Die Black Crowes liegen derzeit ein zweites Mal auf Eis und noch bevor der erste Schock unter den Fans sacken konnte, kündigte Rich Robinson bereits ein weiteres Soloalbum an. Das erste hatte er mit "Paper" (2004) nach der ersten Trennung der Krähen vorgestellt. Im internen 'Duell' mit seinem Bruder Chris, der mit seiner Chris Robinson Brotherhood derzeit noch in den Aufnahmen steckt, hat Rich diesmal die Nase vorn.
Vielleicht war ihm ja gerade das wichtig, denn das Verhältnis der beiden ist - wie bei so vielen Brüderpaaren - nicht frei von Konflikten. Eine Rolle spielt dabei ganz sicher, dass Chris als Kopf der Crowes wahrgenommen wird und Rich stets etwas in seinem Schatten stand. Und natürlich ist da der ewig junge Machtkampf zwischen dem Älteren und dem Jüngeren. So sind Soloalben der beiden Crowes-Häuptlinge immer auch wichtige Standortbestimmungen.
Hier liegt allerdings Chris Robinson - und Richs-Fans mögen es mir nachsehen - die berühmte Nasenspitze voraus, denn an dessen Solowerke "New Earth Mud" und vor allem das wahrhaft 'prachtvolle' "This Magnificent Distance" reichen weder "Paper" noch das hier zu besprechende "Through A Crooked Sun" heran. Aber gleichwohl handelt es sich (um Missverständnissen den Wind aus den Segeln zu nehmen) um ein sehr gutes Werk, was hauptsächlich in dem autobiographischen Ansatz begründet ist.
Rich Robinsons Werdegang gleicht einer großen Wellenbewegung. Der überwältigende, weltweite Erfolg der ersten beiden Crowes-Scheiben spülte ihn auf einen gigantischen Wellenberg, von dem es - was den privaten Bereich betraf - steil bergab ging. Unglückliche Lebensumstände nahmen ihm vieles, was wirklich wichtig im Leben ist. Diese Tiefen werden ihn entscheidend mitgeprägt haben und somit kann "Through A Crooked Sun" als Rückblick und aktueller Orientierungsversuch gleichermaßen gelten. Songtitel wie "Lost And Found", "Hey Fear", "Bye Bye Baby", "Falling Again" oder "Fire Around" belegen diese Annahme. Rich Robinson reflektiert seine Rollen als Sohn, Vater oder Ehemann und man kann durchaus den Eindruck gewinnen, dass hier jemand seine Mitte, sein perfektes Konglomerat aus Körper, Geist und Seele gefunden hat.
Die europäische Ausführung von "Through A Crooked Sun" ist mit vier Bonustracks aufgewertet worden, sodass der Tonträger mit fast achtzig Minuten randvoll gepackt ist.
Zunächst fällt die Homogenität der Songs auf, die sich aufeinander zu beziehen scheinen und trotzdem ganz unterschiedliche Stimmungen transportieren - allen ist jedoch eine hohe atmosphärische Dichte, voller emotionaler Tiefe, gemein. Sie kommen zumeist sehr entspannt, 'laid back', rüber. Wo immer es angebracht scheint, lässt man ein Thema auch mal 'jammig' fließen. Musikalisch bewegt sich Rich Robinson zwischen psychedelischen Einflüssen der Spätsechziger, in denen man gelegentlich die Beatles in ihrer 'progressiven' Phase zu erahnen vermag (am deutlichsten in "Standing..."), den bewährten Crowe'schen Klängen, rumpeligen Southern- und lässigem Country Rock. Mit den vier Bonustracks greift er zudem ganz tief in angestaubte Blues-Kisten.
Als Schwachpunkt muss man allerdings ganz klar die stimmliche Präsenz Robinsons konstatieren. Die Songs sind zwar allesamt zutiefst emotional, aber letztlich sehr dünn, mit recht begrenztem Stimmvolumen wie Modulationsfähigkeiten vorgetragen. Aber, wenn ich ehrlich bin, stört mich das im vorliegenden Fall weniger, weil man diesbezüglich keine Wundertaten von dem Crowes-Gitarristen erwarten durfte.
Meine Anspieltipps für dieses trotzdem durchweg gefällige Album seien hier exemplarisch genannt. Zuvorderst muss natürlich das sehr entspannt groovende "It's Not Easy", in dem vor allem das 'glockige' Fender Rhodes heraussticht, erwähnt werden. Die Krähen lassen in dem mit angezogener Handbremse anrockenden "Lost And Found" deutlich vernehmbar grüßen... und die Beatles im Refrain! Sehr positive Gefühle verströmt das zunächst sehr 'poppige' "I Don't Hear The Sound Of You", das im ausgedehnten Mittelteil durch Karl Bergers Vibraphon fast jazzige Züge annimmt. In "All Along The Way" ist es Larry Campbells depressive Pedal Steel, die in tiefste emotionale Abgründe führt. Das stille, sanft fließende "Follow You Forever" ist sicherlich das Stück, das mich am meisten berührt. Auch der sehr entspannte Country-Rocker "Falling Again" packt mich an den empfindlichsten Stellen.
Dagegen wird bei allen vier Bonustracks die ganz raue 'Blues-Kelle' geschwungen. Hier glänzt ein gewisser Warren Haynes, ein ums andere Mal. Es darf als Ritterschlag für einen Musiker gelten, wenn man so einen Slide-Gott zu gemeinsamen Studioaufnahmen bewegen kann! Kein einziger dieser Songs darf als Füllstoff angesehen werden - jeder einzelne hätte berechtigterweise auf der US-Edition erscheinen dürfen. Es stellt sich allerdings die höchstens durch ein Interview zu klärende Frage, warum sich Rich Robinson diesen kompakten Blues-Block für die Europa-Version aufgespart hat.
"Through A Crooked Sun" ist ganz sicher kein leicht verdaulicher Stoff. Bruderherz Chris hat mit seinen bisherigen Soloalben für eingängigere musikalische Kost gesorgt. Man sollte - und muss vielleicht auch - der Scheibe ein paar Anläufe geben, um sich voll darauf einlassen zu können. Allen, die mit amerikanischem Jam Rock etwas anfangen können, sollte dies nicht schwer fallen. Für Fans der Black Crowes dürfte "Through A Crooked Sun" ohnehin ein Pflichtkauf sein...
Line-up:
Rich Robinson (vocals, organ, bass, guitar)
Karl Berger (piano, vibraphone)
John Lindberg (upright bass)
Warren Haynes (acoustic guitar, slide guitar)
Larry Campbell (pedal steel)
Adam Widoff (keyboards)
Joe Magistro (percussion, drums)
Dana Thompson (background vocals)
Steve Molitz (keyboards)
John Madeski (keyboards)
Tracklist |
01:Gone Away (4:46)
02:It's Not Easy (4:25)
03:Lost And Found (4:27)
04:I Don't Hear The Sound Of You (6:10)
05:Hey Fear (3:45)
06:All Along The Way (4:36)
07:Follow You Forever (6:48)
08:Standing On The Surface Of The Sun (6:22)
09:Bye Bye Baby (5:38)
10:Falling Again (4:23)
11:Station Man (4:23)
12:Fire Around (6:00)
Bonustracks:
13:By The Light Of The Sunset Moon (4:00)
14:Look Through My Window (3:54)
15:The Broken Stick Crown (4:06)
16:Run Run (4:52)
|
|
Externe Links:
|