade erst aus den USA eingeflogen und hatten sicherlich ein paar wenig entspannte Stunden hinter sich. Als dann aber endlich die Lichter ausgingen, das Intro erklang und die drei Jungs unter Beifall die Bühne enterten, war von kränkelnden Trommlern oder anderen Widrigkeiten auch nicht die Spur zu sehen. Das war geballte Energie, die uns von der Bühne entgegenprallte. Lassen wir mal die zwanzig Jahre außer Acht, in denen ich die Band nicht mehr live gesehen habe und die weder an dem Trio dort oben noch an mir hier unten spurlos vorübergegangen sind, so blieben eine schiere Spielfreude und offensichtliche Power, dass es eine wahre Freude ist. Die Brüder
John und
Mark Gallagher an Bass und Gitarre sorgten wie eh und je für den Löwenanteil der Show, während Mr.
Hasselvander für die kleinen Details in Sachen Mimik und Gestik zuständig war. Während
John zudem den Sangespart innehatte, machte Bruder
Mark den Saal mit seiner Axt zu Kleinholz. Wie vor vielen Jahren, oder schon immer, sorgten die über den Arm verteilten Schweißbänder für Zierrat des Gitarristen und untermalten zusammen mit den Spandexhosen den Schritt zurück in längst vergangene Zeiten. Binnen Minuten war der Schweiß sein erbittertster Gegner, so sehr legte er sich ins Zeug. Vom Publikum mit viel Applaus bedacht, gab es zwischendurch immer wieder ein paar sympathische Ansagen und die Setlist ließ wenig Luft nach oben.
Egal, ob sie nach dem Opener "Take Control" mit "All For One", "Rock Until You Drop" vom
Debütalbum gleichen Namens oder sonstigen alten Krachern aufwarteten, die Metalheads nahmen es begeistert auf. Natürlich gab es ein ausgedehntes und dennoch nicht langweiliges Solo des Gitarristen
Mark Gallagher, der sich zur allgemeinen Freude mächtig ins Zeug legte. Mit "Gimme A Break" und "For The Future", ebenfalls vom 1981er Debüt (damals noch mit
'Wacko' an den Drums), ging es später dann langsam auf das Ende des ersten Teils zu, das durch "On And On" eingeläutet wurde. Die Pause jedoch währte nicht lange und
John Gallagher bestieg die niedrige Bühne, um seinen Bass für ein Solo so richtig in Fahrt zu bringen – cool gemacht! Zum endgültigen Showdown medleyte sich die Band dann durch eigene und fremde Songs, auch
War Pigs und
Born To Be Wild fehlten nicht in dieser feinen Ansammlung. Ansätze des Drummers alter Gewohnheit, sein Kit durch die Gegend zu werfen, konnten beim 'final curtain' noch einmal gesehen werden, als er ohne Rücksicht auf Verluste nach vorn stürmte und dabei alles zur Seite trat, was ihm im Weg stand. Vollkommen erledigt ging es danach hinter die Bühne, wo es noch ausreichend Gelegenheit für ein kurzes Schwätzchen oder ein Foto mit der Band gab. The pack is back!