Return / Return
return
Donnerlotten, nun kriechen sie aber auch wirklich alle aus ihren Löchern hervor. Hatten die Herren Cobain, Vedder und Co. anno 1990 plus x allen Rockern jenseits des Grunge-Gerumpels, bewusst oder unbewusst, das kommerzielle und somit auch karrieremäßige Aus beschert, unabhängig davon, ob sie aus Deutschland, UK, Norwegen, Schweden oder sonst woher kamen, so scheint es tatsächlich im heutigen Zeitalter der völligen musikalischen Desorientierung eine Art Renaissance der geradlinigen härteren und gemäßigteren Handmade-Rockklänge zu geben.
Zu letzteren neigt seit Anfang der 80er Jahre auch eine Formation namens Return, ihres Zeichens 4 Jungs aus dem norwegischen Stange, die 1985 mit Erfolg ihre erste Single "Sheila" herausbrachten und damit immerhin in ihrem Heimatland die Auszeichnung 'Norwegian Champion Of Rock' einheimsen konnten. 2 Jahre später folgte mit "To The Top" ihre erste Langrille, von der sie im Land der Fjorde und Elche ansehnliche 25.000 Einheiten absetzen konnten. Sie veröffentlichten bis 1992 ("V") weitere Alben und avancierten zu einer der erfolgreichsten AOR - Rock-Bands innerhalb Norwegens. Dann kam ihnen der finale Schuss Cobains dazwischen, inklusive des normalen kreativen Burnouts und man beschloss (oder wurde wohl eher beschlossen) eine Pause.
Tja, manche Frühstückspause, morgens um Halbzehn in Deutschland, hat schon ob der leckeren Keksschnitte etwas länger gedauert, und auch die Norweger wollten sich da nicht lumpen lassen.
Die ersten Gehversuche, sinnigerweise ja mit Return tituliert, erfolgten im ersten Jahr dieses neuen Jahrtausends, eine Best-Of - Compi und ein Live-Album schlossen sich an und jetzt, insgesamt 5 Jahre später, wollen es die 4 Norweger, ergänzt um einen Keyboarder noch mal richtig wissen und werden mit ihrem neuesten Studio-Longplayer auch wieder außerhalb Norwegens vertrieben.
Was erwartet uns da und haben wir wirklich auf diesen 'Return' gewartet?
Das Ergebnis fällt hochgradig zwiespältig aus.
Zugespitzt könnte gesagt werden, dass wir es hier mit 5 Songs zu tun haben, die die Welt nicht braucht und weitere 5, die wirklich Appetit auf mehr machen. Somit steht sich die Band, das als kleines Fazit vorweg, schlicht und ergreifend selbst im Weg.
Da ist zunächst die Covergestaltung mit einem Graffiti-verzierten Mauerwerk, welches zumindest mir eine Punkrock-Kapelle suggeriert.
Absolute Irreführung des tendenziellen Kunden, denn außer beim Track "TV-Song" hat das ganze Werk herzlich wenig mit Punk-Rock zu tun. Dieser allerdings passt hervorragend in die heutige Landschaft und hätte somit Chancen, einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht zu werden.
Ansonsten möchte ich über die ersten sechs Songs, von dieser einen Ausnahme abgesehen, lieber den Mantel des Schweigens legen.
Unsägliche 80er Keyboards, die genauso unsägliche, fast schlagerhafte Zuckersüßmelodien zukleistern, teilweise mit synthetischen Streichern angereichert, im ersten Moment wohlklingender Sing-A-Long, der auf die Dauer ziemlich nervt und in mir fast den Wunsch hochkommen lässt, Bon Jovi hören zu dürfen, die letztlich zwar überwiegend in die gleiche Kerbe hauen, aber im Vergleich zu Knut Erik Ostgard über den charismatischeren Sänger verfügen.
Und auch good old Richie vermag da mehr gitarristische Akzente zu setzen, als dies von Gitarrero Steinar Hagen bisher vernehmbar ist.
Insgesamt gesehen sind die Stücke, vermutlich im Bemühen, eine Brücke von der Vergangenheit in die Gegenwart zu schlagen, hoffnungslos überproduziert. Abgesehen halt vom schon genannten "TV-Song", der eine munter drauf los stürmende Punkattitüde sein Eigen nennt und somit um Welten frischer rüberkommt.
Jetzt haben wir da aber noch 4 Rest-Stücke, und diese scheinen mindestens von jemand ganz anderem produziert worden zu sein!
Auch musikalisch zeigt sich die Band wie ausgewechselt, plötzlich gibt es bei "Fallen Angel" schöne Hooklines, es groovt, das Ganze hat Schmiss und Verve, eine Slide röhrt und überhaupt ertönt alles um Welten knackiger und erdiger. Ganz so, als hätte mir jemand ne ganz andere CD untergejubelt. Aber ich schwöre, ich habe heute noch niemanden hereingelassen!
Es folgt mit "Holy Water" das erste Stück, welches die Bezeichnung Ballade wirklich verdient hat, wunderbar stripped-to-the-bone gespielt, vollkommen entschlackt, mit Akustikgitarren und sehr gut passenden female Co-Vocals.
Und zum Finale wird's noch besser. "Heroes And Knights" gehört auf jeden Sampler für lange Autofahrten, ein absoluter AOR-, äh, sorry, das heißt ja heute Melodic-Rock, Knüller mit herrlich altmodischem Hammondorgeleinstieg, hymnenhaften Refrain, richtig losgehenden Gitarren und staubtrockener Produktion. Da denk' ich mir doch, dass ich im falschen Film bin, wieso ging das denn nicht gleich so? Auch der Rausschmeißer "Walk It Like You Talk It" punktet mit der B3-Orgel, es rockt und groovt nur so aus den Boxen, der Refraingesang lädt zum heimischen Mitgrölen ein (puh, hoffentlich hören das nicht die Nachbarn!) und wiederum glänzt die Nummer durch eine trocken, erdige Produktion. Hier befinden wir uns plötzlich in der Thunder-Liga!
Ja, schade, und schwups ist das Album vorbei, gerade jetzt, wo es richtig begann, Spaß zu machen.
Daher bleibt nur ein Fazit:
Liebe Leute, solltet ihr jemals dieses Teil Probehören, verzichtet auf die erste Hälfte des Albums und steigt mithin bei Track 7 ein!
Dann allerdings hätte die Band auch genauso gut und somit preisgünstiger eine Maxi-CD veröffentlichen können.
Tja, wie schon erwähnt, Return stehen sich bei ihrem "Return" leider selbst im Wege!
Daher gibt's nur 5 Zeitmesser unserer berüchtigten Wertungsskala, nehme ich mal nur die beschriebenen Tracks, dann wären es immerhin 7 ½ (oh je, schon wieder ne halbe Uhr, aber wir sind halt ein innovatives Magazin!).


Spielzeit: 43:23, Medium: CD, MTM, 2005
1:Every Little Step (3:57) 2:Save The Heart (4:45) 3:All The Way (4:49) 4:TV-Song (3:36) 5:All That I See (4:42) 6:Mr. President (5:15) 7:Fallen Angel (3:45) 8:Holy Water (4:06) 9:Heroes And Knights (4:15) 10:Walk It Like You Talk It (4:06)
Olaf "Olli" Oetken, 06.06.2005