Aus der mexikanischen Thermalquellenstadt Aguascalientes (‚Warme Wasser') kommt die Alternative Rock-Band Reacta, deren Debütalbum "Refraction" seit Mitte Februar in den Plattenläden dieser Welt käuflich erworben werden kann. Bereits während des ersten Durchlaufs kann ich sagen: Dieses mittelamerikanische Sextett scheint schon jetzt mit allen Wassern gewaschen zu sein.
In den vergangenen zwei Jahren haben sich die Jungs von Reacta einen hohen Bekanntheitsgrad in ihrem Heimatort erspielt und für die dortige Fanbase ist auch dieses Album entstanden. Doch wer glaubt, dass diese Platte nach mexikanischer Musik klingt, der wird enttäuscht sein. Was man dem Werk allerdings von vorne bis hinten anhört, ist die typisch lateinamerikanische Unbekümmertheit, die auch ein Mainstreampublikum vereinnahmen kann. Einst als Instrumentalband begonnen, hob Reacta jedoch erst ab, als der US-amerikanische Sänger William Merritt Hendricks (vielerorts kurz Merritt Williams genannt) hinzustieß und die berauschenden Klangsphären seiner Kollegen vervollkommnete.
"Refraction" entstand nach Aussage der Truppe in der »Freude, die man in den einfachen Dingen findet«. Und wahrlich wohnt diesem Album eine immense Kraft inne, die aus dem Entdecken und dem Reichtum scheinbar einfacher Gefühle erwachsen kann. Mit überaus mitreißenden Soundwänden, die sich mit den Stilen von Incubus, The Killers, Panic! At The Disco oder Explosions In The Sky vergleichen lassen, huldigen die sechs Mucker das Leben und die damit verbundenen, vermeintlich einfachen Dinge und Gefühle wie beispielsweise Nächstenliebe, Zugehörigkeit, Freundschaft, Abschiedsschmerz.
Was beim Opener "Lost" noch mit leicht verqueren Gitarrenklängen und hilfesuchenden Fragen ("If I was lost, would you find me?") beginnt, entfaltet sich schon kurz darauf zu mächtigen Klangstürmen, denen man sich auch in Stücken wie "Storyline" oder "City Of Lights" kaum entziehen kann. Dazukommt, dass durch jeden der zehn Songs die Aura großer 80er-Musikmomente schimmert: So erinnert mich das Intro von "Back Home" an die frühen Depeche Mode oder die Bridge in "Stay Here" an Human League. Das Album ist durchzogen von glitzernd-geloopten Gitarrenspuren, die auf dichtgewebten Synthieteppichen schweben und mit diesen gemeinsam seidenweiche Melodiewelten erschaffen.
"Complication", mit über 12 Minuten das längste Stück des Albums (dank langgezogener Soundspielereien), beginnt mit Synthieläufen, die man von The Killers kennt, und steigert sich im Refrain zu einem dramatischen Gitarrenkracher, der durch die Dringlichkeit in Williams' Stimme noch zusätzlich an Dichte gewinnt.
Absoluter Anspieltipp ist der Hitgarant "Sound Of Drums": So viel Gefühl, so viel Nähe und so viel Eingängigkeit sucht man bei vielen heutigen Alternative Bands vergeblich. Auch hier verleiht das weite und standfeste Timbrespektrum von Sänger Williams der Musik dynamisch-fesselnde Impulse.
"Refraction" beinhaltet nichts bahnbrechend Neues, und doch verspricht es dank seiner Klangästhetik und seines Charismas eine spannende und besondere Klangerfahrung. "Refraction" ist eine tonale Amalgamierung großer Gefühle wie Lebensfreude, Liebe und Herzschmerz, ja einfach von allem, was jeden einzelnen von uns im Leben bewegt. Die selbstbewusst vorgetragene Alternative Rock/Indie Pop-Musik von Reacta erinnert uns daran, dass wahre und reine Glückseligkeit nicht aus Geld, Status und Macht, sondern aus Liebe, Freiheit und Verbundenheit erwächst. Ein beeindruckendes Album - Chapeau!
Line-up:
Merrit Williams (vocals)
Chava (synths)
Carlos (guitar)
Fernando (guitar)
Gabriel (bass)
Rodrigo (drums)
Tracklist |
01:Lost
02:Back Home
03:Puzzles
04:Stay Here
05:Complication
06:Skyscraper
07:City Of Lights
08:Sound Of Drums
09:Last Train
10:Storyline
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