Haben uns
Tangerine Dream,
Kraftwerk und Co nicht schon genug elektronische Musik geliefert? Wird nicht alles was elektronisch ist, irgendwann derbe und eintönig? Zumindest nicht im Falle von "Heart" des Projektes
The Redundant Rocker.
Laut Promotion-Agentur führt die Musik
»den Hörer mit ausdrucksstarker Geste mühelos von Gestaden der klassischen und modernen Electronica über den bildreichen und ausladenden Erzählstil von klassischen Rock-Konzeptalben hin zu einer überraschen zeitgemäßen und ergreifenden Musik«. Wow, was für Worte.
Ob's stimmt? Ich weiß es nicht. Die Promoter schreiben auch, dass sich das
»Release auf Augenhöhe mit druckvollen Produktionen von Trevor Horn oder Fatboy Slim befindet«. Und
»Roger Waters soll hier auf Propagandas "Dr.Mabuse" treffen?« Letzteres kenne ich nicht, aber mit
Roger Waters hat das hier auch sehr wenig bis gar nix zu tun. Nach
Trevor Horn oder
Fatboy Slim klingt mir das auch nicht.
Dennoch ist "Heart" ein sehr anständiges und atmosphärisches Stück Eletronic Rock geworden. Produziert wurde die Platte mit Markus Reuter, der sich bereits als Produzent einen Namen gemacht hat. Er betreute unter anderem die Projekte Tovah und Tuner. Das Album wurde im Münchener Studio The Private Room von Clemens Schleiwies auf rein analogem Equipment gemischt. Das Mastering übernahm Kai Blankenberg im Studio Skyline Tonfabrik.
Die Tracks bilden alle eine Einheit und sind doch für sich eigenständig. Ein Satz, den man bei vielen Veröffentlichungen zigmal gehört hat, aber beweist sich hier wieder einmal als die Wahrheit. Überall rauschen, blubbern, rasen, laufen und fahren die Synthesizer. Elektronische oder akustische Drums, sowie hin und wieder Gitarre und Bass füllen den restlichen Klangraum. Echte Keyboardsoli wird man hier weniger finden, stattdessen eher unterschiedliche, sich wiederholende Sequencer-Muster. Die Musik bewegt sich dabei zwischen sphärischen und hypnotischen Klanglandschaften.
Was mir gefällt ist, dass Gesang vollständig fehlt. Das Label nennt sich auch witzigerweise unsung records. Alle Tracks scheinen immer voranzuschreiten und nie stillzustehen. Der Fantasie wird hier ganz viel Freiraum gelassen. Das Ganze würde sich also auch prima gut als Film- oder PC-Spiel-Musik eignen. Viele unterschiedliche Szenarien könnten damit mit Musik untermalt werden.
Anmerkung: Der letzte Track erinnert mit seinen Keyboard-Streichern übrigens an das "Summerland"-Album von
Poor Genetic Material. Schade, dass letztgenannte Truppe nie den Berühmtheitsstatus von
Porcupine Tree und Co erreicht hat. Und auch
Bernhard Wöstheinrich wird es schwierig haben, richtig bekannt zu werden.
Der Musiker hat übrigens mit einer Tischlerlehre angefangen und sich dann per Fachoberschule zum Studenten der visuellen Kommunikation hochgemausert. Das zeigt doch mal, zu was für einem Wandel der Mensch fähig ist. Visualisierung von Klang und Musik war
Wöstheinrichs Diplomarbeits-Thema. Parallel zum Studium beschäftigte er sich mit Malereien und elektronischer Musik. Er nahm an einem Dokumentationsfilm über die Band
Centrozoon teil, der mit dem deutschen Kamerapreis 2001 ausgezeichnet wurde. Auf diversen multimedialen Auftritten war er ebenfalls vertreten. Unter anderem bei Virtual Arts Day in Helsinki und Ars Electronica in Linz. Auf dem CD-Release "My Hotel Year" tritt er zusammen mit
No-Man-Sänger
Tim Bowness als Komponist auf. Dies klingt doch alles so, als wäre "Heart" keine Ausnahmeerscheinung in seiner Schaffensperiode. Mal schauen, was von diesem guten Musiker noch folgt...
8 von 10 RockTimes-Uhren